Salzburg: Linksruck in der Landeshauptstadt – ein Kommunist in der Stichwahl

Die kommunistische KPÖ könnte in der Stadt Salzburg ihren zweiten Bürgermeisterposten in einer Landeshauptstadt erobern. Ihr Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl geht mit knappem Rückstand in die Stichwahl gegen den SPÖ-Kandidaten. Die ÖVP verliert fast 16 Prozentpunkte.
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Salzburg. Symbolbild.Foto: iStock
Von 11. März 2024

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Mit einem heftigen Linksruck endeten am Sonntag, 10. März, die Kommunalwahlen in der österreichischen Landeshauptstadt Salzburg. Die kommunistische KPÖ, der bereits im Vorjahr der Einzug in den dortigen Landtag gelungen war, hat im Gemeinderat fast 20 Prozent zugelegt und wird mit 23,1 Prozent zweitstärkste Kraft im Gemeinderat. Ihr Kandidat Kay-Michael Dankl steht zudem in der Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters, die am 24. März stattfinden wird.

SPÖ verliert – bleibt jedoch stärkste Kraft

Stärkste Kraft im Gemeinderat bleibt trotz eines Verlustes von 1,2 Prozentpunkten die sozialdemokratische SPÖ. Sie kam auf 25,6 Prozent der Stimmen. Die ÖVP erlebte einen Absturz und ist mit 20,8 Prozent (minus 15,9) nur noch drittstärkste Kraft.

Die Grünen büßen ebenfalls 2,5 ein und kommen auf 12,7 Prozent. Allerdings retteten ihnen nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen die Briefwahlstimmen noch ihren Sitz in der Stadtregierung. Die FPÖ konnte leicht zulegen auf 10,8 Prozent. Verluste gab es auch für die linksliberalen NEOS.

Bei der Bürgermeisterwahl kam SPÖ-Kandidat Bernhard Auinger auf 29,4 Prozent – hinter ihm landete Dankl mit 28 Prozent. ÖVP-Bewerber Florian Kreibich blieb mit 21,6 Prozent über dem Parteiergebnis, demgegenüber landete Paul Dürnberger (FPÖ) nur bei 8,6 Prozent. Kandidatin Anna Schiester von den Grünen kam auf acht Prozent.

KPÖ versuchte, Ideologie nicht sichtbar zu machen

Wie bereits in Graz und wie auch schon im Vorjahr bei den Landtagswahlen in Salzburg versuchte die „revolutionäre marxistisch-leninistische Partei der Arbeiterklasse“ Ideologie aus dem Spiel zu halten. In Graz hatte sich schon seit 1981 – lange Zeit als Einzelkämpfer – der spätere Stadtrat Ernst Kaltenegger in der Mieterberatung engagiert.

In weiterer Folge wurden soziale Beratungstätigkeiten zum Aushängeschild für die Partei. Die zuvor nur in der Landeshauptstadt und einzelnen Bergarbeitergemeinden parlamentarisch repräsentierten Kommunisten konnten damit ihre Basis ausbauen.

Im Jahr 2005 gelang ihnen erstmals mit dem Einzug in den steirischen Landtag ein flächendeckender Erfolg. Seither blieb sie zumindest dank der Grundmandate stets im Landesparlament vertreten.

Damoklesschwert der Zwangsverwaltung geht an Graz vorbei

Im Jahr 2021 gelang der KPÖ in Graz ihr bislang größter Erfolg: Bei der Gemeinderatswahl erlangte sie die Stimmenmehrheit. Da das Stadtparlament dort den Bürgermeister wählt und dieses eine linke Mehrheit aufwies, kam mit Elke Kahr die erste Kommunistin an die Spitze einer österreichischen Landeshauptstadt.

Im politischen Alltag hatte die Amtsübernahme durch Kahr kaum spürbare Auswirkungen. Zum Teil wurde darüber spekuliert, ob der verschuldeten Landeshauptstadt nicht eine Zwangsverwaltung drohen könne.

Bis dato konnte die KPÖ-geführte Stadtregierung dies jedoch verhindern. Kahr machte geltend, dass die Haushalte bereits vor ihrem Amtsantritt nicht ausgeglichen gewesen seien.

In Graz kamen erfolgreiche Kommunisten aus einfacheren Verhältnissen

Eine Entzauberung der KPÖ – so die bürgerlichen Parteien dies angestrebt hatten – gelang in Graz bis dato nicht. Auch dies machte es der Partei in der Stadt Salzburg einfacher, das Erfolgsrezept aus der Steiermark zu kopieren.

Anders als die aus einfachen Verhältnissen stammenden Grazer Frontleute Kaltenegger und Kahr kommt der studierte Historiker Kay-Michael Dankl aus einer wohlhabenden Familie. Er war von 2015 bis 2017 Bundessprecher der Jungen Grünen. Die grüne Mutterpartei trennte sich von ihrem Jungableger, nachdem er sich anschickte, der offiziellen Studierendenliste auf Hochschulebene Konkurrenz zu machen.

Dankl sah seine Chance gekommen, trat in die KPÖ-nahe Jugendorganisation Junge Linke ein und war Mitorganisator der Plattform Unabhängig & Solidarisch (PLUS). Diese trat erstmals zusammen mit den Kommunisten als KPÖ PLUS zu den Nationalratswahlen 2017 an.

KPÖ eher in wohlhabenden Gegenden erfolgreich

Im Jahr 2019 gelang dem Bündnis mit 3,7 Prozent in Salzburg ein Achtungserfolg und der Einzug in den Gemeinderat. Dankl gelang es, die seit Jahrzehnten in der Bedeutungslosigkeit dahinsiechende KPÖ „aufzumischen“ und zu den Wählern auf Tuchfühlung zu gehen. In der Landeshauptstadt, die durch besonders starke Mietsteigerungen belastet war, erwies sich dies als ein Erfolgsrezept.

Dazu kam eine gewisse Experimentierfreude von Wählern, die sich auch aus den Detailergebnissen ablesen lässt. So wurde die KPÖ stimmenstärkste Kraft in Gegenden wie Riedenburg oder Parsch, was eher wohlhabende Viertel Salzburgs sind. Demgegenüber blieb in weniger wohlhabenden Gegenden am Stadtrand wie Lehen oder Itzling die SPÖ in Führung. Auf X sprachen deshalb auch Nutzer von „Wohlstandsverwahrlosung“.

Ob es Dankl gelingen wird, in der Stichwahl den Rückstand von 1,37 Prozent auf den SPÖ-Kandidaten Bernhard Auinger aufzuholen, ist ungewiss. Es ist damit zu rechnen, dass sich viele ÖVP- und FPÖ-Anhänger gar nicht an der Wahl beteiligen werden. Die Stimmen der Grünen dürften eher zum Linksaußenkandidaten wandern, zumal sich dieser von Russland distanziert hat und auch sonst an keinem der grünen Tabus rührt.

Neben Salzburg-Stadt gelang der KPÖ auch der Einzug in die Gemeinderäte von Wals-Siezenheim und Hallein. Die Bezirkshauptstadt des Tennengaus war bereits in früheren Zeiten ein Hoffnungsgebiet für die Kommunisten.

Wenig befriedigender Wahlabend für ÖVP und FPÖ

Für die ÖVP dürfte sich das zuletzt diskutierte Szenario, Blitz-Neuwahlen zum Zeitpunkt der EU-Wahlen anzustreben, mit dem Salzburger Wahlergebnis erledigt haben. Ihr Interesse wird nun darin bestehen, sich bei der EU-Wahl möglichst achtbar aus der Affäre zu ziehen in der Hoffnung, dass die Blamage von Salzburg bis zur Nationalratswahl im Herbst vergessen ist.

Die Chancen dafür stehen nicht gut. Im Jahr 2019 erzielten die Konservativen bei der EU-Wahl 34,55 Prozent. Die „Ibiza-Affäre“ war gerade einmal eine Woche alt und der Parteichef hieß damals noch Sebastian Kurz. Dass die ÖVP landesweit am Sonntag mit 39,9 Prozent (minus 7,7) und 1.061 Mandaten (minus 92) immer noch stärkste Kraft blieb, ging in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unter.

Aber auch für die FPÖ war der Wahltag in Salzburg wenig erfolgreich. Zwar legte sie in der Landeshauptstadt um 2,4 Punkte auf 10,8 Prozent zu und landesweit um 3,3 auf 13,3 Prozent. Außerdem kommt die Partei künftig auf 295 Gemeindevertreter (plus 82). Dennoch bleibt im Gedächtnis der Wähler haften, dass die Partei in der Stadt Salzburg auf den letzten Metern noch ihren Sitz in der Stadtregierung an die Grünen verlor.

Unter Druck könnte vor allem FPÖ-Landeschefin Marlene Svazek geraten. Der KPÖ ist es gelungen, sie als Spesenritterin darzustellen, während Dankl den Großteil seines Politikergehalts spende. Zudem hat die FPÖ in ihrer Heimatgemeinde Großgmain Stimmen eingebüßt.

Kommunistischer Erfolg bei Nationalratswahlen eher unwahrscheinlich

Bei den EU- und den Nationalratswahlen ist allerdings kaum von ähnlichen Erfolgschancen der KPÖ auszugehen. Auf Bundesebene sind ihre Spitzenvertreter völlig unbekannt. Außerhalb der Universitätsstädte ist auch ihr Organisationsgrad – sieht man von Traditionsgemeinden wie Hallein, Trofaiach oder Eisenerz ab – gering. Dazu deckt SPÖ-Bundeschef Andreas Babler einen großen Teil des linken Randes ab.

Ein weiterer potenzieller Konkurrent, zumindest bei der Nationalratswahl, könnte Die Bierpartei sein. Deren Vorsitzendem, dem Rockmusiker Dominik Wlazny („Marco Pogo“), gelang bei der Bundespräsidentenwahl im Vorjahr ein Achtungserfolg.



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