Vorweihnachtszeit in Großbritannien: Gewerkschaften legen mit Streiks das Land lahm
Tausende Krankenschwestern und -pfleger legen heute, am 20. Dezember, zum zweiten Mal in England, Wales und Nordirland die Arbeit nieder. Damit wird das Vereinigte Königreich ausgerechnet jetzt in der Vorweihnachtszeit mit einer Reihe von Streiks lahmgelegt.
Nach Berichten britischer Medien beteiligen sich rund ein Viertel der Krankenhäuser und Gemeindeteams in England an dem Streik. Mit dabei sind auch alle Trusts in Nordirland und alle Gesundheitsämter bis auf eines in Wales.
In mehreren Dutzend Krankenhäusern werden Streikposten erwartet. Tausende NHS (National Health Service)-Termine und -Operationen sollen abgesagt werden, wobei der Gesundheitsdienst in vielen Gebieten einen Dienst wie an Feiertagen anbietet. Das aktuelle Lagebild zeigt: Mehr als sieben Millionen Menschen warten auf Routineeingriffe, Notärzte brauchen deutlich länger als geplant und vor den Notaufnahmen stauen sich die Krankenwagen.
Die Streikenden schließen sich den Bahnangestellten, Beamten, Krankenwagenfahrern, Straßenarbeitern und Beschäftigten der Royal Mail an, die in der Vorweihnachtszeit ebenfalls die Arbeit niederlegen werden.
Am Mittwoch geht es mit den Rettungswagenfahrern weiter. Auch Touristen sind betroffen. Von Freitag an gehen die Grenzbeamten in den Ausstand – bis Silvester dürfte es lange Warteschlangen bei der Einreise geben, teilweise werden wohl Flüge gestrichen. Von Heiligabend an fahren dann tagelang mal wieder kaum Züge, auch beim Eurostar zwischen London und der EU könnte es zu Problemen kommen. Ohne Auto die Verwandten zum Festschmaus zu besuchen, dürfte so gut wie unmöglich werden.
Seit Monaten Streik bei der Post
Wo bleibt die Weihnachtspost? Bei der Royal Mail gibt es seit Monaten immer wieder Streiks. Ganze Straßenzüge erhalten derzeit höchstens einmal die Woche Post. Bergeweise liegen Briefe und Päckchen in den Depots. Kürzlich machte die Nachricht die Runde, Royal-Mail-Manager sollten Verwandte und Freunde rekrutieren, um beim Sortieren zu helfen und den Rückstau vor Weihnachten wenigstes etwas abzubauen.
Im Dezember gibt es kaum einen Tag, an dem nicht in irgendeiner Branche die Arbeit ruht. Das öffentliche Leben steht still, die Streiks bremsen das Land aus. So auch heute, wo das medizinische Personal statt im Krankenhaus auf der Straße ist. Das Royal College of Nursing (RCN) und die Regierung befinden sich in einem erbitterten Streit über die Gehälter, wobei die Minister die von den Gewerkschaften geforderte Gehaltserhöhung als unbezahlbar bezeichnen.
„Die Einkommen von Familien wurden durch steigende Rechnungen und mehr als ein Jahrzehnt niedriger Löhne geschreddert“, erklärt Frances O’Grady, Chefin des Gewerkschaftsbundes TUC, ihre Unterstützung für die Streiks. Verantwortlich dafür sei die verfehlte Tory-Politik. Die Gewerkschaften stehen ganz klar auf Seite der oppositionellen Labour-Partei, die erstmals seit vielen Jahren wieder die Chance auf einen Machtwechsel wittert.
„Herausfordernde Zeiten“
Miteinander geredet wird kaum, das liegt auch an den tiefen ideologischen Gräben. Premierminister Rishi Sunak sagte: „Ich bin wirklich enttäuscht, dass die Gewerkschaften zu diesen Streiks aufrufen, vor allem an Weihnachten, wenn es solche Folgen für den Alltag der Menschen hat.“ Die Regierung betont regelmäßig, dass seit den Corona-Hilfen einfach kein Geld mehr da sei. Sunak sprach in dem Zusammenhang von „herausfordernden Zeiten“.
Während einer Kabinettssitzung am 13. Dezember sagte er, die Regierung sei fair und vernünftig vorgegangen, als es darum ging, den Empfehlungen der unabhängigen Lohnprüfungsgremien für Lohnerhöhungen im öffentlichen Sektor zuzustimmen und die weitere Diskussion mit den Gewerkschaften und Arbeitgebern zu erleichtern.
Die Regierung werde zwar „alles tun, um die Störungen zu minimieren“, aber die einzige Möglichkeit, sie zu beenden, sei, „dass die Gewerkschaften an den Verhandlungstisch zurückkehren und die Streiks abblasen.“
Großbritannien steht mit seinen Problemen nicht allein da. Das Land steckt wie Deutschland und viele andere in einer heftigen Wirtschaftskrise. Die Inflation ist mit rund elf Prozent so hoch wie seit 40 Jahren nicht, die hohen Preise für Lebensmittel und Energie stürzen Millionen Menschen in Armut, die Tafeln kommen der rekordverdächtigen Nachfrage nicht mehr hinterher.
Die Aussichten geben wenig Anlass zur Hoffnung: Ökonomen rechnen mit einem langen Abschwung, mindestens bis Ende 2023.
(Mit Material der dpa)
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