WHO warnt vor Vogelgrippe, registriert aber nur wenige Infektionen bei Menschen

Die Influenza bedroht vor allem die Tierwelt und grassiert erstmals ganzjährig. Experten haben erste Hinweise auf Teilimmunität bei Vögeln.
Eine Eiderente liegt tot am Strand der Nordsee. Laut Angaben eines Mitarbeiters des Küstenschutzes ist der Seevogel vermutlich an der Vogelgrippe gestorben.
Eine Eiderente liegt tot am Strand der Nordsee. Laut Angaben eines Mitarbeiters des Küstenschutzes ist der Seevogel vermutlich an der Vogelgrippe gestorben.Foto: Axel Heimken/dpa
Von 29. März 2023

Die Vogelgrippe ist weltweit auf dem Vormarsch und könnte auch auf den Menschen überspringen. Dies befürchtet jedenfalls die Weltgesundheitsorganisation (WHO), berichtet die „Deutsche Presseagentur“ (dpa). Sie zitiert einen Experten, der die Schnittstelle zu Geflügelhaltungen als größtmögliche Gefahr für das Überspringen des Virus‘ auf den Menschen bezeichnet.

„Wir dürfen nicht nachlassen in unseren Aktivitäten, dem Virus auf der Spur zu bleiben und vor allen Dingen die Infektionen aus Haltungen – klein oder groß – herauszuhalten“, sagte Timm Harder, der das Nationale Referenzlabor für Aviäre Influenza am Friedrich-Löffler-Institut bei Greifswald leitet, der dpa.

Je größer die Verbreitung des Virus sei, desto wahrscheinlicher sei ein tatsächliches Überspringen. Deshalb müsse es um die Reduzierung der Infektionen gehen. „Das ist das Ziel der Tierseuchenbekämpfung.“

Nur Australien und Antarktis nicht betroffen

Bei Wildvögeln, die sehr mobil und unterschiedlich seien, sei eine Prävention ungleich schwieriger. „Es ist schon eine besondere Situation, die wir eigentlich weltweit haben und die so noch nicht aufgetreten ist“, meint der Fachmann. Die Vogelgrippe grassiere derzeit in „bislang nicht bekanntem Ausmaß“. Außer in Australien und der Antarktis gebe es auf allen Kontinenten Nachweise. Millionen Tiere – insbesondere Seevögel – seien gestorben.

Bekannt sei, dass die kursierende H5N1-Entwicklungslinie 2.3.4.4b auch Säugetiere wie Nerze, Füchse, Waschbären, Marder und Bären infiziert und tötet. Auf einer spanischen Nerzfarm seien viele Tiere gestorben, ebenso seien Robben „in verschiedenen Teilen der Welt“ betroffen.

Chinesin nach Kontakt mit Hausgeflügel gestorben

Für beide Phänomene gebe es „Hinweise oder zumindest die Vermutung“, dass sich das Virus direkt zwischen den Säugetieren verbreitet hat, so Harder. Dann wäre von einem höheren Risiko auch für den Menschen auszugehen. Bisher sei weltweit erst ein auf 2.3.4.4b zurückgehender Todesfall erfasst: Eine im Oktober 2022 gestorbene 38-jährige Chinesin habe Kontakt zu infiziertem Hausgeflügel gehabt.

Die Auswirkung des Virus auf die Artenvielfalt sei laut Harder noch nicht abzuschätzen. Erstmals sei auch Südamerika betroffen, wo „viele Pelikane“ starben. Dort seien inzwischen auch Pinguine infiziert worden. Gefahr bestehe auch für die antarktischen Pinguinkolonien. Auch bei einem Schweinswal sei das Virus im vergangenen Sommer nachgewiesen worden.

Das derzeitige Infektionsgeschehen in Deutschland beschrieb Harder als stetig, aber geringer im Vergleich zu früheren Infektionswellen während der kalten Jahreszeit. Das könne ein Hinweis auf eine Teilimmunität sein, die sich inzwischen bei einigen Vögeln herausgebildet habe.

Weltweit 15 kranke Menschen seit 2020 gemeldet

Jahrelang grassierte die Vogelgrippe hierzulande im Zusammenhang mit dem Vogelzug nur saisonal. Zuletzt gab es ganzjährig Infektionen. Das FLI registriere derzeit etwa 20 bis 40 Fälle bei Wildvögeln in Deutschland pro Woche. „Erst mal deutet sich da kein Nachlassen an“, sagte Harder.

Eine Gefahr für den Menschen geht selbst laut WHO-Daten – gemessen an der Weltbevölkerung – praktisch gegen null. In ihrer „Zusammenfassung und Bewertung der Influenza an der Schnittstelle zwischen Menschen und Tier“ vom 3. März 2023 heißt es: „Vom 27. Januar bis zum 3. März 2023 wurden drei Fälle einer Infektion beim Menschen mit Influenza A (H5N1)-Viren, ein Fall einer Infektion beim Menschen mit einem Influenza A (H5N6)-Virus und zwei Fälle von Infektionen beim Menschen mit Influenza A (H9N2)-Viren offiziell gemeldet.

Darüber hinaus wurden zwei Fälle von Infektionen beim Menschen mit Influenza A (H9N2)-Viren und zwei Fälle von Infektionen mit Influenza A (H1N1)-Viren festgestellt. In ihrer Bewertung geht die WHO weiterhin von einer geringen Wahrscheinlichkeit der Übertragung auf den Menschen aus.

Seit 2020 erfasst die WHO Meldungen zu Vogelgrippefällen beim Menschen jährlich. Seither sind 15 Fälle dokumentiert, die meisten davon auf dem asiatischen Kontinent. Laut Statistik starben drei der Infizierten.

37 Millionen Hühner in den USA gekeult

Die Organisation BirdLife International spricht von mehr als 400.000 toten „Nicht-Geflügel“-Vögeln im vergangenen Jahr. Das seien mehr als doppelt so viele wie bei den „vorherigen großen Wellen“ der Jahre 2016, 2017 und 2021. Das Virus habe auch die Geflügelindustrie getroffen. So hätten in den USA mehr als 37 Millionen Hühner gekeult werden müssen.

Im Gegensatz zu früheren Stämmen von H5NI sterben laut BirdLife International jedoch nicht alle infizierten Vögel an der Krankheit. Es gebe auch Berichte über infizierte Vögel, die keine Anzeichen einer Krankheit zeigten. Forscher versuchten nun, die Gründe für diese unterschiedlichen Auswirkungen herauszufinden, „da sie wahrscheinlich zur Ausbreitung des Virus beitragen“.

Max-Planck-Institut: Impfstoffentwicklung nicht möglich

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert auf seiner Internetseite Maßnahmen im Kampf gegen die Vogelgrippe. Gleichzeitig betont der Verein aber auch, dass es „keine Anzeichen dafür gibt, dass das Virus zuletzt gefährlicher für Menschen oder andere Säugetiere geworden sein könnte“.

In den vergangenen Wochen wurden zwar vermehrt Vogelgrippe-Infektionen bei Menschen gemeldet, das könnte laut NABU-Vogelschutzexperte Martin Rümmler aber auch mit der gestiegenen Gesamtzahl infizierter Wildvögel zusammenhängen. Dadurch kämen schlicht mehr Menschen mit erkrankten Vögeln in Kontakt.

Das Max-Planck-Institut erläutert auf seiner Internetseite, dass die Entwicklung eines spezifischen Impfstoffs gegen die Vogelgrippe nicht möglich sei. Das Institut begründet dies damit, dass die Wissenschaftler die Eigenschaften „eines solchen neuen Virus nicht vorhersagen können“.



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