Das Einheitsklo: All-Gender-Toiletten und die VDI-6000-Richtlinie

Frauen und Männer auf derselben Toilette, weil sich manche Männer wie Frauen fühlen und Probleme beim WC-Gang haben?
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Symbolbild.Foto: istockphoto/mrdoomits
Von 1. Juli 2023

Stellen Sie sich die vielleicht öffentlichen Klos der Zukunft vor: ein gemeinsamer Vorraum für alle Menschen, ohne geschlechtlichen Unterschied. Alle fühlen sich mehr oder weniger happy und man kann dann in die eigentlichen WC-Kabinen gehen. Tür an Tür. Mann, Frau – und auch alle, bei denen es einen Unterschied zwischen der psychischen Geschlechtswahrnehmung und dem physischen und damit angeborenen Körper gibt.

VDI 6000/7

Geregelt werden soll dies unter anderem durch die neue VDI-6000-Richtlinie Blatt 7, für die die Einspruchsfrist am 30. Juni abgelaufen ist. In dem Papier des seit 1856 bestehenden Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) geht es unter anderem um die Normung der neuen geschlechterunspezifischen Toiletten, sogenannter All-Gender-Toiletten, in öffentlichen Sanitäreinrichtungen.

Bei der Initiative „Geschlecht zählt“ heißt es dazu, dass im Unterschied zur bisherigen Regelung (VDI 3818) im Entwurf von Blatt 7 die „Anforderungen besonderer Personengruppen“ (mobilitätseingeschränkte Personen, Kinder, Personen anderer Kulturkreise) unter die neu geschaffene Überschrift „6 Universal-Design/Diversität“ eingeordnet seien.

Der fachliche Ansprechpartner des VDI, Dipl.-Phys. Thomas Wollstein, erklärt die Frage nach dem Warum von All-Gender-Toiletten so: „Mit dem Anti-Diskriminierungsgesetz (richtig: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)) wurde auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert und der dritte Personenstand ‚divers‘ eingeführt.“

Damit habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, „dass Menschen, die sich keinem der beiden klassischen Geschlechter ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ zuordnen möchten, deswegen nicht diskriminiert werden dürfen“, so Wollstein. Diskriminierung entstehe aber, wenn ein „Mensch mit der Zuordnung ‚d‘ keine Toilette findet, die man benutzen dürfte“.

Die Männerreihe mit dem Penis

Wie das aussehen könnte, stellt ein Autor/Autorin (?) des Berliner „Tagesspiegel“ in den Raum: „Sich auf der Toilette wohl und sicher fühlen? Immer noch nicht für alle Realität. Vor allem nicht, wenn cis Frauen Räume nur für sich beanspruchen, die trans Menschen Schutz bieten sollen.“ Es folgt die Schilderung einer eigenen Erfahrung: „Das Männerklo ist drüben“, habe eine Frau ihm/ihr gesagt, als sie ihn/sie im Spiegel vorbeigehen sah. „Aber ich habe mich nicht verirrt. Mehr zu erwidern als ein Augenrollen, habe ich keine Lust.“ Um sicherzugehen, habe die Person dann nochmal auf das Schild geschaut: „FLINTA*-Klo“ statt „Frauenklo“ habe da gestanden  – und erklärt: „Das Akronym steht für alle Menschen, die keine cis Männer sind: Frauen, Lesben, inter*, nicht-binäre, trans* und agender Personen. Ich falle da auch mit rein. Bei nicht-binär.“

Auch warum das Männer-Klo nicht geht, wird erklärt: „Abends in einer Kneipentoilette an einer Reihe cis Männer vorbeizugehen, die mit dem Penis in der Hand zusammen mit dem Urin sexistische Kommentare zu meinem Gang oder meiner Kleidung ablassen, ist für mich maximal unangenehm.“

USA: Gallup-Umfrage zur LGBT-Quote

Das amerikanische Meinungsforschungsinstitut Gallup ermittelte in einer Umfrage unter 12.000 Erwachsenen im Jahr 2021, dass sich 7,1 Prozent als LGBT und 86,3 Prozent als heterosexuell bezeichneten. Weitere 6,6 Prozent wollten nicht antworten. Aufgrund mangelnder Zahlen für Deutschland müsste diese Umfrage als Vergleich genügen.

Doch wie groß ist die Quote der vom m/w-Klo-Problem Betroffenen? Da sich bereits die große Mehrheit aufgrund ihrer Selbstwahrnehmung als nicht betroffen klassifizierte, bleiben die 7,1 Prozent LGBT noch zum Aufschlüsseln übrig. Da sich der LGB-Anteil (13,9 Prozent – 20,7 Prozent – 56,8 Prozent) auf die sexuelle Orientierung bezieht, bleiben noch die Transgender (10 Prozent) – und „andere“ (4,3 Prozent) übrig.

Da genau mit Transgender jene Personen gemeint sind, die sich nicht mit ihrem natürlich angeborenen Geschlecht identifizieren wollen/können, dürften diese die eigentliche Zielgruppe für VDI-6000-Einheitsklos sein. Die in der Umfrage angegebenen 10 Prozent innerhalb der LGBT-Gruppe entsprechen einem Anteil an der Gesamtbevölkerung der USA (Erwachsene) von 0,7 Prozent.

Die Tücken des Einheitsklos

Die Idee des VDI ist: Anstatt zu den bisher üblichen Toiletten, getrennt für Frauen und Männer, eine dritte Kabine für das sogenannte „dritte Geschlecht“ hinzubauen, die bisherigen Klos für alle gleichermaßen zu öffnen, inklusive der Vorräume. Um die nötige (Rest-)Privatsphäre zu gewährleisten, sollen dafür die Trennwände zwischen den Kabinen von Boden bis Decke gehen.

Damit wären allerdings auch die Möglichkeiten vorbei, die Frauen oder Männer in ihren getrennten WC-Bereichen, inklusive der ebenfalls nach Geschlecht getrennten Vorräume hatten. Vorbei die Möglichkeit der Damen, sich unbeobachtet einen verrutschten BH zurechtzurücken, sich umzuziehen, sich in aller Ruhe vor dem Spiegel zu schminken oder eine „Geschlechtskollegin“ um dringend benötigte Hygieneartikel zu bitten – ohne dass ein vielleicht vollbärtiger Mann davon während des möglicherweise ausgedehnten Händewaschens etwas davon mitbekommt.

Ertragen müssten die Frauen dann wohl auch die manchmal derben Männergespräche in den Vorräumen der Toiletten oder die möglicherweise lauten WC-Geräusche von manchen Männern. Unangenehm könnte auch das Aufeinandertreffen von männlichen und weiblichen Gerade-noch-WC-Nachbarn werden, weil die Kabinen während der Benutzung – erwartungsgemäß – nicht schalldicht sind.

Für die Männer würde es zumindest bedeuten, dass mit einem Einheitsklo die Möglichkeit des Pissoirs wegfällt – und damit der zeitliche Vorteil beim Auf-die-Toilette-Gehen, der sich oft in kürzeren Schlangen vor den Toiletten zeigt.

Gender Diversity – die Welt jenseits von Mann und Frau

Die News-Seite des VDI, „Ingenieur“, berichtete im August vergangenen Jahres zum Thema, dass „Genderneutralität und Diversität“ mit der „Neufassung der Richtlinienreihe VDI 6000“ nun auch in der Gebäudetechnik angekommen seien. Der Beitrag wurde vom seit 1924 existierenden Beuth Verlag verfasst, einem Tochterunternehmen des Deutschen Instituts für Normung e. V. (DIN).

Man bringt ein Beispiel, um den Lesern gedanklich auf die Sprünge zu helfen oder sie gewissermaßen durch ein Tor in eine andere Welt zu katapultieren: „Ein Mann im Körper einer Frau verspürt in der Pause der Theateraufführung ein dringendes Bedürfnis. (…) Wohin biegt er ab? Zu den Damen oder zu den Herren?“

Verflixte Verwirrung

Um keine Verwirrung zu hinterlassen, versucht man sich in einer Erklärung – und schafft neue Verwirrung: „Wie die Entscheidung auch ausfällt: Sie fühlt sich entweder falsch an oder wird Mutmaßungen provozieren.“

Doch woher weiß eine Frau, wie es sich anfühlt, ein Mann zu sein, um zu vermuten, dass sie ein Mann in einem Frauenkörper sei? Andersherum, warum vermutet die Person, sich männlich zu fühlen, obwohl sie einen weiblichen Körper hat?

Ohne weiter darauf einzugehen – oder die Verwirrung aufzulösen – erklärt man, dass Bauherren, Architektinnen und Fachleute der Technischen Gebäudeausrüstung zukünftig beim Planen von sanitären Anlagen bedenken müssten, „dass die Aufteilung in zwei Geschlechter der Vergangenheit angehört“. Das betreffe insbesondere Gebäude, in denen sich „viele, teilweise namentlich nicht bekannte Personen sanitäre Einrichtungen teilen“.

Vom Schulklo bis zum Firmen-WC

Weiter geht es auf sichererem Terrain: mit Richtlinien und Normen. So sei die VDI 6000 „klar und kompakt mit neuer Struktur“ aufbereitet worden. Weiter heißt es: „Die neuen Empfehlungen für Unisex-Toiletten und genderneutrale sanitäre Räume ergänzen die Blätter der Richtlinienreihe für nahezu alle Nutzungstypen: Schulen oder Bildungseinrichtungen für Erwachsene, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, Arbeitsstätten und Versammlungsorte.“ Ausgenommen seien lediglich Wohnungen und Hotelzimmer „aufgrund der hier vorherrschenden Privatsphäre“.

Angesichts der Problematik ergibt sich die durchaus verständliche und oft kommunizierte Sorge von Frauen, dass mit dem Einheitsklo die Schutzräume von Frauen und Mädchen verschwinden werden. Ob dieser enorme Eingriff in die Gesellschaft aufgrund der Gefühlslage einer doch recht geringen Quote an betroffenen Personen verantwortbar ist, bleibt die große Frage.



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