Putin mit über 87 Prozent Wahlsieger – deutliche Protestwelle

Das Ergebnis stand von vornherein fest: Putin gilt als Wahlsieger. Doch der Protest war nicht zu übersehen. Bis zum Abend wurden mindestens 85 Menschen festgenommen.
Wladimir Putin (M) ist in Russland seit rund einem Vierteljahrhundert an der Macht.
Wladimir Putin (M.) ist in Russland seit rund einem Vierteljahrhundert an der Macht.Foto: Gavriil Grigorov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa
Epoch Times18. März 2024

Nach einer als Farce kritisierten Präsidentenwahl in Russland wird der Machtapparat an diesem Montag Kremlchef Wladimir Putin als haushohen Sieger feiern. Nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmzettel erhält der 71-Jährige, der seit rund einem Vierteljahrhundert an der Macht ist, laut der Wahlkommission mehr als 87 Prozent.

Dabei handelt es sich um ein Rekordergebnis, das Beobachtern zufolge nur durch Repression, Zwang und Betrug erreicht worden sein soll. Putin kann nun mindestens sechs weitere Jahre an der Macht bleiben. Eine weitere Amtszeit ermöglicht es ihm, bis 2030 zu regieren und damit insgesamt länger als jeder russische Staatenlenker seit Katharina der Großen im 18. Jahrhundert.

Deutsche Außenpolitiker erheben ebenfalls schwere Vorwürfe gegen Putin. “Es handelt sich um die unfreiesten Fake-Wahlen seit Ende der Sowjetunion“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), dem „Tagesspiegel“ (Montag). „Putins Regime hat faschistische und totalitäre Züge.“

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sprach von einer „Farce“, die der Scheinlegitimierung des Kriegs Putins gegen die Ukraine diene.

Putin schließt umfassenden Konflikt mit NATO nicht aus

Putin erklärte er am Sonntagabend, ein umfassender Konflikt mit der NATO sei nicht auszuschließen, und in diesem Fall wäre die Welt nur einen Schritt von einem Dritten Weltkrieg entfernt.

„Ich halte es für unwahrscheinlich, dass irgendjemand daran interessiert ist“, wurde Putin weiter von der Staatsagentur TASS zitiert. Nach Putins Worten sind in der Ukraine bereits zahlreiche Soldaten aus den Mitgliedsstaaten der NATO im Einsatz. „Das wissen wir bereits“, sagte er. Man habe bereits Französisch und Englisch vernommen. „Das ist nichts Gutes, vor allem für sie, denn sie sterben dort in großer Zahl“, sagte Putin.

Nach der Abstimmung befürchten viele Russen eine neue Mobilmachung Hunderttausender Reservisten für die Kämpfe gegen die Ukraine. Auch innenpolitisch könnten die Daumenschrauben im Land noch einmal deutlich stärker angezogen werden, um den an den drei Wahltagen sichtbaren Protest von Putins Gegnern zu ersticken.

Bemerkenswerte Protestwelle

Die Beteiligung bei der von einer bemerkenswerten Protestwelle begleiteten Wahl wurde mit über 74 Prozent angegeben – ebenfalls ein Rekord. Bis zum Abend wurden mindestens 85 Menschen festgenommen.

Während der Abstimmung wurden zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen etwa Angestellte von Staatsbetrieben zur Stimmabgabe gedrängt und teils sogar aufgefordert wurden, ihre ausgefüllten Wahlzettel abzufotografieren. Kritiker beklagten zudem, dass insbesondere das Online-Verfahren leicht manipulierbar sei. Ebenfalls dokumentiert wurde, wie massenhaft vorab ausgefüllte Stimmzettel in Wahlurnen gestopft wurden.

Eine Frau wählt in einem Wahllokal in Mariupol in der russisch kontrollierten Region Donezk im Osten der Ukraine.

Eine Frau wählt in einem Wahllokal in Mariupol in der russisch kontrollierten Region Donezk im Osten der Ukraine. Foto: Uncredited/AP/dpa

Von den 114 Millionen Menschen, die Moskau zur Wahl aufrief, leben mehr als 4,5 Millionen in den vier ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja, über die Russland herrscht. Wahlen sind dort illegal und werden international nicht anerkannt.

Beobachter haben die von Protesten begleitete Abstimmung auch deshalb als undemokratisch eingestuft, weil keine echten Oppositionskandidaten zugelassen waren. Putins drei Mitbewerber waren nicht nur alle auf Kremllinie, sondern galten auch von vornherein als komplett chancenlos.

Keine Versammlungsfreiheit und stille Proteste

Zudem gibt es in Russland keine Versammlungsfreiheit, und die vom Kreml gesteuerten Medien sind gleichgeschaltet. Unabhängige Medien werden politisch verfolgt. Andersdenkende, die Putins Krieg gegen die Ukraine oder den Machtapparat kritisieren, riskieren Strafen bis hin zu Lagerhaft.

Aus all diesen Gründen hatten am letzten Wahltag in ganz Russland Tausende Menschen den staatlichen Einschüchterungsversuchen getrotzt und an einer stillen Widerstandsaktion teilgenommen: Um 12:00 Uhr Ortszeit versammelten sie sich in vielen Städten unter dem Motto „Mittag gegen Putin“ vor ihren jeweiligen Wahlbüros. So wollten sie ihren Unmut zum Ausdruck bringen und zeigen, dass sie gegen den Krieg sind.

Auch im Ausland gab es zahlreiche Protestaktionen vor russischen Botschaften und Konsulaten. In Berlin erschien überraschend die Witwe des kürzlich im Straflager ums Leben gekommenen Kremlgegners Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja. Sie betrat auch die Botschaft – und erklärte danach, den Namen ihres verstorbenen Mannes auf den Wahlzettel geschrieben zu haben.

Selenskyj spricht Putin jede Legitimität ab

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach Putin „jede Legitimität“ ab. „Diese Wahlfälschung hat keine Legitimität und kann keine haben“, sagte Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videoansprache.

„Diese Figur (Putin) muss auf der Anklagebank in Den Haag landen – dafür müssen wir sorgen, jeder auf der Welt, der das Leben und den Anstand schätzt.“ Wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen in der Ukraine gibt es einen Haftbefehl des Weltstrafgerichts in Den Haag gegen Putin. (dpa/red)

 



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