Bargeldabschaffung geht schleichend voran – Einzahlung bei hessischer Sparkasse nicht mehr möglich

Die Bargeldversorgung kostet deutsche Banken jährliche zwei Milliarden Euro. Scheine und Münzen sind bei Deutschen noch am beliebtesten, doch die Kartenzahler sind fast gleich auf.
In Zukunft nicht mehr gebraucht? Jüngere Menschen verzichten gerne auf Bargeld.
Bargeld ist zwar immer noch das beliebteste Zahlungsmittel in Deutschland, doch erschweren Banken den Zugang zunehmend.Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa
Von 1. November 2023

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Der Deutschen liebstes Zahlungsmittel ist zwar immer noch das Bargeld, doch ist es in immer wenigen Banken zu bekommen. Nun kann man in der Filiale einer Sparkasse in der kleinen Gemeinde Niederdorfelden, unweit von Frankfurt am Main, auch kein Bargeld mehr einzahlen. Der Grund sei Personalmangel, schreibt die „Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zeitung“ (HNA).

44 Prozent zahlen am liebsten bar, 43 Prozent mit Karte

Das Marktforschungsinstitut Bonsai Research hat im August 2023 eine Studie veröffentlicht, der zufolge 44 Prozent der Befragten vorzugsweise bar bezahlen. Die Kartenzahlung ist mit 43 Prozent allerdings mittlerweile fast genauso beliebt. So ist die Bezahlung mit Bargeld zwar immer noch beliebt, doch sinkt die Zahl derer, die die Methode nutzen, wie alljährliche Studien der Deutschen Bundesbank zeigen.

Laut einer Analyse der Unternehmensberatung McKinsey & Company kostet die Entgegennahme von Bargeld die Banken und Sparkassen in Deutschland jährlich knapp zwei Milliarden Euro. Die eingangs genannte Sparkasse im hessischen Niederdorfelden will daher kein Bargeld mehr entgegennehmen. Die zuständige Sparkasse Hanau bestätigte, dass kein Bares mehr auf ihre Konten eingezahlt werden könne. Das Geldinstitut begründete dies mit „einer geringen Personalausstattung, durch die dort keine Kasse für Ein- und Auszahlungen vorhanden ist“.

Supermärkte als Alternative für Bargeldabhebung

Die Raiffeisenbank Hochtaunus (Hessen) sorgte laut HNA bereits im vergangenen Jahr für Aufsehen. Seit Dezember 2022 war es „nicht mehr möglich, Ein- und Auszahlungen in den Filialen zu tätigen“. Nur kurze Zeit später stand fest: Die Bank schließt alle Filialen, nur die Hauptgeschäftsstelle bleibt geöffnet. „Wir haben den Betrieb der Filialen lange Zeit subventioniert, inzwischen ist die Nachfrage der Kunden allerdings so gering, dass wir uns im vergangenen Jahr dazu entschlossen haben, die Filialen mangels Nachfrage zu schließen“, ließ eine Sprecherin verlauten.

Alternativ sollten Kunden der Raiffeisenbank ihr Bargeld bei Supermärkten und Discountern wie Penny, Rewe und Co abheben.

Deutschlandweit schließen immer wieder Bankfilialen und Geldautomaten werden abgebaut, weil die Kunden ausbleiben. Laut der Raiffeisenbank Hochtaunus kamen im Schnitt nur noch zwei Kunden pro Stunde in die Filialen. Auch die Deutsche Bank kündigte 2022 bereits an, knapp 200 Postbank-Filialen im gesamten Bundesgebiet zu schließen. Die Commerzbank löste 2022 mehr als 200 Standorte auf.

Gemeinde wollte Geldautomat subventionieren

Dabei sind – aus Sicht der Bank – finanzielle Gründe nicht immer der Anlass für die Abschaffung von Bargeldquellen. Ein Beispiel dafür ist die südhessische 3.000-Seelen-Gemeinde Astheim. Der Ort im Landkreis Groß-Gerau ist komplett von der Bargeldversorgung abgeschnitten, berichtet die „Tagesschau“ auf ihrer Internetseite.

Bürgermeister Jochen Engel hat der örtlichen Kreissparkasse Groß-Gerau angeboten, mietfrei einen Geldautomaten am Bürgerhaus des Ortes aufzustellen. Zudem sollte es einen finanziellen Zuschuss aus der Gemeindekasse geben. Das Geldinstitut lehnte jedoch alle Offerten ab und schlug dem Rathauschef stattdessen vor, das angebotene Geld für Taxi-Gutscheine zur nächsten Filiale zu verwenden.

Zwar kletterten die Gewinne der Kreissparkasse Groß-Gerau im vergangenen Jahr auf mehr als 43 Millionen Euro, dennoch ist für die Bargeldversorgung kein Etat vorhanden. Die „Tagesschau“ stellte die Frage, ob sich Banken „in so großem Stil aus der Fläche zurückziehen dürfen“.

Banken und Sparkassen seien zwar angehalten, in der Fläche Bargeld und Bankdienstleistungen zur Verfügung zu stellen, erläutert der Finanzwissenschaftler Benjamin Born von der Frankfurt School of Finance. Es sei jedoch nicht vorgeschrieben, wie viele Filialen offen sein müssen. Man dürfe sich aber die Frage stellen, was dann noch die Bankdienstleistung am Kunden sei.

Bargeld ist Freiheit

Bargeld ermöglicht bis heute ein großes Stück Freiheit und Anonymität. „Mit der Abschaffung des Bargeldes ist einer starken Kontrolle des Ausgabeverhaltens der Menschen Tür und Tor geöffnet“, warnt Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank auf dem Portal „Kettner Edelmetalle“.

Noch ist Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel und glaubt man Verlautbarungen der Politik, soll dies auch so bleiben. Doch es könnte eine „Gebühr auf Bargeldzahlungen erhoben werden“, vermutet Halver. Dies würde die Menschen dazu animieren, beim „Cashless“ mitzumachen.

In Nigeria ist dies bereits der Fall. Dort hat die Zentralbank (CBN) eine Richtlinie für Bargeldabhebungen eingeführt, die eine Bearbeitungsgebühr vorsieht. Der Ansatz zielt darauf ab, die Menge an physischem Bargeld (Münzen und Banknoten), das in der Wirtschaft zirkuliert, zu verringern und mehr elektronische Transaktionen zu fördern.

In Dänemark nutzen nur noch zwölf Prozent Bares

In anderen Ländern ist die Abschaffung des Bargeldes bereits wesentlich weiter fortgeschritten, wie das Beispiel Dänemark zeigt. So gibt es zwar auch dort eine gesetzliche Regelung, die zur Annahme von Bargeld verpflichtet, doch nutzen nur noch etwa zwölf Prozent der Dänen Scheine und Münzen, wie „Arte“ berichtet.

Während Verbände – etwa für sehbehinderte Menschen – das langsame Verschwinden des Bargeldes kritisieren, sind Vertreter der Banken glücklich über diese Entwicklung. So habe es im Jahr 2022 in dem skandinavischen Land keinen einzigen Banküberfall mehr gegeben, sagt Michael Busk-Jepsen, Leiter der Digitalisierungsabteilung bei Finans Danmark in dem „Arte“-Beitrag. Das sei vor allem für die Mitarbeiter eine positive Entwicklung, bleibe ihnen doch die traumatische Erfahrung eines Überfalls erspart.

Kasper Skov-Mikkelsen von einem Verband von Sicherheitsunternehmen warnt hingegen vor dem kompletten Umstieg auf digitales Geld. Auf einen Cyberangriff sei Dänemark nicht vorbereitet. „Es gibt keinen Plan B“, sagt er. Wenn die Menschen von der finanziellen Versorgung plötzlich abgeschnitten seien und keine Lebensmittel mehr kaufen könnten, könne das sehr schnell zu sozialen Unruhen führen.

 

 

 

 



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