Portugal rückt bei Parlamentswahl nach rechts

Portugal hat die regierenden Sozialisten abgewählt. Die oppositionelle Demokratische Allianz gewann die Parlamentswahl am Sonntag knapp. Die Chega! („Es reicht“) konnte ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln.
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Der Vorsitzende der Demokratischen Allianz (AD), Luis Montenegro, trifft am 10. März 2024 in der Parteizentrale in Lissabon ein.Foto: MIGUEL RIOPA/AFP über Getty Images
Epoch Times11. März 2024

Rechtsruck in Portugal: Die oppositionelle Demokratische Allianz (AD) ist aus der Parlamentswahl am Sonntag knapp als Wahlsieger hervorgegangen.

Das Mitte-Rechts-Bündnis holte den offiziellen Ergebnissen zufolge 29,49 Prozent der Stimmen und stellt künftig 79 von 230 Abgeordneten im Parlament. Die seit 2015 regierenden Sozialisten kamen nur auf 28,66 Prozent und 77 Sitze.

Chega! („Es reicht“) drittstärkste Partei

Die erst 2019 vom früheren Fernseh-Sportkommentator André Ventura gegründete Partei Chega! („Es reicht“) blieb drittstärkste Kraft, baute ihren Vorsprung vor den kleineren Parteien aber drastisch aus: Sie konnte ihren Stimmenanteil von rund sieben Prozent bei der vorherigen Abstimmung Anfang 2022 mehr als verdoppeln – auf gut 18 Prozent.

In der „Assembleia da República“ in Lissabon, die 230 Sitze hat, dürfte sie künftig statt 12 mindestens 48 Abgeordnete stellen, also viermal so viele wie bisher.

Die Demokratische Allianz (AD) kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf mindestens 79 Sitze, die PS auf 77. Bei der Auszählung fehlten zu diesem Zeitpunkt nur noch vier zu verteilende Sitze.

Für eine absolute Mehrheit wären 116 Sitze nötig. AD-Spitzenkandidat Luís Montenegro hatte auf eine Koalition mit der Liberalen Initiative gehofft, die aber nur auf fünf Prozent und acht Sitze kam – damit reicht die kleine Partei dafür als Koalitionspartner nicht aus. Montenegro sprach dennoch von einem „unumstößlichen Sieg“.

Eine Zusammenarbeit mit Chega! („Es reicht!“) hatte Montenegro wiederholt ausgeschlossen. Das bekräftige er nun erneut. Andere Spitzenpolitiker der AD äußerten sich hingegen weniger klar. Beobachter schließen daher nicht aus, dass Chega! letztlich doch zum Mehrheitsbeschaffer werden könnte.

Der Chega!-Vorsitzende André Ventura sprach von einem „historischen“ Ergebnis für seine Partei. Chega! stehe bereit, um eine „stabile Regierung“ in Portugal zu bilden.

Eine „Große Koalition“ gilt in Portugal als ausgeschlossen. Ähnlich wie im Nachbarland Spanien trennen die beiden Hauptparteien faktisch unüberwindbare Differenzen. Nicht wenige Beobachter gehen vor diesem Hintergrund von baldigen Neuwahlen aus.

Unzufriedenheit mit den Sozialisten

Die vorgezogene Wahl war angesetzt worden, nachdem der sozialistische Regierungschef António Costa im November wegen Korruptionsvorwürfen – unter anderem bei der staatlichen Fluggesellschaft TAP und der Förderung von Lithium- und Wasserstoff-Projekten – seinen Rücktritt eingereicht hatte. Obwohl die Ermittlungen gegen Costa selbst schnell eingestellt wurden, trat er bei der Neuwahl nicht wieder an.

Für die sozialistische PS, die 2022 noch auf 41 Prozent der Stimmen gekommen war, ist der Wahlausgang ein politisches Desaster. Bisher hielten die Sozialisten aufgrund des komplizierten Systems zur Verteilung der Mandate 120 der 230 Sitze im Parlament.

Costas Nachfolger an der Parteispitze und PS-Spitzenkandidat Pedro Nuno Santos ist nicht unumstritten: 2022 war er wegen eines Skandals um Abfindungszahlungen an eine Managerin der staatlichen Luftfahrtgesellschaft TAP als Infrastrukturminister zurückgetreten.

„Trotz des minimalen Unterschieds zwischen uns und der AD (…) haben wir die Wahlen nicht gewonnen und wir werden in die Opposition gehen“, räumte der PS-Spitzenkandidat ein.

2015 hatte Costa mit linken Parteien eine Regierung gebildet. Bei seinem Amtsantritt versprach er, den im Zuge der Finanzkrise von der konservativen Vorgängerregierung auferlegten Sparkurs zurückzunehmen. Seitdem erlebte Portugal einen Wirtschaftsaufschwung: Die Kaufkraft nahm zu, die Arbeitslosigkeit ging zurück, die öffentlichen Finanzen erholten sich. Bei der Wahl 2022 holten die Sozialisten eine absolute Mehrheit.

Zuletzt waren den Meinungsumfragen zufolge aber immer mehr Menschen unzufrieden mit der sozialistischen Regierung: Sie hat es ihrer Ansicht nach trotz der guten Wirtschaftslage versäumt, zentrale Themen wie die grassierende Wohnungsnot, die marode staatliche Gesundheitsversorgung und das reformbedürftige Bildungswesen anzugehen. (afp)



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