Wagner-Chef kritisiert russische Militärführung und droht mit Abzug aus Bachmut

Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat die Armeeführung seines Landes in beispiellos harter Kritik für massive Verluste in der Ukraine verantwortlich gemacht. Er drohte mit dem Abzug seiner Söldner aus dem umkämpften Bachmut.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin: «Wir werden alle, die auf dem Schlachtfeld sind, töten und keine Gefangenen mehr nehmen.»
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin.Foto: Uncredited/AP/dpa/Archiv
Epoch Times6. Mai 2023

In einem am Freitag veröffentlichten Video zeigte sich Prigoschin erbost über ausgebliebene Munitionslieferungen. Russland ordnete unterdessen Evakuierungen in der südukrainischen Region Saporischschja an.

Prigoschin veröffentlichte am Freitag gleich drei Videos sowie eine schriftliche Erklärung, in denen er Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow attackierte. Er drohte mit dem baldigen Abzug seiner Söldner aus der seit Monaten umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut.

„Am 10. Mai 2023 werden wir unsere Stellungen in Bachmut an Einheiten des Verteidigungsministeriums übergeben und Wagner-Einheiten zurückziehen müssen, um unsere Wunden zu lecken“, kündigte Prigoschin im Onlinedienst Telegram an. Den Wagner-Kämpfern drohe „mangels Munition“ ein „sinnloser Tod“.

Prigoschin ist ein Verbündeter von Kreml-Chef Wladimir Putin, kritisiert aber seit Monaten immer wieder die Armeespitze. Beobachter gingen davon aus, dass der Söldnerchef mit seinen jetzigen, besonders scharfen Verbalattacken darauf abzielte, Druck auf Putin für mehr Unterstützung für die Söldner auszuüben. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte lediglich, er habe „diese Äußerungen in den Medien“ gesehen. Er wollte sie nicht kommentieren.

Die Gruppe Wagner ist an vorderster Front an den Kämpfen um Bachmut beteiligt. „Wir hätten die Stadt Bachmut vor dem 9. Mai eingenommen“, hätten „die Militärbürokraten“ nicht die Munitionslieferungen gestoppt, sagte Prigoschin nun. Der 9. Mai hat in Russland eine besondere Bedeutung: An diesem Tag wird dort alljährlich des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg gedacht.

Wegen ausgebliebener Munitionslieferungen trügen Schoigu und Gerassimow die Verantwortung für „zehntausende“ tote oder verletzte russische Kämpfer, sagt Prigoschin in einem der Videos. Seine Kämpfer seien „als Freiwillige hierhergekommen, und sie sterben, damit Ihr in Euren holzgetäfelten Büros fett werden könnt“, wütet Prigoschin in einem anderen Video über den Minister und Generalstabschef.

Prigoschin steht in diesem Video vor aufgereihten Leichnamen in Militäruniform und sagt: „Diese Jungs sind von Wagner. Sie sind heute gestorben.“ „Schoigu! Gerassimow! Wo ist meine verdammte Munition?“, brüllt der Wagner-Chef.

Ukraine bereitet Gegenoffensive vor

Die ukrainische Führung ging unterdessen allerdings davon aus, dass Russland bis zum 9. Mai einen letzten Versuch zur Eroberung Bachmuts unternehmen wird. Die neue Taktik Moskaus bestehe darin, die Wagner-Kämpfer abzuziehen und durch „Angriffsverbände von Fallschirmjägern“ der Armee zu ersetzen, sagte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maliar.

Die Ukraine bereitet ihrerseits seit Monaten eine Gegenoffensive vor. Nach Einschätzung mancher Experten deuten die zuletzt gehäuften Sabotageakte und Angriffe auf russischem Territorium darauf hin, dass die ukrainische Offensive bald beginnen könnte.

So meldeten staatliche russische Nachrichtenagenturen am Freitag erneut ein Feuer in einer Ölraffinerie im Süden Russlands. Laut „Interfax“ war eine Fläche von 60 Quadratmetern in der Siedlung Ilski in der Region Krasnodar betroffen. Der Brand sei aber schon vor Eintreffen der Feuerwehr unter Kontrolle gebracht worden.

Teil-Evakuierung von Region Saporischschja

Der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef in der Region Saporischschja, Jewgeni Balizki, ordnete am Freitag die Teil-Evakuierung von Gebieten nahe der Südfront an. „In den vergangenen Tagen hat der Feind die Bombardierung von Ortschaften in unmittelbarer Nähe der Kontaktlinie verstärkt“, schrieb Balizki auf Telegram. Familien mit Kindern und ältere Menschen sollten „vorübergehend“ aus den von Russland gehaltenen Frontgebieten herausgebracht werden.

18 Dörfer und Städte sind den Angaben zufolge von der Maßnahme betroffen, die demnach auch Behinderte und Krankenhauspatienten einschließt. Die Anordnung galt auch für die Stadt Enerhodar, in der sich das Kernkraftwerk Saporischschja befindet. Das größte AKW Europas hatte Russland schon am ersten Tag seiner Offensive unter seine Kontrolle gebracht.

Vor der für Dienstag auf dem Roten Platz in Moskau geplanten traditionellen Militärparade zum Weltkriegsende hat auch der angebliche Anschlagsversuch mit Drohnen auf den Kreml und Staatschef Putin die Spannungen stark erhöht. Moskau hatte am Mittwoch den Abschuss zweier ukrainischer Drohnen über dem Kreml bekannt gegeben.

Die russische Führung erhob den Vorwurf, die USA seien die eigentlichen Drahtzieher dieses Angriffs. Washington wies dies zurück. Der russische Außenminister Sergej Lawrow drohte am Freitag mit „konkreten Maßnahmen“ nach der Drohnen-Attacke, ohne sich näher dazu zu äußern. (afp)



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