US-Kapitolsturm: Berufungsgericht verbietet gleichzeitig Haft und Bewährung für Bagatelldelikte

Bislang erhielten viele Beteiligte am sogenannten Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2020 sowohl eine Haft- als auch eine Bewährungsstrafe. Ein Bundesberufungsgericht hat dem ein Ende gesetzt.
Demonstranten stürmen am 6. Januar 2021 das US-Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Wahlsieg von Joe Biden bestätigen.
Anhänger des damaligen US-Präsidenten Trump stürmen am 6. Januar 2021 das US-Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Wahlsieg von Joe Biden bestätigen.Foto: Essdras M. Suarez/Zuma Press/dpa
Von 22. August 2023

Ein Bundesberufungsgericht hat am 18. August „kombinierte Strafen“ bei Verurteilungen von Personen im Zusammenhang mit dem 6. Januar-Ereignis 2020 in Washington, D.C. für rechtswidrig erklärt. Gemeint ist damit das gleichzeitige Verhängen von Haft- und Bewährungsstrafen für oftmals geringfügige Vergehen wie für den „Aufmarsch, der Demonstration oder das Belagern des Kapitolgebäudes“.

Das 2:1-Urteil (PDF) eines Drei-Richter-Gremiums des US-Berufungsgerichts für den District of Columbia Circuit könnte sich auf eine größere Anzahl von Fällen auswirken, die in diesem Zusammenhang verhandelt wurden. Der Vorschlag für kombinierte Strafen für die Teilnehmer an der Belagerung des Kapitols ging vom US-Justizministerium aus. Die US-Bezirksrichter waren dem gefolgt.

Der Fall „Little“

James Leslie Little, 52, aus Claremont, North Carolina, wurde im März 2022 wegen Aufmarsch, Demonstration und Belagerung des Kapitolgebäudes am besagten Tag zu 60 Tagen Gefängnis und drei Jahren Bewährung verurteilt. Das Urteil sprach damals Bezirksrichter Royce Lamberth. Das jetzige Berufungsgericht hob die Verurteilung von Little auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das US-Bezirksgericht zurück.

„Die einzige Frage, die sich in der Berufung stellt, ist, ob diese Strafe gesetzlich erlaubt ist. Und das ist nicht der Fall“, schrieb Bezirksrichter Justin R. Walker stellvertretend für die Mehrheit des Berufungsgerichts. „Bewährungs- und Haftstrafen sind alternative Strafen, die im Allgemeinen nicht zusammen verhängt werden können. Das Bezirksgericht durfte also nicht beides für das Bagatelldelikt von Little verhängen.“

Angeklagter ließ sich mitreißen

Little sagte dem FBI, dass er nicht die Absicht hatte, das Kapitol zu betreten, „sondern dass er sich in dem Moment hat mitreißen lassen“. Laut Klageschrift sei Little im Kapitol herumgelaufen, habe gelächelt und anderen Leuten die Hand gegeben. Dann sei er in den Senatssaal gegangen, um Fotos von sich zu machen.

Er schickte eine SMS an die Person, die ihn später beim FBI anzeigte, in der stand: „Wir haben gerade das Kapitol übernommen.“ Der Empfänger schrieb zurück und beschuldigte ihn des Verrats. „Wenn du das nicht verurteilst, brauchst du nie wieder mit mir zu sprechen!“

Uneinigkeit bei Bezirksrichtern in Washington, D.C.

Die meisten verurteilten Delikte am 6. Januar betrafen Vergehen des sogenannten „Aufmarsches“. Die Richter am Bezirksgericht in Washington, D.C. sind sich uneinig, inwieweit kombinierte Strafen bei Bagatelldelikten auf Bundesebene verhängt werden dürfen. Einige Richter haben sich dagegen entschieden, auch als ihnen von Bundesstaatsanwälten dazu geraten wurden.

Das Berufungsgericht erklärte, dass nach dem „Sentencing Reform Act“ (Gesetz von 1984) für Verurteilungen nach dem Bundesstrafgesetzbuch fünf Optionen zur Verfügung stehen: Bewährung, Geldstrafe, Freiheitsstrafe, Bewährung mit Geldstrafe und Freiheitsstrafe mit Geldstrafe.

„Mit anderen Worten: Aus Text und strukturellen Gliederung des Strafgesetzbuches geht hervor, dass Bewährung und Freiheitsstrafe nicht zusammen als eine Strafe verhängt werden können“, so das Urteil. „Sie sind separate Optionen auf der Speisekarte.“

Eine besondere Regelung erlaube es den Richtern zwar, eine zeitweilige Freiheitsstrafe – Gefängnis oder Hausarrest – als Teil der Bewährung zu verhängen, so das Urteil weiter. Das Bundesgesetzbuch verbiete jedoch die beaufsichtigte Entlassung für Bagatelldelikte.

Was war der Grund für die kombinierte Strafe?

Richter Lamberth begründete am 14. März 2022 in einem Memorandum, weshalb er es für wichtig hielt, Little unter gerichtliche Aufsicht zu stellen.

„Im Klartext: Das Gericht muss Little nicht nur für sein Verhalten bestrafen, sondern auch sicherstellen, dass er sich bei der nächsten Wahl nicht wieder ähnlich verhält“, argumentierte der Bezirksrichter.

Eine bestimmte Freiheitsstrafe diene der Vergeltung eines Vergehens. Aber nur mit einer längerfristigen Bewährungszeit könne man sicherstellen, dass „Little sich nicht aktiv an einem weiteren Aufstand beteiligt“.

Angeklagte wie Little „stellen für das Gericht eine einzigartige Herausforderung bei der Strafzumessung dar“, schrieb Richter Lamberth.

Das Verhalten von Little erfordere eine Freiheitsstrafe, die die Schwere des Verbrechens zum Ausdruck bringe, aber es verlange auch „eine längere Beteiligung des Gerichts, um eine angemessene Abschreckung für kriminelles Verhalten zu erreichen und die Öffentlichkeit vor weiteren Straftaten des Angeklagten zu schützen.“

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: “US Court of Appeals Strikes Down Use of Jail and Probation for Jan. 6 ‚Parading‘ Misdemeanor (deutsche Bearbeitung nh)



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