Was ist dran an der ukrainischen Biowaffen-Labor-Geschichte?

Russland behauptet, die USA hätten mit der Ukraine zusammen Biowaffen-Labore betrieben. Washington und Kiew erklären das für Unsinn. Auch China mischt in der Geschichte um Information und Desinformation kräftig mit.
Antikörpernachweis unerwünscht?
Ein Labormediziner. (Symbolbild)Foto: iStock
Von 12. März 2022

Am 9. März meldete Jen Psaki, Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, auf Twitter, dass man „die falschen Behauptungen Russlands über angebliche US-Biowaffenlabore und die Entwicklung chemischer Waffen in der Ukraine“ zur Kenntnis genommen habe und erklärte zudem, dass sich dazu eine weitere Großmacht zu Wort gemeldet habe: „Wir haben auch gesehen, dass chinesische Beamte diese Verschwörungstheorien wiederholen“, so die Sprecherin des Weißen Hauses.

Tags zuvor verwies der republikanische US-Senator von Florida, Marco Rubio, bei einer Anhörung des Senats-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (U.S. Senate Committee on Foreign Relations) auf „russische Propagandagruppen“, die alle möglichen Informationen darüber verbreiten würden, „wie sie eine Verschwörung der Ukrainer – biologische Waffen im Land unter Koordination der NATO freizusetzen – aufgedeckt haben“.

Auch die Vereinten Nationen hatten erklärt, nichts über angeblich in der Ukraine produzierte Massenvernichtungswaffen zu wissen. Demnach habe UN-Sprecher Stephane Dujarric in New York gesagt, dass der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „keine Aktivitäten der ukrainischen Regierung“ bekannt seien, die ihren internationalen Vertragsverpflichtungen widersprächen, einschließlich der Herstellung „chemischer oder biologischer Waffen“.

Der stellvertretende amerikanische UN-Botschafter Jeffrey Prescott erklärte zudem gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben gesehen, dass China diese Propaganda unterstützt hat. Und deshalb sollten wir Ausschau halten, ob Russland möglicherweise chemische oder biologische Waffen in der Ukraine einsetzt oder eine Operation unter falscher Flagge startet.“

USA: Sorge um ukrainische Bio-Labore

Rubio fragte die Staatssekretärin im Außenministerium für politische Angelegenheiten, Victoria Nuland, ob die Ukraine chemische oder biologische Waffen habe. Die Antwort der Diplomatin mit der dritthöchsten Position im US-Außenministerium lautete: „Die Ukraine verfügt über biologische Forschungseinrichtungen. Tatsächlich sind wir besorgt, dass die russischen Streitkräfte versuchen könnten, die Kontrolle darüber zu erlangen.“ Man arbeite mit den Ukrainern daran, dies zu verhindern. Es müsse sicher gestellt werden, dass die Forschungsmaterialien nicht in die Hände der russischen Streitkräfte gelängen, falls sie bis dorthin vorrückten, so Nuland.

Er fragte Nuland, ob sie Zweifel daran hätte, dass zu 100 Prozent die Russen dahinter steckten, sollte es in der Ukraine zu einem Vorfall oder Angriff mit Bio- oder Chemiewaffen kommen. Sie antwortete: „Ich habe keinen Zweifel, Senator.“

China verbreitet Russlands Anschuldigungen

Russlands Verteidigungsministerium hatte am 6. März in einem Statement auf Telegram behauptet: „Während einer speziellen Militäroperation wurde aufgedecket, dass das Kiewer Regime die Spuren eines militärischen biologischen Programms verwischt hat, das vom US-Verteidigungsministerium finanziert und in der Ukraine durchgeführt wurde.“

Laut dem Ministerium habe man Dokumente erhalten, aus denen hervorgehe, dass das ukrainische Gesundheitsministerium am 24. Februar „eine Anweisung an alle biologischen Labors gesendet“ habe, die „gelagerten Bestände gefährlicher Krankheitserreger“ einschließlich Pest, Anthrax, Tularämie und Cholera dringend zu vernichten.

Das russische Verteidigungsministerium hatte laut Epoch Times USA zudem behauptet, die Vereinigten Staaten hätten biologischen Forschungseinrichtungen in der Ukraine Geld zur Verfügung gestellt. Dieses sei zur Herstellung biologischer Waffen oder zur Durchführung von Experimenten im Zusammenhang mit Fledermaus-Coronaviren verwendet worden. Das Ministerium hat hierzu keine Beweise vorgelegt.

Die gleichen Töne hörte man auch aus der Heimat von SARS-CoV-2, China, wie die amerikanische Epoch Times weiter berichtet. Demnach beteilige sich das kommunistische Regime in Peking an der Verbreitung der russischen Behauptungen und beschuldige die USA, „gefährliche“ Bio-Labore in der Ukraine zu betreiben.

Chinas Außenamtssprecher Zhao Lijian sagte am 7. März: „In letzter Zeit haben die biologischen Labore der USA in der Ukraine in der Tat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen“, so der ranghohe KP-Funktionär. Demnach habe Russland „während seiner Militäroperationen“ herausgefunden, dass die USA diese Einrichtungen nutze, „um biologisch-militärische Pläne durchzuführen“. Zhao erklärte, dass US-Daten zeigten, dass das Pentagon 26 Labore oder andere Einrichtungen in der Ukraine kontrolliere. „Alle gefährlichen Krankheitserreger in der Ukraine mussten in diesen Laboren gelagert werden“, so Zhao, der auch sagte: „Alle Forschungsaktivitäten werden von der US-Seite geleitet.“

Um von der eigenen Verantwortung in der Pandemie abzulenken verbreitet das chinesische Regime seit zwei Jahren Gerüchte. Immer wieder stellten KP-Beamte die Behauptung auf, die USA seien die Quelle der Corona-Pandemie und SARS-CoV-2 sei von amerikanischen Soldaten, Teilnehmern der Military World Games im Oktober 2019, nach Wuhan eingeschleppt worden. Den chinesischen Behauptungen nach stamme das Virus vom US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases auf der Militärbasis Fort Detrick in Maryland. Dies ungeachtet auch der Tatsache, dass der erste COVID-19-Ausbruch in Wuhan stattgefunden hat, wo sich das Wuhan Institute of Virology befindet, ein Klasse 4 Bio-Labor – höchste Sicherheitsstufe.

„Desinformation“ zur Rechtfertigung des Krieges?

Gegenüber den von Russland erhobenen Vorwürfen, dass in der Ukraine unter US-Beteiligung chemische oder biologische Waffen hergestellt würden, erklärte am 9. März das US-Außenministerium, die Behauptungen seien „russische Desinformation“ und „totaler Unsinn“. Es sei auch nicht das erste Mal, „dass Russland solche Falschbehauptungen gegen ein anderes Land erfindet“, sagte Ned Price, Sprecher des Außenministeriums.

Price versicherte, die Vereinigten Staaten „besitzen oder betreiben keine chemischen oder biologischen Laboratorien in der Ukraine“. Die USA erfüllten ihre Verpflichtungen aus dem Chemiewaffenübereinkommen und dem Übereinkommen über biologische Waffen in vollem Umfang und entwickeln oder besäßen nirgendwo solche Waffen. Stattdessen betreibe Russland „aktive Programme für chemische und biologische Waffen“, die gegen die Konventionen über biologische und chemische Waffen verstößen.

Auf Anfrage der Epoch Times erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums bezüglich der russischen Vorwürfe, dass diese „Propaganda und totaler Unsinn“ seien. Solche Behauptungen aus Russland habe man über viele Jahre hinweg gehabt und sie seien „eindeutig und wiederholt entlarvt“ worden. Man habe es schon die ganze Zeit über gesagt, dass Russland falsche Vorwände erfinden werde, „um seine schrecklichen Aktionen in der Ukraine zu rechtfertigen“.

Am 8. März berichtete das britische Verteidigungsministerium von einer Verschärfung der russischen Anschuldigungen bezüglich der Entwicklung von nuklearen oder biologischen Waffen in der Ukraine: „Diese Erzählungen bestehen seit Langem, werden aber derzeit wahrscheinlich als Teil einer nachträglichen Rechtfertigung für Russlands Invasion in der Ukraine verstärkt.“

Bereits im April 2020, zur Zeit der Trump-Administration, klärte die US-Botschaft in Kiew über die „Verbreitung von Desinformationen in einigen Kreisen in der Ukraine“ auf, die sich auf russische Desinformationen bezüglich der Zusammenarbeit der USA und der Ukraine „zur Verringerung biologischer Bedrohungen“ stützten.

„Hier in der Ukraine arbeitet das Biological Threat Reduction Program des US-Verteidigungsministeriums mit der ukrainischen Regierung zusammen, um sicherheitsrelevante Krankheitserreger und Toxine in Einrichtungen der ukrainischen Regierung zu konsolidieren und zu sichern und gleichzeitig eine friedliche Forschung und Impfstoffentwicklung zu ermöglichen“, hieß es in der Erklärung. Man arbeite auch mit den ukrainischen Partnern zusammen, um sicherzustellen, dass die Ukraine durch gefährliche Krankheitserreger verursachte Ausbrüche erkennen und melden könne, bevor sie eine Sicherheits- oder Stabilitätsbedrohung darstellten.

„Unsere gemeinsamen Anstrengungen tragen dazu bei, dass gefährliche Krankheitserreger nicht in die falschen Hände geraten“. Man betonte die gute Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Gesundheitsministerium, dem staatlichen Dienst der Ukraine für Lebensmittelsicherheit und dem Verbraucherschutz sowie der Nationalen Akademie der Agrarwissenschaften und dem Verteidigungsministerium der Ukraine.

Altlasten aus der Sowjet-Zeit

Im Mai 2020 berichtete die „Kyiv Post“, dass der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU), der Inlandsgeheimdienst und Nachfolger des ukrainischen KGB, falsche Informationen um angebliche biologische Labore des US-Militärs im Land entlarvt habe. Der ukrainischen Zeitung habe der SBU in einer Facebook-Meldung am 7. Mai erklärt: „Kürzlich wurden in den Medien und sozialen Netzwerken ‚gefälschte Nachrichten‘ über die angeblichen Aktivitäten amerikanischer militärischer biologischer Laboratorien in der Ukraine verbreitet … In der Ukraine gibt es keine ausländischen biologischen Laboratorien.“

Der SBU berichtete von einem Abkommen aus dem Jahr 1993 zur Unterstützung der Ukraine bei der „Beseitigung strategischer Atomwaffen und der Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen“. Einer der darin behandelten Punkte sei die „rechtzeitige Erkennung und Bekämpfung von Ausbrüchen durch gefährliche Erreger“, heißt es – und weiter: Das Gesundheitsministerium der Ukraine und das US-Verteidigungsministerium hätten 2005 ein Rahmenabkommen unterzeichnet, um die Verbreitung von Technologien, Krankheitserregern und Wissen zu verhindern, die bei der Entwicklung biologischer Waffen verwendet werden könnten. Im Rahmen dieses Abkommens sei eine Reihe staatlicher Laboratorien in den Regionen Odessa, Charkiw, Lemberg, Kiew, Winnyzja, Cherson, Dnipropetrowsk modernisiert worden (Reparaturarbeiten durchgeführt, Ausrüstung aktualisiert, Verbrauchsmaterialien gekauft usw.). „Wir betonen, dass diese Labors aus dem Staatshaushalt finanziert werden, die dem Gesundheitsministerium und dem staatlichen Dienst für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz unterstellt sind“, versicherte der SBU dem Bericht nach.

Wie das amerikanische National Center for Biotechnology Information dazu erklärt, arbeiten die USA seit 1991, kurz nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Sowjetunion, mit ehemaligen Sowjetrepubliken im Rahmen eines Programms namens Cooperative Threat Reduction (CTR) zusammen, um Biowaffenlabore aus der Sowjetzeit in Einrichtungen für nichtmilitärische Forschung umzuwandeln. Im Rahmen des Programms gingen die Ukraine und die Vereinigten Staaten zwei Abkommen in den Jahren 1993 und 2005 ein.



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