Pistorius im Niger: Erstes Ministergespräch nach Putsch

Verteidigungsminister Pistorius hat das militärische Engagement Deutschlands in Westafrika noch nicht abgeschrieben. Bevor es zu weiteren Entscheidungen kommt, sucht er das Gespräch mit den Putschisten. Der Staat liegt an einer wichtigen Migrationsroute nach Europa.
Legt neue Verteidigungspolitische Richtlinien vor: Boris Pistorius.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)Foto: Marcus Brandt/dpa
Epoch Times19. Dezember 2023

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist am Dienstag zu einem Besuch im westafrikanischen Niger eingetroffen. Wie das Bundesverteidigungsministerium im Onlinedienst X (vormals Twitter) mitteilte, wurde Pistorius am Morgen vom deutschen Botschafter Oliver Schnakenberg am Flughafen der Hauptstadt Niamey empfangen.

Dem Ministerium zufolge sind ein Besuch des dortigen Lufttransportstützpunkts der Bundeswehr sowie Gespräche im nigrischen Verteidigungsministerium geplant.

Der Bundeswehr-Stützpunkt in Niamey spielt eine wichtige Rolle für den Abzug deutscher Soldaten aus Mali, konnte aber laut Bundesverteidigungsministerium wegen Einschränkungen durch die nigrische Militärregierung nicht genutzt werden.

Die Bundeswehr war an der seit 2013 laufenden UN-Friedensmission Minusma beteiligt, die vergangene Woche offiziell beendet wurde und derzeit abgewickelt wird. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums von vergangener Woche waren zu diesem Zeitpunkt in Niamey noch 120 Menschen für die Bundeswehr im Einsatz.

Pistorius reiste von Litauen aus nach Niger. In dem Nato-Land hatte er am Montag den Fahrplan für den Aufbau einer Bundeswehr-Brigade unterzeichnet, die mit rund 5.000 Bundeswehr-Angehörigen ihre volle Einsatzfähigkeit bis Ende 2027 erreichen soll.

Nach dem Putsch im Juli

Ende Juli war im Niger der demokratisch gewählte Präsident Mohamed Bazoum gestürzt worden, das Militär übernahm die Macht. Die EU verurteilte die Entmachtung Bazoums und unterbrach daraufhin jegliche Sicherheitszusammenarbeit mit dem Land. Das Land galt zuvor als letzter demokratischer Partner Europas und der USA im Kampf gegen den Terrorismus in der Sahelzone.

Die neuen Machthaber in Niamey schränkten ihre Zusammenarbeit mit westlichen Staaten erheblich ein. Sie näherten sich, wie die zuvor ebenfalls durch Putsche an die Macht gelangten Militärregierungen in den Nachbarstaaten Mali und Burkina Faso, an Russland an.

Die Militärs hatten den von vielen Einwohnern der Hauptstadt öffentlich unterstützten Putsch mit der Sicherheitslage und schlechter Regierungsführung begründet.

Die zuvor guten Beziehungen mit Deutschland haben sich seitdem verschlechtert. So ist die Zukunft des Lufttransportstützpunkts unklar. Zudem steckt auf der nigrischen Seite der Grenze zu Mali ein Konvoi mit deutschen Militärgütern des beendeten UN-Einsatzes Minusma in der Zollabfertigung fest.

Machthaber in Niamey gingen zuletzt auf Konfrontation

Vor dem Putsch gab es Pläne der Bundeswehr, den Lufttransportstützpunkt über den Mali-Abzug hinaus zu erhalten und auszubauen. Er sollte für das humanitäre Engagement Deutschlands und weiterer europäischer Partner genutzt werden und in der an Konflikten reichen Region Drehkreuz für militärisches Engagement sein – bis hin zu einer Rolle als Sprungbrett für Spezialkräfte.

In der Bundesregierung gibt es Stimmen, die für ein Festhalten an dem Stützpunkt sind. Grundsätzlich denkbar scheint auch, auf Eis gelegte Projekte wie den Bau eines auch von Zivilisten genutzten Militärkrankenhauses wieder aufzunehmen.

Allerdings sind die Machthaber in Niamey zuletzt eher auf Konfrontation gegangen: So soll die Schleusung irregulärer Migranten im Niger – ein wichtiges Thema für die EU – künftig straffrei bleiben.

Der Anführer der Militärjunta, Abdourahamane Tiani, hatte ein entsprechendes Gesetz aufgehoben. Das Gesetz war Teil der Strategie Europas zur Eindämmung der Migration über das Mittelmeer.

Der Niger ist eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten, die in Richtung Europa reisen wollen. Die EU arbeitete mit dem Niger bereits seit 2015 zusammen, vor allem um die Migrationsroute von der nigrischen Wüstenstadt Agadez nach Libyen zu blockieren.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (M) kommt am Flugafen in Niamey an.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (M) kommt am Flughafen in Niamey an Foto: Carsten Hoffmann/dpa

Austritt aus der Regionalorganisation G5 Sahel

Anfang Dezember hatten Burkina Faso und Niger ihren Austritt aus der 2014 gegründeten Regionalorganisation G5 Sahel erklärt und sind damit dem Beispiel Malis gefolgt. Zeitgleich hatte der russische Vize-Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow die Staaten Mali, Burkina Faso und Niger besucht. Mit Modi hat Jewkurow ein Memorandum über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verteidigung unterzeichnet.

Mit zwei Verbalnoten schon vom 30. November hatte Niger Deutschland mitgeteilt, dass die nigrischen Behörden mit Hinweis auf die Sicherheitslage ihre Zustimmung zu Durchfahrten von Konvois oder der Lagerung militärischen Materials ausländischer Streitkräfte auf ihrem Staatsgebiet aussetzen, heißt es in einer Unterrichtung des deutschen Verteidigungsministeriums an den Bundestag.

Deutschland sei da auch in Kenntnis gesetzt worden, dass die Rückführung des deutschen Minusma-Kontingents aus Mali nach Deutschland nicht über Niger erfolgen dürfe. Die Soldaten hatten dann einen Zwischenstopp in der senegalesischen Hauptstadt Dakar eingelegt. (dpa/red)



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