Aufwärtsspirale für Beamtengehälter durch Bürgergelderhöhung

Deutschlands Beamtenapparat wird jetzt noch teurer. Die Erhöhung des Bürgergelds ab Januar 2024 hat bewirkt, dass für Beamte in niedrigeren Lohngruppen eine automatische Lohnanpassung ansteht. Es handelt sich um eine dreistellige Millionensumme für die Länder. Ist es möglicherweise damit nicht getan?
Volkswirte rechnen mit einem weiteren Rückgang der Inflation im Laufe des Jahres.
Geldbeutel mit Scheinen und Karten.Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
Von 13. März 2024

Das Bürgergeld, das vor gut einem Jahr Hartz IV ersetzt hat, ist mit Jahresbeginn 2024 auf 563 Euro monatlich gestiegen. Damit wurde das Bürgergeld für einen erwachsenen Single um knapp zwölf Prozent – von vormals 502 Euro erhöht. Mit diesem laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) „erheblichen Schritt“ machte die Ampelregierung zumindest ihr Versprechen wahr, beim Bürgergeld schneller als bei Hartz IV auf die Inflation zu reagieren.

Zweistellige Millionensummen

Diese Erhöhung hat aber durchaus weitreichendere Auswirkungen: Denn diejenigen, die zusätzlich profitieren, sind Beamte. Konkret: Staatsdiener mit bislang niedrigem Gehalt. Wegen des Bürgergeldes bekommen sie jetzt eine automatische Erhöhung, was am Ende die Länder eine dreistellige Millionensumme kosten wird.

Hintergrund ist, dass die Staatsbediensteten mit geringerem Salär mittlerweile kaum mehr verdienen als Bürgergeldempfänger, seitdem das Bürgergeld zum Jahreswechsel, ganz ab Januar 2024 gestiegen ist. Deswegen sind die Länder nun gezwungen, die Bezüge der Staatsbediensteten anzuheben. Grund dafür ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nach dem die Differenz zwischen Beamtenentlohnung und Bürgergeldhöhe mindestens 15 Prozent betragen muss.

Das Thema ist nicht neu, vielmehr ein Dauerbrenner seit der Einführung des Bürgergeldes: Ab Januar 2023 bekamen Staatsdiener erstmals automatisch eine Erhöhung ihres Salärs, da gesetzlich festgelegt ist, dass die Beamtenbesoldung über der Grundsicherung liegen muss. Das ist im Alimentationsprinzip festgeschrieben.

Hier heißt es: Die Nettoalimentation muss in den unteren Besoldungsgruppen um mindestens 15 Prozent über dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum liegen. Dem Alimentationsprinzip liegt zugrunde, dass Beamte im Unterschied zu Arbeitnehmern kein Entgelt für eine Leistung, sondern für ihre Dienste eine Alimentation durch den Staat erhalten.

Bundesländer zahlen schon kräftig an ihre Beamten

Und mit der aktuellen Erhöhung des Bürgergeldes ab 2024 bedeutet das eine Aufstockung der Besoldung oder eben Alimentation von Beamten. Manche Beamte, wie zum Beispiel im Justizvollzugsdienst, so der „Focus“, erhalten jetzt automatisch mehr Geld, um diesen Abstand nach der aktuellen Erhöhung des Bürgergeldes zu wahren. Bei den Bundesländern stehen dadurch zweistellige Millionensummen auf der Payroll.

Eine Umfrage bei den einzelnen Landesregierungen von „Bild“ dazu hat ergeben, dass erste Bundesländer die Besoldung ihrer Bediensteten bereits angepasst haben.

Hier zusammengefasste Beispiele: 

In Mecklenburg-Vorpommern bekommen rückwirkend ab Anfang 2023 viele Beamte mehr Geld, in Summe etwa 20 Millionen Euro. Darüber liegen die Mehrkosten in Schleswig-Holstein mit insgesamt erwarteten 23,5 Millionen Euro für 2023 und 2024. 

In Niedersachsen sind es 54,6 Millionen Euro zuzüglich noch nicht bezifferbarer Kosten für den Familienergänzungszuschlag. 

In Hessen wurde vor dem Hintergrund des Bürgergeldes schon mehrfach die Beamtenbesoldung erhöht: im Februar 2023 um drei Prozent, im August 2023 um 1,89 Prozent in Form einer regulären Tariferhöhung und am 1. Januar 2024 erneut um weitere drei Prozent.

In Sachsen-Anhalt liegt der Beamtensold bereits bei „mindestens 15 Prozent über den Grundsicherungsleistungen, auch in niedrigen Besoldungsgruppen“. Hier soll es keine weitere Erhöhung geben, ebenso nicht in Bayern. Hier müssen die Beamtenbezüge wegen des Bürgergeldes nicht angepasst werden, denn sie sind bereits jetzt die höchsten in Deutschland.

Unbezahlbare Beamte aufgrund von Bürgergelderhöhung?

Laut „Focus“ zeigt diese Entwicklung zwei Interpretationsmöglichkeiten auf. 

Erstens: Beamte, denen es ohnehin schon gut geht, werden zunehmend unbezahlbar. Bei einem laut dem Arbeitsvermittlungsportal Stepstone durchschnittlichen Jahresgehalt von rund 5.000 Euro sind sie fast unkündbar, scheiden mit bereits 63 Jahren aus dem Dienst aus und erhalten dann ein durchschnittliches Ruhegehalt von 3.240 Euro. 

Bei dieser Aufrechnung ist zusätzlich zu beachten: Die Beamten-Pensionen werden aus Steuergeld und nicht wie bei allen anderen Berufsgruppen im Umlageverfahren aufgebracht. Aus letzterem ergeben sich Renten (im Westen) von etwa  1.100 Euro und im Osten noch niedrigere Zahlbeträge an Rentner von circa 800 Euro.

Zweitens: Das den Steuerzahler teuer zu stehende Zusammenwirken von Bürgergeld und Beamtenbesoldung hat zur unmittelbaren Folge, die Höhe des Bürgergeldes infrage zu stellen, bei der eine vierköpfige Familie inklusive Wohn- und Heizkostenzuschüssen rund 3.000 Euro zusteht. 

Dominoeffekt auf weitere Besoldungsgruppen?

Dieser Geldsegen winkt aber nicht nur den unteren Besoldungsgruppen, denen damit die 15 Prozent „Sicherheitsabstand“ zur Grundsicherung gewährleistet wird, was übrigens in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020 fixiert wurde. 

Wenn in den unteren Besoldungsgruppen der Abstand zu den Bürgergeldlern wieder hergestellt ist, schlägt sich das möglicherweise auf eine höhere Besoldung auch anderer Beamten-Gruppen nieder.  Denn auch die Lohnabstände der unterschiedlichen Besoldungsgruppen der Beamten untereinander sollen gewahrt bleiben, so will es das Gesetz.

Aufwärtsspirale der Kosten per Gesetz

Bereits 2017 wurde in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgeschrieben, was „Bild“ wie folgt zusammenfasste: „Eine Verletzung des Mindestabstands zur sozialhilferechtlichen Grundsicherung in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen […] hat Auswirkungen auf alle höheren Besoldungsgruppen und auf alle Besoldungsordnungen.“ Nach dieser Gesetzeslage hätten letztlich nicht nur die Beamten in den niederen Besoldungsgruppen dank des Bürgergeldes eine Gehaltserhöhung zu erwarten.

Insgesamt gibt es 1,7 Millionen Beamte im Staatsdienst in Deutschland.



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