Bundestagsabgeordneter Thomas Seitz verlässt die AfD unter Vorwürfen der „Günstlingswirtschaft“

Ein Monat nach einem chaotisch verlaufenen Landesparteitag in Baden-Württemberg hat MdB Thomas Seitz seinen Austritt aus der AfD erklärt. In einem Video nennt er die Gründe – und wirft der Partei eine Entwicklung in Richtung Günstlingswirtschaft vor.
Titelbild
Thomas Seitz (Archiv)Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 31. März 2024

Der 2017 erstmals über die Landesliste Baden-Württemberg in den Bundestag gewählte Abgeordnete Thomas Seitz hat die AfD verlassen. Dies hat er am Sonntag, 31. März, in einer Presseerklärung mitgeteilt. Mit seinem Parteiaustritt scheidet er automatisch aus der Fraktion aus, als deren rechtspolitischer Sprecher er seit 2021 fungiert hatte.

Seitz kündigte zudem an, das erst im Januar eröffnete „alternative Zentrum“ in Lahr schließen zu wollen. In diesem sollten unter anderem Schulungen kommunaler Funktionsträger stattfinden. In einem Video, das er anlässlich seines Austritts auf YouTube veröffentlicht hat, erhebt er gegen die Partei, vor allem aber gegen Bundessprecherin Alice Weidel, schwere Vorwürfe.

Außerordentlicher Landesparteitag

Auslöser für die Entscheidung ist ein chaotisch verlaufener Landesparteitag der AfD in Baden-Württemberg. Der außerordentliche Parteitag hatte am 24. und 25. Februar in Rottweil stattgefunden. Die Umstände, unter denen er durchgeführt wurde, lassen Zweifel an seiner Gültigkeit aufkommen, was bereits zu Anfechtungen geführt hat.

Im schlimmsten Fall drohen in Baden-Württemberg Zustände wie in Bremen. Dort haben gerichtliche Auseinandersetzungen zur Folge, dass es über mehr als zwei Jahre hinweg keinen unumstrittenen Landesvorstand gab. Die Folge war, dass die AfD wegen zweier konkurrierender Kandidatenlisten 2023 nicht zur Bürgerschaftswahl zugelassen wurde.

Satzungsgemäß muss ein Landesparteitag der AfD im Ländle als Mitgliederversammlung durchgeführt werden. Erst wenn die Mitgliederzahl 5.000 übersteigt, ist ein Delegiertenparteitag vorgesehen. Dieser Wert war jedoch im Vorfeld des Parteitages bisher nicht erreicht worden.

Auf Anfechtungen will Seitz verzichten

Als der Parteitag jedoch stattfinden sollte, hatte das Ordnungsamt 1.040 Personen zur Teilnahme zugelassen, zu denen jedoch auch Sicherheitspersonal, Presse, Funktionsträger und sonstige nicht stimmberechtigte Personen zählten. Als sich eine mögliche Überfüllung abzeichnete, verkündete ein Vorstandsmitglied das Ende des Parteitages.

In weiterer Folge wurde der Saal geräumt. Allerdings haben sich die Mitglieder nach Ausschluss von Gästen und Presse in weiterer Folge wieder in der Halle versammelt und den Parteitag durchgeführt. Die Protagonisten der Anfechtung erklären, es hätten bereits stimmberechtigte Mitglieder im Vertrauen auf das Ende der Veranstaltung den Heimweg angetreten – und die Möglichkeit nicht erhalten, an den Abstimmungen teilzunehmen. Die Verbandsspitze spricht hingegen von „schlechten Verlierern“.

Seitz hatte jedoch darauf verzichtet, sich den Anfechtungen anzuschließen. Er verweist auf die Mehrheitsverhältnisse, die sich durch eine Wiederholung nicht verändern würden. Das von Bundessprecherin Alice Weidel unterstützte Sprecherduo aus Emil Sänze und Markus Frohnmaier hatte drei Viertel der Stimmen auf sich vereinigt. Der als ihr Hauptgegner im Landesverband geltende MdB Dirk Spaniel hatte sich nicht zur Wahl gestellt.

Seitz spricht von „purem Ekel“ mit Blick auf die AfD

Das Ergebnis, so Seitz, spiegele eine Veränderung der Mitgliedschaft wider. Eine große Mehrheit verlange nach „Idolen, die man verherrlichen kann“. Demgegenüber gehörten „Integrität, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit […] nicht mehr zu den nachgefragten Werten der Partei“.

Die Mehrheit habe unkritisch alles abgenickt, was das von Weidel favorisierte Führungsduo vorgegeben habe. So seien unter anderem zwei von drei gewählten Rechnungsprüfern Mitarbeiter von Mitgliedern des Landesvorstandes – wodurch Untergebene ihre eigenen Chefs kontrollieren würden.

Seitz betrachtet das Ergebnis des Landesparteitags als Ausdruck einer „Entwicklung der Alternative für Deutschland hin zu einer Altpartei“. Der Parteitag habe den Landesverband einer „Beutegemeinschaft“ ausgeliefert. Der aus Lahr im Schwarzwald stammende Abgeordnete nahm es der Mehrheit in seinem Landesverband übel, trotz der Spendenaffäre an Weidel festgehalten zu haben.

Der Skandal habe die Partei 400.000 Euro an Strafzahlungen und eine nicht offenbarte, aber mutmaßlich ebenfalls sechsstellige Summe an Aufwendungen für Gerichte und Anwälte gekostet. Die Bundestagsfraktion hatte bereits zuvor Konsequenzen für Weidel abgelehnt. Seitz erklärte in seinem Austrittsvideo, er empfinde „puren Ekel“ für das, was aus der AfD geworden sei. Der Weidel-Clan, so Seitz, sei möglicherweise „schlimmer als der Habeck-Clan“.

Problemkreisverband innerhalb eines Problemlandesverbandes

Seinem Kreisverband Ortenau wünschte er hingegen noch das Beste für die bevorstehende Kommunalwahl. Dort sei noch „Platz für Idealisten“, hieß es in seiner Erklärung. Baden-Württemberg galt von Anbeginn an als Problemverband in der AfD. Macht- und Flügelkämpfe sowie persönliche Animositäten prägten das Verhältnis in Partei und Fraktion.

Der Kreisverband in der Ortenau, dem auch Seitz angehörte, gehörte dabei zu den auffälligsten. So fielen nicht nur Mitglieder wie der 2020 aus der Landtagsfraktion ausgeschlossene Stefan Räpple wiederholt durch extreme Äußerungen auf. Der Verband verweigerte auch dem damaligen Bundessprecher Jörg Meuthen 2019 die Wahl zum Delegierten.

Der ehemalige Staatsanwalt Seitz selbst wurde 2021 rechtskräftig aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Grund waren aggressive migrations- und islamfeindliche Äußerungen sowie Schmähungen der Justiz, durch die er gegen seine beamtenrechtliche Mäßigungspflicht verstoßen habe.



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