Corona-Politik: Rückt das Ende aller Maßnahmen näher?

Nachdem der Berliner Virologe Prof. Christian Drosten in einem Tagesspiegel-Interview das Ende der Pandemie erklärt hat, fordern auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und FDP-Vize Wolfgang Kubicki ein Ende aller Maßnahmen. Und sie sind nicht allein. Widerstand kommt von den Grünen, Schweigen aus dem Gesundheitsministerium.
Eine junge Frau sitzt in einer Straßenbahn der SSB in Stuttgart. Die digitale Gesundheitsministerkonferenz der Länder berät über die Zukunft der Maskenpflicht.
Noch immer herrscht in den meisten Bundesländern eine Maskenpflicht im ÖPNVFoto: Julian Rettig/dpa
Von 27. Dezember 2022

Mit Prof. Christian Drosten, dem Chefvirologen der Berliner Charité, hat nun auch ein Mann das Ende der „Pandemie“ erklärt, der noch bis vor wenigen Monaten als DAS mahnende Gesicht im „Team Vorsicht“ der medizinischen Wissenschaft hierzulande galt – und für manche immer noch gilt.

Aus dem Bundesgesundheitsministerium war dazu vorerst nichts zu vernehmen. Die jüngste Stellungnahme auf der offiziellen Webseite des Ministeriums gilt der Würdigung der Beschäftigten im Gesundheitswesen: Minister Karl Lauterbach hatte ihnen in einem vorweihnachtlichen Grußwort am 23. Dezember für ihre Arbeit gedankt. Auf seinem Twitter-Kanal empfahl Lauterbach am zweiten Weihnachtsfeiertag, einen der vielen einsamen Menschen zu kontaktieren, um Suiziden vorzubeugen. Am ersten Weihnachtsfeiertag hatte er das baldige Ende für „profitorientierte Ketten von Arztpraxen“ angekündigt. Das Gesundheitssystem brauche „weniger Gier“ und „mehr Menschlichkeit“.

Liberale für Ende aller Maßnahmen

Der Vize-Parteivorsitzende der FDP, Vize-Bundestagspräsident Wolfgang Kubicki, forderte angesichts der jüngsten Äußerungen Drostens aus verfassungsrechtlichen Gründen eine schnelle Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG): „Mit dieser Erklärung von Christian Drosten, auf dessen Expertise Karl Lauterbach immer gebaut hat, wird jeglicher Grundrechtseinschränkung zur Eindämmung des Coronavirus die Grundlage entzogen“, stellte Kubicki im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ fest. Die Ampel-Regierung müsse sich dafür „so schnell wie möglich“ treffen, forderte Kubicki. Auch in den Bundesländern seien die noch bestehenden Maßnahmen nicht mehr zu rechtfertigen.

Sein Parteikollege, Bundesjustizminister Marco Buschmann, erklärte auf Twitter: „Wir sind im endemischen Zustand. Als politische Konsequenz sollten wir die letzten #Corona-Schutzmaßnahmen beenden.“

René Domke, der Fraktionschef der FDP in Mecklenburg-Vorpommern, erneuerte am zweiten Weihnachtsfeiertag seine Forderung nach einem Ende der letzten Corona-Maßnahmen in seinem Bundesland: ÖPNV-Maskenpflicht und Isolationspflicht sollten gestrichen werden. Gesundheit solle wieder „ein Thema von Eigenverantwortung und Rücksichtnahme“ werden, „nicht mehr Thema staatlicher Anordnung“, so Domke nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

Mit Torsten Herbst, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, sprang ihm ein weiterer Liberaler zur Seite: „Seit dem Auftreten der Omikron-Variante ist die Gefährlichkeit der Infektionen erheblich zurückgegangen“, sagte Herbst im „Tagesspiegel“-Interview: „Wir werden uns daran gewöhnen, mit Covid-19 im Alltag zu leben.“ Herbst würde es allerdings genügen, wenn „spätestens im kommenden Frühjahr“ die letzten Maßnahmen, wie etwa die „Maskenpflicht in Verkehrsmitteln“, ein Ende hätte.

Dietmar Bartsch, der Fraktionschef der Linken im Bundestag, kommentierte einen „Welt“-Artikel, der auf Drostens Tagesspiegel-Interview verwies, auf Twitter mit den Worten: „Weihnachtsbotschaft vom Papst“.

Mahnende Stimmen

Nach Ansicht von Janosch Dahmen, dem gesundheitspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, wäre ein sofortiges Aus der Corona-Auflagen noch zu früh. Maske in Innenräumen, Händewaschen und regelmäßiges Lüften sollten noch bis ins Frühjahr beibehalten werden, empfahl Dahmen laut „Tagesschau“ dem „Tagesspiegel“. Dahmen räumte allerdings ein, dass „vieles dafür“ spreche, „dass sich das Coronavirus kaum noch“ verändere und „seine zurzeit noch starke Verbreitung mit dem Ende dieses Winters endlich deutlich zurückgehen“ werde.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) ist davon überzeugt, dass es die Impfung war, die „uns aus der Pandemie herausgeführt“ habe. Besser wäre gewesen, nicht nur eine „Impfpflicht für Pflegepersonal“, sondern „wie verabredet eine allgemeine Impfpflicht“ anzuordnen, sagte sie „t-online“. Sie habe Verständnis dafür, dass viele Menschen es als Fehler betrachtet hätten, dass es nicht zu einer allgemeinen Impfpflicht gekommen sei – auch wenn sie die Existenz von Impfschäden anerkenne. „Ich kann für mich und für alle, die in der Spitzenpolitik in dieser Phase Verantwortung trugen, sagen: Wir haben immer danach geschaut, was das Beste und das Sinnvollste für die Menschen ist“, so Göring-Eckardt.

Der Ärztekammerpräsident, Klaus Reinhardt, forderte zudem einen Wandel im Gesundheitssystem, dessen Zustand auf eine „verfehlte Gesundheitspolitik“ zurückgehe. Der „jahrzehntelange“ Fokus auf die Kostenreduzierung habe dazu geführt, dass Krankenhäuser und Arztpraxen personell und infrastrukturell nicht mehr genügend gerüstet seien, um „herausfordernde Infektionslagen“ zu bewältigen. Beim Infektionsschutz könne man nun zur Freiwilligkeit wechseln: Wer krank sei, solle zu Hause bleiben beziehungsweise „mit Umsicht und Nachsicht darüber nachdenken“, ob er sich in Menschenansammlungen begebe. Dieses Prinzip habe schon immer gegolten, sagte Reinhardt.

Drosten: „Die Pandemie ist vorbei“

„Wir erleben in diesem Winter die erste endemische Welle mit Sars-Cov-2, nach meiner Einschätzung ist damit die Pandemie vorbei“, hatte Prof. Christian Drosten in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ festgestellt. Er gehe davon aus, „dass das Virus im Sommer kaum noch durchkommen könne“, denn nach dem Winter werde die Immunität in der Bevölkerung ausreichend „breit und belastbar“ sein. Einen weiteren „Mutationssprung“ erwarte er nicht.

Die aktuell hoffnungsvoll stimmende Lage schrieb Drosten ähnlich wie Katrin Göring-Eckardt dem Erfolg der Impfkampagnen und den Kontaktbeschränkungen zu: „Es ging nie darum, die Pandemie aufzuhalten“, sagte Drosten. „Es war von Anfang an klar, dass das nicht möglich ist. Aber hätte man gar nichts gemacht, dann wäre man in Deutschland in den Wellen bis zu Delta auf eine Million Tote oder mehr gekommen. Also musste man Kontakte reduzieren.“

Drosten hatte sich bereits Ende November in einigen Punkten optimistisch gezeigt. Auf die Dynamik der Infektionswellen in diesem Jahr angesprochen, sagte er damals der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Sie ist das Zeichen für das kommende Ende der Pandemie.“

[Mit Informationen aus Agenturen]



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