Sonderzug nach Kiew: Baerbock wieder in Ukraine

Außenministerin Baerbock war im Mai als erstes Mitglied der Bundesregierung in Kiew. Vier Monate später kehrt sie zurück, um ihr Solidaritätsversprechen an die Ukraine zu erneuern.
Außenministerin Baerbock besichtigt ein von Deutschland gefördertes Minenräumprojekt in der Nähe von Kiew. Das Auto im Hintergrund ist durch eine Mine zerstört worden.
Außenministerin Baerbock besichtigt ein von Deutschland gefördertes Minenräumprojekt in der Nähe von Kiew.Foto: Michael Fischer/dpa
Epoch Times10. September 2022

Außenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine weitere Unterstützung bei der Beseitigung von Minen in ehemaligen Kampfgebieten zugesichert. Neben der Lieferung von Waffen sei dies wichtig, um das Leben von Menschen in den zeitweise von der russischen Armee eingenommenen Gebieten sicherer zu machen, sagte die Grünen-Politikerin beim Besuch eines Minenfelds in Welyka Dymerka in der Nähe von Kiew. Ob sie bei ihrem Besuch auch weitere Waffen zusagen werde, wollte Baerbock nicht sagen. Darüber werde sie erst nach ihrem Treffen mit Außenminister Dmytro Kuleba im Laufe des Tages berichten.

Baerbock warf der russischen Armee vor, die Vororte Kiews „mit Minen verseucht“ und gezielt Anti-Personen-Minen eingesetzt zu haben, um Zivilisten zu töten. Ihr sei berichtet worden, dass nach dem Abzug der russischen Truppen aus dem Raum Kiew „selbst im Kinderspielzeug in privaten Wohnungen Minen gefunden worden sind, die offensichtlich nichts anderes zum Ziel hatten, unschuldige Menschen, selbst Kinder zu töten“. Aus welcher Quelle diese Information stammt, ist nicht bekannt.

Sechs Millionen für Kampfmittelbeseitigung

In Welyka Dymerka unterstützt Deutschland ein ziviles Projekt zur Räumung von Minen. Insgesamt hat die Bundesregierung sechs Millionen Euro für die Kampfmittelbeseitigung durch die Nichtregierungsorganisation HALO bereitgestellt. Die Aufstockung um eine weitere Million ist nach Angaben des Auswärtigen Amts bis Ende des Jahres geplant. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigte diese Woche zudem die Ausbildung ukrainischer Soldaten für die Minenräumung in Deutschland an.

Zweiter Besuch der Außenministerin

Baerbock ist zu ihrem zweiten Ukraine-Besuch seit Kriegsbeginn in Kiew. Sie wolle mit der Reise zeigen, „dass wir der Ukraine weiter beistehen, so lange es nötig ist – mit der Lieferung von Waffen, mit humanitärer und finanzieller Unterstützung“, sagte sie bei ihrer Ankunft.

Mit dem Besuch will die Grünen-Politikerin auch ein Zeichen gegen drohende Kriegsmüdigkeit in Deutschland setzen. „Für mich ist klar, Putin setzt darauf, dass wir der Anteilnahme am Leid der Ukraine müde werden“, sagte sie. „Er glaubt, dass er unsere Gesellschaften mit Lügen spalten und mit Energielieferungen erpressen kann. Und, dass er uns die Energie nehmen kann, uns gegen diesen brutalen Angriff auf unser aller Werte zu verteidigen.“ Diese Rechnung Putins dürfe und werde nicht aufgehen. „Denn ganz Europa weiß, dass die Ukraine unsere Friedensordnung verteidigt.“

Mit dem Sonderzug nach Kiew

Die Grünen-Politikerin reiste in der Nacht zu Samstag mit einem Sonderzug und einer kleinen Delegation von Polen aus nach Kiew. Der Luftraum über der Ukraine ist seit Kriegsbeginn gesperrt. In Kiew will Baerbock unter anderem Gespräche mit Außenminister Dmytro Kuleba führen.

Baerbock erinnerte bei ihrer Ankunft daran, dass sich die Bevölkerung in der Ukraine nun schon seit mehr als sechs Monaten gegen die russischen Angreifer stemmten. In dieser schrecklichen Zeit zwischen Hoffen und Bangen hätten die Menschen vor Ort auch auf die Hilfe Deutschlands vertraut. „Ich bin heute nach Kiew gereist, um zu zeigen, dass sie sich weiter auf uns verlassen können.“

Zwei konkrete Themen

Baerbock nannte zwei konkrete Themen, die ihr bei dem Besuch wichtig sind: die deutsche Hilfe beim Räumen von Minen und die Unterstützung bei der Aufarbeitung begangener Kriegsverbrechen. Ihre ukrainischen Gesprächspartner dürften ihre Forderungen nach schweren Waffen bekräftigen. Ministerpräsident Denys Schmyhal hatte bei seinem Deutschlandbesuch in der vergangenen Woche von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung deutscher Leopard-2-Kampfpanzer gefordert.

Scholz betonte anschließend, Deutschland wolle sich auf die Bereitstellung von Luftabwehrsystemen und Artillerie konzentrieren und vor allem keine Alleingänge machen. Bisher hat auch kein anderer NATO-Verbündeter Kampfpanzer westlicher Bauart in die Ukraine geschickt. Das Land selbst ist auch kein Mitglied der NATO, gilt aber als NATO-Partner. Seit 2021 gehört die Ukraine zu jenen Ländern, die im Rahmen des  Individual Partneship Action Plan“ (Individueller Partnerschaftsaktionsplan) von der NATO Unterstützung erhalten.

Die Bundesregierung hat der Ukraine bisher Waffen im Wert von 734 Millionen Euro bereits geliefert oder zugesagt, darunter auch einiges an schweren Waffen: zehn schwere Artilleriegeschütze vom Typ Panzerhaubitze 2000, 15 Flugabwehrpanzer, drei Mehrfachraketenwerfer und drei Bergepanzer. Geplant ist zudem die Lieferung von vier Luftverteidigungssystemen vom Typ Iris-T. Bei einer internationalen Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am 8. September allerdings auf weitere Zusagen schwerer Waffen verzichtet.

Diese Minister waren schon in Kiew

Baerbock war Mitte Mai als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Kriegsbeginn nach Kiew gereist. Sie hatte damals die deutsche Botschaft wiedereröffnet und Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie Kuleba getroffen. Außerdem besuchte sie die teilweise zerstörten Vororte Butscha und Irpin.

Scholz besuchte Kiew Mitte Juni zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis. Die vier Staats- und Regierungschefs ebneten dort den Weg für den EU-Kandidatenstatus der Ukraine. Aber auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) haben die Ukraine in den letzten sechs Monaten besucht. Zuletzt waren aus der Bundesregierung Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vor sechs Wochen dort.

Kritik an Baerbocks „Ukraine first“

Die Ministerin war jüngst in Kritik geraten für ein Versprechen, dass sie den Ukrainern gegeben hat. Sie sagte: „Wir stehen so lange an eurer Seite, wie Ihr uns braucht.“ Gleichzeitig bekundete sie, dass sie für die ukrainische Bevölkerung liefern wolle, „egal was meine deutschen Wähler denken“.  Der Eindruck, die Interessen eines anderen Landes stünden für Baerbock im Zweifel über jenen des deutschen Souveräns, wurde sowohl von der Opposition als auch in den sozialen Medien kritisiert.

Die frühere Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Sahra Wagenknecht, äußert: „Eine Außenministerin, die erklärtermaßen nicht die Interessen der deutschen Wähler, sondern der Ukraine vertritt und im Interesse der US-Regierung Verhandlungen zur Kriegsbeendigung ablehnt, ist nicht nur eine eklatante Fehlbesetzung, sondern eine Gefahr für unser Land.“ Wagenknechts Parteikollege Sevim Dağdelen sprach von einer „Außenministerin, die nach dem Motto ‚Ukraine first, Bürger egal‘“ handle und die ein „Totalausfall“ sei.

AfD-Sprecherin Alice Weidel bezeichnete Baerbocks Rücktritt als „überfällig“.  (dpa/red/sua)



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