Terror in Brüssel: Schweden gezielt ins Visier genommen – Hinweise auf Radikalisierung des Verdächtigen?

Nach dem Mord an zwei Fußballfans aus Schweden in Brüssel gibt es unterschiedliche Angaben über das Schicksal des mutmaßlichen Täters. Unterdessen verdichten sich die Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund. Entsprechende Videos tauchten in sozialen Medien auf.
Schwedische Fußballfans spenden sich Trost. Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Schweden wurde nach den Schüssen in Brüssel abgebrochen.
Schwedische Fußballfans spenden sich Trost. Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Schweden wurde nach den Schüssen in Brüssel abgebrochen.Foto: Bruno Fahy/Belga/dpa
Von 17. Oktober 2023

Ein 45-jähriger Tunesier soll für den Mord an zwei Fußballfans aus Schweden am Dienstag, 16. Oktober, in Brüssel verantwortlich sein. Ebenso soll er versucht haben, einen Taxifahrer zu töten. Dieser ist mittlerweile außer Lebensgefahr. Die Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund der Schusswaffenattacke verdichten sich unterdessen. Überdies zeichnet sich ab, dass der Tatverdächtige den Behörden bekannt war – und auch Hinweise auf eine Radikalisierung bestanden hatten.

Tatverdächtiger offenbar mittlerweile gefasst

Wie der „Focus“ berichtet, gilt seit Dienstagabend in Belgien die höchste Terrorwarnstufe. Über das Schicksal des mutmaßlichen Täters gab es zu Beginn widersprüchliche Angaben. Während in einigen Medien die Rede davon war, dass dieser noch flüchtig sei, schreibt der „Tagesspiegel“, die Polizei habe einen Tatverdächtigen niedergeschossen. Mittlerweile hat ein Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärt, der Mann sei am Dienstagmorgen bei einem Polizeieinsatz in der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek festgenommen worden.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen eines „potenziell terroristischen Motivs“. Zudem verbreiteten sich über soziale Medien und Messengerdienste Videos, die eindeutig auf Terror als Tatmotiv hindeuten.

In einem Video bekennt sich ein Mann zu der Tat und erklärt auf Arabisch, „drei Ungläubige“ getötet zu haben. Zu diesem Zeitpunkt ging er offenbar davon aus, dass der Taxifahrer den Angriff nicht überlebt habe. Zudem heißt es dort, er habe die Schweden, die an den Fußballtrikots ihres Nationalteams erkennbar waren, ihrer Nationalität wegen getötet. In Brüssel fand am Mittwochabend ein Qualifikationsspiel zur Fußball-EM zwischen Belgien und Schweden statt. Dieses wurde unter dem Eindruck des Anschlags beim Stand von 1:1 vorzeitig abgebrochen.

Zusammenhang mit Koranschändungen in Schweden denkbar

Der Sprecher, der sich als „Krieger auf dem Weg zu Gott“ bezeichnete, äußerte demnach:

Ob es den Menschen gefällt oder nicht: Wir leben für unseren Glauben und wir sterben für unseren Glauben.“

Anschließend wiederholte er seinen Namen noch einmal und erklärte: „Ich habe drei Schweden getötet, Lob sei Gott.“ Weiteren Medienberichten zufolge soll er, während er in einer Lobby im Zentrum das Feuer eröffnet habe, „Allahu Akbar“ gerufen haben.

Andere Medien berichten über ein Video in sozialen Medien, in dem ein arabisch sprechender Mann von zwei getöteten „Ungläubigen“ sprach – und sich zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) bekannte. Diese wird auch für zwei Selbstmordanschläge in der belgischen Hauptstadt im März 2016 verantwortlich gemacht. Die Zeitung „Het Laatste Nieuws“ berichtet noch über ein weiteres Video. In diesem sei der mutmaßliche Schütze in einer orangefarbenen Neonjacke auf einem Motorroller davongefahren. Dabei habe er eine automatische Waffe geschultert getragen. Parallel seien mindestens vier Schüsse zu hören gewesen.

Dass Schweden aufgrund ihrer Herkunft zum Ziel sogenannter dschihadistischer Terrorattacken werden könnten, dürfte mit mehreren Koranschändungen zusammenhängen. Schwedische Behörden hatten diese vor einigen Wochen mangels gesetzlicher Grundlage für eine gegenteilige Verfügung zugelassen.

Zeitung schreibt von Terror-Anklage in früherer Heimat

Der Tatverdächtige war bei den Behörden offenbar kein unbeschriebenes Blatt. Der 45-Jährige soll im November 2019 in Belgien Asyl beantragt haben, wie Justizminister Vincent van Quickenborne Auskunft gab. Seither sei er bereits im Kontext von Menschenhandel, Verstoß gegen Aufenthaltsbestimmungen und Staatsschutzdelikten in Erscheinung getreten.

„Het Laatste Nieuws“ schreibt, es handele sich bei dem Tatverdächtigen um einen abgelehnten Asylbewerber, dem die Ausreise aus Belgien befohlen worden sei. Das Blatt sprach zudem von einer „Radikalisierung“, die den Behörden „bekannt“ gewesen sein. Der Sender „ETBF“ berichtet zudem, der Verdächtige soll in Tunesien bereits wegen terroristischer Straftaten vor Gericht gestanden haben.

Im Juli 2016, nur wenige Monate nach den IS-Anschlägen in der belgischen Hauptstadt, soll eine ausländische Polizeibehörde „unbestätigte Informationen“ über ihn übermittelt haben. Diesen zufolge hat der Betreffende ein „radikalisiertes Profil“ aufgewiesen und die Ausreise in ein Kriegsgebiet in Erwägung gezogen.

Vor allem türkische Stellen hatten in der Vergangenheit erklärt, europäische Kollegen mehrfach über potenzielle Dschihad-Reisende informiert zu haben – ohne dass dies zu Veranlassungen geführt hätte.

Terrorgruppen könnten auch in Europa Morgenluft wittern

Erst am vergangenen Freitag war es im französischen Arras zu einem tödlichen Messerangriff auf einen Lehrer gekommen. Auch dort geht die Staatsanwaltschaft von Terrorismus als Motiv aus. Für jenen Tag hatte die terroristische Hamas weltweit zu einem „Tag des Zorns“ aufgerufen. Ob es einen Zusammenhang zur Bluttat in Frankreich gibt, ist noch unklar.

Die Häufung tödlicher Terrorakte gegen Zivilisten lässt jedoch befürchten, dass potenzielle Täter sich von der Hamas und anderen terroristischen Palästinenserorganisationen inspiriert fühlen. Wahllose Messerangriffe auf Unbeteiligte („Messer-Intifada“) sind seit mehreren Jahren Teil ihrer Terrorstrategie. Zudem könnten sich auch Personen, die dem zuletzt geschwächten IS Sympathien entgegenbringen, die Chance auf dessen „Wiederbelebung“ in Europa wittern.

(Mit Material von AFP)



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