Javier Milei: „Der Westen ist in Gefahr – durch sozialistische Unterwanderung von innen“

In seiner Rede vor dem WEF verband Argentiniens libertärer Präsident Javier Milei eine ökonomische Lehrstunde mit der Warnung vor Kollektivismus in jedweder Form. Der Politiker war mit einem regulären Linienflug angereist, dessen Ticket er privat bezahlte.
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Argentiniens Präsident Javier Milei hielt eine libertäre Programmrede vor dem WEF.Foto: FABRICE COFFRINI/AFP via Getty Images
Von 18. Januar 2024

Am Tag seiner Anreise zum Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos hat Argentiniens seit Dezember 2023 amtierender Präsident Javier Milei Reportern den Zweck seines dortigen Besuchs erläutert. Auf deren darauf gerichtete Frage äußerte Milei, er wolle „die Ideen der Freiheit in ein von der sozialistischen Agenda 2030 kontaminiertes Forum pflanzen“. Am Mittwoch, 17. Januar, begrüßte ihn WEF-Gründer Klaus Schwab als Redner – und Milei übte sich in seiner Ansprache nicht in diplomatischer Zurückhaltung.

„Staat ist nicht die Lösung, sondern das Problem“

Milei, der mit einem privat bezahlten Linienflug angereist war, warnte die versammelten Teilnehmer des Forums, dass sich die westliche Welt in enormer Gefahr befinde. Dies liege vor allem an Eigenverschulden.

Die führenden Entscheidungsträger im Westen hätten „das Modell der Freiheit zugunsten unterschiedlicher Fassung von dem aufgegeben, was man Kollektivismus nennt“. Dies sei in den vergangenen Jahrzehnten zu einem verbreiteten Phänomen geworden. Einige der Beteiligten mögen vom Willen motiviert gewesen sein, anderen zu helfen, andere wollten einer privilegierten Klasse angehören.

Er sei nun angereist, so der Präsident, um „deutlich zu machen, dass kollektivistische Experimente nie die Lösung für Probleme seien können, die die Bürger der Welt betreffen“. Sie seien „vielmehr deren Wurzel“. Eine darauf gründende Vision von der Welt „führt unweigerlich zum Sozialismus, und dadurch in die Armut“.

Kapitalismus hat Mythos einer „Überbevölkerung“ widerlegt

Milei nutzte in weiterer Folge die 20 ihm zur Verfügung stehenden Minuten, um die Vorzüge einer freien, auf Privateigentum und Unternehmergeist beruhenden Marktwirtschaft darzulegen. Dies stützte er auf ökonomische Theorien, aber auch auf empirische Beobachtungen.

„Die Welt erlebt gerade ihren besten Augenblick“, betonte der Präsident. Das liege vor allem an den freien Ländern, deren ärmste zehn Prozent der Bevölkerung immer noch reicher seien als 90 Prozent der Bewohner unfreier Länder. In freien Ländern hätten Bürger eine um 25 Prozent höhere Lebenserwartung.

Ab dem Jahr 1800 habe sich die Weltbevölkerung verachtfacht, gleichzeitig sei das globale BIP um das Fünfzehnfache gestiegen. Der Anteil der extrem Armen habe im gleichen Zeitraum von 95 auf fünf Prozent abgenommen.

„Argentinien erlebt Versagen staatlicher Intervention seit Jahren“

Milei kritisierte in weiterer Folge die neoklassische Wirtschaftstheorie und darauf aufbauende Denkschulen. Diese zeigten sich als unfähig, ihre Modelle anzupassen, sobald die Realität diesen zuwiderlaufe.

Der Ökonom betonte auch, dass es aus seiner Sicht kein Marktversagen gebe, sondern Sozialisten dies im Regelfall nur behaupteten, um staatliche Interventionen zu rechtfertigen. Staatliches Einlenken wäre es jedoch, das am Ende Innovation, Wertschöpfung und Gewinn hemmten – und dadurch das Gemeinwesen insgesamt ärmer machten.

Milei sprach sich sogar gegen eine Bekämpfung von Monopolstrukturen aus, weil diese ohnehin nur temporär seien – und ihre Regulierung mehr Schaden als Nutzen stifte. Nicht nur die Theorie zeige, dass staatliche Interventionen schadeten, sondern auch die Empirie. In Argentinien erlebe man dies seit fast 100 Jahren.

Deutliche Kritik an feministischer Agenda

Dies liege daran, dass staatliche Interventionspolitik nicht Mittel zum Zweck sei, sondern unweigerlich zum Selbstzweck werde:

„Was Kollektivisten anstreben, ist nicht größere Freiheit, sondern mehr Regulierung. Daraus entsteht eine Abwärtsspirale, an deren Ende alle ärmer sind und unser Leben von Bürokraten in einem luxuriösen Büro abhängt.“

Mittlerweile hätten Sozialisten dem Klassenkampf abgeschworen und ihn durch andere inszenierte soziale Konflikte ersetzt, die am Ende in gleicher Weise dem Gemeinwesen und dem Wohlstand schadeten.

Der erste davon sei dieser „lächerliche und unnatürliche Kampf zwischen Männern und Frauen“ gewesen, wie Milei den Feminismus umschrieb. Dieser habe nicht nur keinen Fortschritt gebracht, sondern bestenfalls Versorgungsposten für Bürokraten geschaffen, die nichts Produktives zur Gesellschaft beitrügen. Man finde diese etwa in Frauenministerien oder „internationalen Organisationen, die diese Agenda fördern“.

Milei erteilt malthusianischen Vorstellungen zum „Klimaschutz“ eine Absage

Ein anderer, von Sozialisten präsentierter Konflikt sei jener zwischen Menschen und der Natur. Dieser zeichne die Menschen als Schädlinge an einem Planeten, der um jeden Preis zu schützen sei. Das gehe „bis hin zur Forderung nach Bevölkerungskontrolle oder zur blutigen Abtreibungsagenda“.

Bereits vor seinem Auftritt in Davos hatte Milei mehrfach dargelegt, warum malthusianische Vorstellungen, wie sie auch elitären Denkzirkeln wie dem „Club of Rome“ zu eigen sind, nicht zur Erklärung realer Zusammenhänge taugten.

Offenkundiger Seitenhieb auf den Gastgeber

Diese „schädlichen Ideen“ hätten, so Milei weiter, einen starken Rückhalt in unseren Gesellschaften gefunden:

„Neomarxisten haben es geschafft, sich im Gemeinsinn der westlichen Welt zu verankern. Dies haben sie geschafft, indem sie sich Medien, Kultur, Universitäten und internationale Organisationen angeeignet haben.“

Der argentinische Präsident ließ es sich in seiner Rede auch nicht nehmen, einen Seitenhieb auf seinen Gastgeber, das WEF, zu landen:

„Das jüngste Beispiel ist möglicherweise gerade dieses hier, denn das sind Institutionen, die einen enormen Einfluss haben auf politische und wirtschaftliche Entscheidungen in Länder, die multilateralen Organisationen angehören.“

Führende Vertreter des WEF hatten in den vergangenen Jahren mehrfach Konzepte unter dem Banner der Nachhaltigkeit präsentiert, die Kritiker als elitär und auf staatlicher Ebene nicht mehrheitsfähig einstuften.

Unternehmer sollen sich „von politischer Klasse nicht einschüchtern lassen“

Erfreulicherweise gebe es „immer mehr von uns, die ihrer Stimme Gehör verschaffen“. Wenn dies nicht der Fall wäre, wären unweigerlich noch mehr Regulierung, mehr Sozialismus, mehr Armut und weniger Freiheit die Folge.

Milei nannte anwesende Unternehmer, die durch die Herstellung adäquater Produkte zu angemessenen Preisen zu wachsendem Wohlstand beitrügen, „Helden“. Gegen Ende seiner Rede wandte er sich an sie mit den Worten:

„Lasst euch weder von der politischen Klasse noch von Parasiten, die vom Staat leben, einschüchtern. Gebt nicht vor einer politischen Klasse nach, die nur an der Macht bleiben und ihre Privilegien behalten will.“

Seine Rede beendete Milei mit den Worten:

„Lang lebe die Freiheit, verdammt noch mal!“

Milei kann Wahlversprechen vorerst nicht einhalten

Neben seiner Rede war Milei allerdings auch in Davos, um dienstliche Gespräche zu führen. Am Mittwoch traf er mit IWF-Chefin Kristalina Georgieva zusammen, um über ein Hilfsprogramm über 44 Milliarden US-Dollar zu sprechen. Dieses sollte helfen, die tiefe Wirtschaftskrise in Argentinien zu bekämpfen, die Milei mit seinem Amtsantritt übernommen hat. Georgieva äußerte dazu gegenüber „US News“:

„Wir sprachen über die tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Argentiniens und die entscheidenden Schritte, die unternommen werden, um die Inflation zu senken, ein vom Privatsektor getragenes Wachstum zu fördern und die knappen öffentlichen Gelder zu nutzen, um den am meisten gefährdeten Menschen zu helfen.“

Milei, der vor dem Problem einer fehlenden eigenen Kongressmehrheit steht, sieht sich zu Beginn seiner Amtszeit gezwungen, Entscheidungen zu treffen, die seinen Überzeugungen zuwiderlaufen.

Dazu gehören Steuererhöhungen, um kurzfristig Einnahmen zu erzielen, mit denen Sozialprogramme für die Schwächsten finanziert werden können. Diese haben vor allem die Soja- und Maisbauern in Argentinien verärgert. Milei strebt an, diese auf maximal ein Jahr zu begrenzen.

Auch für die angestrebte Dollarisierung seien die Voraussetzungen noch nicht gegeben. Erst, so heißt es aus dem Präsidentenpalast, müsse man die Wirtschaft stabilisieren und eine harte Phase der Sparpolitik überstehen.

Milei war ebenfalls mit der Losung angetreten, das Gesundheitsministerium aufzulösen und die argentinische Zentralbank abzuschaffen. Beides ist bis dato nicht passiert. Im Dezember hatte er nur den Chef der Zentralbank ausgetauscht.

Der angekündigte Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen findet wohl ebenso nicht statt.



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