Zuspitzung im Roten Meer: Militärschlag gegen Huthi-Stellungen – Produktionspause in Grünheide

Tesla muss die Produktion stoppen; die Schifffahrt im Roten Meer stockt. Nun flogen die USA und Alliierte Luftangriffe auf Stellungen der mit dem Iran verbündeten Huthi im Jemen. Die Huthi kündigten Rache an.
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Eine RAF Typhoon kehrt nach einem Einsatz gegen Jemens Huthi-Rebellen zur Basis RAF Akrotiri in Zypern zurück, 12. Januar 2024.Foto: MoD Crown Copyright via Getty Images
Von 12. Januar 2024

Eine von den USA geführte Allianz hat in der Nacht zum 12. Januar Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. Der Militärschlag erfolgte zwei Tage nach einem Ultimatum an die Rebellen, ihre Angriffe auf Schiffe, die das Rote Meer durchqueren, zu stoppen.

US-Präsident Joe Biden teilte mit, dies sei eine „direkte Reaktion auf die beispiellosen Angriffe der Huthi“ auf die internationale Schifffahrt im Roten Meer. „Ich werde nicht zögern, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um unsere Menschen und den freien Fluss des internationalen Handels bei Bedarf zu schützen.“

Die USA und Großbritannien erhielten bei ihrem militärischen Vorgehen Unterstützung von Deutschland, Australien, Bahrain, Kanada, Dänemark, Neuseeland, Südkorea und den Niederlanden.

In einer gemeinsamen Erklärung betonten die USA, Großbritannien und andere Verbündete, darunter Deutschland, die Angriffe dienten der „Deeskalation der Spannungen und der Wiederherstellung der Stabilität“. Sie würden mit Blick auf anhaltende Bedrohungen nicht zögern, Leben zu verteidigen und den freien Fluss des Handels in einer der weltweit wichtigsten Wasserstraßen zu schützen.

Verbündete: Militärschlag im Einklang mit UN-Charta

Der Militärschlag habe sich gegen Radarsysteme, Luftverteidigungssysteme und Lager- und Startplätze für Angriffe auf unbemannte Luftsysteme, Marschflugkörper und ballistische Raketen gerichtet, so das „Wall Street Journal“ auf Basis von Informationen des US-Militärs.

Beteiligt gewesen sei laut dem Medium eine Flugzeugträger-Gruppe, ein US-U-Boot, mehrere Zerstörer, Düsenjäger und andere. Die Royal Air Force Großbritanniens beteiligte sich mit vier britischen Taifun-Jets, die eine Drohnenbasis der Huthi im Nordwesten des Jemen angriffen. Auch Eurofighter Typhoon FGR4-Jets wurden eingesetzt.

Der von den Huthis betriebene Fernsehsender „Al-Masirah“ meldete, die Angriffe richteten sich gegen einen Luftstützpunkt, Flughäfen und ein Militärlager. Beamte der Huthi meldeten Explosionen in der Hauptstadt Sanaa und den Provinzen Hodeida, Saada und Dhamar. In Sanaa befinden sich Raketen der Huthi, der Hafen von Hodeida wird für Angriffe auf Schiffe benutzt.

Nach Angaben der Huthi-Rebellen wurden bei den Angriffen fünf ihrer Mitglieder getötet. Sechs weitere seien verletzt worden.

Laut einer gemeinsamen Erklärung erfolgte der Militärschlag im Einklang mit der UN-Charta. Er sei eine Reaktion auf die „illegalen, gefährlichen und destabilisierenden“ Angriffe der Huthi auf Schiffe im Roten Meer und beruhe auf dem Recht der Selbstverteidigung, heißt es in der gemeinsamen Erklärung, die von der Bundesregierung mitgetragen wird.

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Die USA und Großbritannien haben mit Unterstützung weiterer Verbündeter Stellungen der Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. Foto: Sgt Lee Goddard/Royal Air Force/dpa

Iran verurteilt den Luftangriff

Der Iran hat die Angriffe der USA und des Vereinigten Königreichs auf Stellungen der von Teheran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen scharf verurteilt.

Der iranische Außenamtssprecher Nasser Kanani sprach am Freitag von einer „willkürlichen Aktion“, einem „Verstoß“ gegen das Völkerrecht und der Souveränität des Jemen.

Russland kritisierte die Angriffe als „Eskalation“ mit „zerstörerischen Zielen“, China und Saudi-Arabien riefen zur Zurückhaltung auf.

Huthi drohen mit Rache: USA und Großbritannien bezahlen hohen Preis

Die Huthi-Rebellen kündigten nach dem Militärschlag Rache an. „Dies ist eine brutale Aggression“, sagte Nasr al-Din Amir, ein Huthi-Beamter, dem „Wall Street Journal“. „Sie werden zweifellos ihren Preis zahlen, und wir werden nicht in unserer Haltung schwanken, um das palästinensische Volk zu unterstützen, unabhängig von den Kosten“.

Trotz der Luftangriffe wollen die Huthi-Milizen weiter Schiffe mit Bezug zu Israel im Roten Meer ins Visier nehmen. „Das Ziel waren und bleiben israelische Schiffe oder solche, die Häfen im besetzten Palästina ansteuern“, erklärte Huthi-Sprecher Mohammed Abdulsalam am Freitag im Onlinedienst X, ehemals Twitter.

Es gäbe „keine Rechtfertigung für diese Aggression gegen den Jemen, da es keine Bedrohung für die internationale Schifffahrt im Roten Meer gab“, fügte er hinzu.

Eine direkte Vergeltungsmaßnahme gegen die USA und ihre Verbündeten wurde nicht beobachtet.

Die schiitischen Huthi-Rebellen haben im Jemen in ihrem seit 2014 laufenden Aufstand weite Teile im Landesnorden eingenommen, und sie kontrollieren auch die Hauptstadt Sanaa. Die Rebellen werden vom mehrheitlich schiitischen Iran unterstützt.

Auswirkungen auf Tesla in Grünheide: Produktionspause

Die Störungen der Handelsschifffahrt durch die Huthi zwingen Unternehmen zur Improvisation. Darunter ist auch der Elektroautohersteller Tesla. Das Unternehmen stoppte weitgehend die Produktion in Grünheide bei Berlin wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe für rund zwei Wochen. Da sich die Transportwege verschieben, sei eine Lücke in den Lieferketten entstanden, wie Tesla mitteilte.

„Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Roten Meer und die damit verbundenen Verschiebungen der Transportrouten zwischen Europa und Asien über das Kap der Guten Hoffnung wirken sich auch auf die Produktion in Grünheide aus“, teilte Tesla mit.

„Aufgrund fehlender Bauteile sind wir daher im Zeitraum zwischen dem 29. Januar und 11. Februar dazu gezwungen, die Fahrzeugfertigung in der Gigafactory Berlin-Brandenburg mit Ausnahme einiger weniger Teilbereiche ruhen zu lassen“, erklärte das Unternehmen. Vom 12. Februar an werde die Produktion wieder voll aufgenommen.

Huthi-Angriffe kosten Hapag-Lloyd weit über zehn Millionen monatlich

Die Angriffe auf Handelsschiffe durch die Huthi-Rebellen verursachen Deutschlands größter Container-Reederei Hapag-Lloyd monatliche Mehrkosten in „hoher zweistelliger“ Millionenhöhe. „Es beeinflusst die gesamte Branche und auch uns selbst auf signifikante Weise“, sagte ein Konzernsprecher am Freitag den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“ (Samstagsausgaben).

Die Schiffe der Reederei meiden seit Dezember den Suezkanal und werden um das Kap der Guten Hoffnung umgeleitet. Die dadurch entstehenden Verspätungen sind dem Unternehmenssprecher zufolge „immens“. Die Fahrten verlängerten sich je nach Destination: „USA eine Woche länger, Europa bis zu zwei Wochen länger, östliches Mittelmeer 18 Tage länger.“

Bei Hapag-Lloyd seien 183 Schiffe inklusive Partnerschaften betroffen. Die Folge seien „Zusatzkosten pro Monat in hoher zweistelliger Millionenhöhe“, sagte der Sprecher. „Die Entscheidung, ob und wie wir fortfahren, fällt am kommenden Montag.“

Rishi Sunak: Huthis schwächen

Über Reaktionen auf die Angriffe auf die Schifffahrt im Roten Meer wurde schon länger beraten, der jetzige Luftangriff kam daher nicht überraschend. Es gab mehrere Warnungen an die Huthi, die darauf reagierten, dass sie Waffen und Ausrüstung verlegten.

„Trotz der wiederholten Warnungen der internationalen Gemeinschaft haben die Huthi weiterhin Angriffe im Roten Meer durchgeführt, darunter auch gegen britische und amerikanische Kriegsschiffe, erst diese Woche. Dies kann nicht hingenommen werden“, erklärte der britische Premierminister Rishi Sunak.

Das britische Verteidigungsministerium erklärte, die detaillierten Ergebnisse der Angriffe würden derzeit ausgewertet, aber es gebe Anzeichen dafür, dass man den Fähigkeiten der Huthi, die Handelsschifffahrt zu bedrohen, einen Schlag versetzt habe.

Die Angriffe hätten sich auf jene Stellungen konzentriert, die für die Rebellen bei ihren Angriffen auf Handelsschiffe von besonderer Bedeutung seien, weil sie dort etwa Raketen, Radartechnik oder Drohnen lagerten. Ziel sei es gewesen, die Huthi zu schwächen, nicht aber die Situation zu eskalieren, betonte er.

Feuer und Rauch nach einem Luftangriff in der Nähe von Sanaa im Jemen.

Feuer und Rauch nach einem Luftangriff in der Nähe von Sanaa im Jemen. Foto: Uncredited/XinHua/dpa

Vorwarnungen der internationalen Gesellschaft

Im jüngsten Ultimatum, das mehr als ein Dutzend Nationen unterzeichneten, hieß es: „Die laufenden Huthi-Angriffe im Roten Meer sind illegal, inakzeptabel und zutiefst destabilisierend“. Und weiter: „Die Huthis werden die Verantwortung für die Folgen tragen, wenn sie weiterhin Leben, die Weltwirtschaft und den freien Handelsfluss in den kritischen Wasserstraßen der Region bedrohen.“

Erst vor wenigen Tagen führten die Huthi einen Großangriff mit Drohnen und Raketen auf Schiffe im Roten Meer durch. Wie das zuständige US-Regionalkommando mitteilte, wurden 18 Drohnen und drei Raketen von Einheiten der USA und Großbritanniens abgefangen. Die Attacke habe „den umfangreichsten Angriff der Huthis auf den internationalen Schiffsverkehr seit Mitte Oktober“ dargestellt, hieß es am Mittwoch aus dem Auswärtigen Amt.

Großbritanniens Verteidigungsminister Grant Shapps hatte in den vergangenen Tagen ebenfalls mehrfach vor Konsequenzen gewarnt, sollten die Angriffe nicht aufhören. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, hatte gesagt, die Huthi müssten Konsequenzen dafür tragen, sollten sie ihre Angriffe nicht stoppen.

Nach Angaben aus Washington haben die Huthis seit dem 19. November mehr als zwei Dutzend Angriffe auf internationale Handelsschiffe im Roten Meer verübt – erstmals setzten sie dabei auch eine ballistische Antischiffsrakete ein. Mehr als 2.000 Schiffe sind den Angaben nach bereits gezwungen, einen Umweg von Tausenden Kilometern zu nehmen.

Irans Marine kaperte Öltanker

Nicht nur die Huthi-Rebellen nehmen Handelsschiffe ins Visier, auch Irans Marine geht drastisch vor. Vor einigen Tagen kaperte diese einen Öltanker im Golf von Oman. Das Schiff sei auf Weisung der Justiz beschlagnahmt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur „Irna“. Die Islamische Republik warf dem Tanker „St. Nikolas“ demnach vor, iranisches Öl gestohlen zu haben.

Der Tanker „St. Nikolas“ stand im vergangenen Jahr im Mittelpunkt eines Streits zwischen Teheran und den USA. Das Schiff, früher unter dem Namen „Suez Rajan“ registriert, wurde 2023 durch die USA nach Vorwürfen von Verstößen gegen Sanktionen festgesetzt.

Nach Angaben des britischen Unternehmens Ambrey, das Informationen und Lösungen zum Risikomanagement in der internationalen Schifffahrt bereitstellt, wurde das automatische Identifikationssystem des Tankers abgeschaltet. Das Schiff sei mit erhöhter Geschwindigkeit in Richtung Iran unterwegs.

Die Bewaffneten, die an Bord gekommen seien, hätten Berichten zufolge schwarze Militäruniformen und schwarze Masken getragen, hieß es weiter. Auch Ambrey gab an, dass es sich um einen Tanker handelte, dessen Ladung in den USA konfisziert wurde, weil er entgegen Sanktionen iranisches Öl geladen hatte.

19 Mann an Bord

Die griechische Reederei Empire Navigation in Athen hatte dpa zuvor die Kaperung des griechischen Tankers unter der Flagge der Marshallinseln am Donnerstag im Golf von Oman bestätigt. An Bord der „St. Nikolas“ soll sich demnach eine 19-köpfige Besatzung befinden, davon 18 Seeleute aus den Philippinen und ein Grieche. Das Schiff habe zuvor Öl im irakischen Basra aufgenommen und sei auf dem Weg zum Suezkanal und dann weiter in die türkische Hafenstadt Aliaga gewesen, hieß es.

Die USA werfen der iranischen Marine vor, den zivilen Schiffsverkehr in der Straße von Hormus und im angrenzenden Golf von Oman zu behindern. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Zwischenfälle mit Öltankern. Insbesondere die Straße von Hormus, eine etwa 55 Kilometer breite Meerenge zwischen dem Iran und Oman, gilt als eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten für den weltweiten Ölexport.

(Mit Material von dpa)



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