Bayern: EU-Verbotspolitik und Stromknappheit vertreiben Chemiekonzern aus Gendorf

Der Weggang des Chemiekonzerns Dyneon aus dem Chemiepark Gendorf in Bayern wird 680 Arbeitsplätze wegfallen lassen. Die Stadt Burgkirchen hätte einen spanischen Investor aufgetan, der zumindest einige gerettet hätte. Nun sagt dieser ab – wegen zu wenig Strom.
Der Stresstest soll feststellen, ob unter anderem die Versorgungssicherheit im Stromsektor unter verschärften Annahmen gewährleistet ist.
Die lokalen Versorger TenneT und Bayernwerk können Strom in dieser Größenordnung frühestens 2030 liefern.Foto: Daniel Karmann/dpa
Von 1. Januar 2024

Am 20. Dezember demonstrierten 700 Menschen in Bayerns Chemiepark Gendorf. Anlass war der Jahrestag der Ankündigung des US-Konzerns 3M, bis 2025 das dortige Dyneon-Werk zu schließen. Mittlerweile sind auch zwei Ansiedlungen geplatzt, um die sich Burgkirchens Bürgermeister Johann Krichenbauer als Teilersatz bemüht hatte. War es die Verbotspolitik der EU gewesen, die das Ende von Dyneon bedeutete, standen die Ansiedlungsinteressenten vor einem anderen Problem – der Knappheit von Strom.

Fluorpolymere für mindestens ein halbes Jahrhundert nicht verzichtbar

Vor einem Jahr hatte 3M die Schließung der Produktion von Fluorpolymeren in Burgkirchen verkündet. Hintergrund war das geplante Verbot von per- und polyfluorierten Chemikalien (PFAS) durch die EU. Die Stoffe gelten als umweltbelastend und potenziell gesundheitsgefährdend.

Allerdings werden sie als Vorprodukte für zahlreiche Bereiche gebraucht, etwa die Fotoindustrie, die Luftfahrt oder die galvanische Industrie. Auch bei der Herstellung von Computerchips und sogar Windrädern sei man darauf angewiesen.

Der Sprecher des Chemieparks Gendorf, Bernhard Langhammer, erklärte, eine moderne Industriegesellschaft sei „ohne Fluorpolymere heute nicht möglich“. In den nächsten 50 Jahren werde sich dies auch nicht ändern. Ein Wegfall der Produktion würde die Abhängigkeit von China verstärken.

Landkreis Altötting wollte Stiftung gründen, um 3M zu entlasten

Wie der „Bayerische Rundfunk“ (BR) berichtete, wollte der Landkreis Altötting sogar eine Stiftung gründen, um die Altlasten aus Böden und Wasser zu beseitigen. Vorbild war die Ruhrkohle AG Stiftung.

Auf diese Weise wollte man 3M noch zum Bleiben bewegen. Immerhin hatte er ein Restrisiko, in den USA auf Schadensersatz verklagt zu werden, sollte ein Teil der Verseuchung von 200 Quadratkilometern Böden im Landkreis auf deren PFAS-Herstellung zurückführen.

Der Konzern ließ sich jedoch nicht umstimmen. Mit der Schließung des Werks werden 680 Stellen ersatzlos wegfallen. Ein mögliches Verbot in der EU hätte der Produktion ohnehin die Grundlage entzogen.

Erst 2030 an die erforderliche Menge an Strom zu denken

Um den Schaden zu minimieren, hat sich Bürgermeister Krichenbauer um mögliche alternative Investoren bemüht. Der „Passauer Neuen Presse“ (PNP) zufolge gab es bereits konkrete Planungen für die Ansiedlung eines spanischen Konzerns. Dieser solle am Standort ein Großrechenzentrum einrichten. Auf diese Weise wären zumindest 250 weitere Arbeitsplätze entstanden.

Der Strombedarf für das Vorhaben war allerdings erheblich. Das Unternehmen gab an, es müsse eine Versorgung mit 50 Megawatt zwingend sichergestellt sein. Allerdings hatten die lokalen Versorger TenneT und Bayernwerk für Krichenbauer eine böse Überraschung: Sie können Strom in dieser Größenordnung frühestens 2030 liefern.

In dem genannten Jahr soll in der Nähe der Stadt eine neue 380-kV-Anlage in Betrieb gehen. Bis dahin hieß es aber, wie der Bürgermeister beklagte:

„Die spanische Firma kann nicht kommen, weil wir keinen Strom haben. Und das mitten im bayerischen Chemiedreieck, dem großen Hightech-Standort.“

„Keine überschüssigen Strommengen für eine Speicherung“

Gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium bemühte man sich noch um eine Ersatzlösung. Ein Schweizer Unternehmen, spezialisiert auf Großspeicheranlagen neben Umspannwerken, sollte einspringen. Immerhin befindet sich in unmittelbarer Nähe das bedeutende Umspannwerk Pirach.

Doch auch den Schweizern musste mitgeteilt werden, dass es derzeit „keine überschüssigen Strommengen für eine Speicherung“ gebe, wie Krichenbauer schilderte. Die Folge war eine erneute Absage. Und die Ansiedlungsambitionen der Spanier waren damit Geschichte.



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