„Das schlechte Wahlergebnis ist bitter – die Verantwortung trage ich“

In einer selbstkritischen Rede hat CDU-Chef Armin Laschet Verantwortung für die historische Wahlniederlage der Union übernommen. Der gescheiterte Kanzlerkandidat beklagte aber auch Indiskretionen und einen Mangel an Geschlossenheit, was seinen Wahlkampf schwer belastet habe.
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Armin Laschet hält eine Rede beim Deutschlandtag der Jungen Union.Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images
Epoch Times16. Oktober 2021

Als Konsequenz aus der historischen Wahlniederlage hat CDU-Chef Armin Laschet den Unionsparteien eine Rückkehr zu Geschlossenheit und gegenseitigem Vertrauen empfohlen. „So wie der Zustand im Moment ist, kann es nicht weitergehen“, sagte Laschet am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. „Geschlossenheit im Wahlkampf, das war mal eine Stärke der Union, und das muss in Zukunft wieder die Stärke der Union werden“, sagte er.

„Diese Tugend, Zusammenstehen, das müssen wir wieder lernen, wenn wir in Zukunft Wahlen gewinnen wollen“, sagte der als Kanzlerkandidat gescheiterte CDU-Chef weiter. „Wir müssen wieder zusammenstehen.“ Dies sei eine wichtige Lehre aus dem Wahlkampf und dem schlechten Wahlergebnis.

Laschet schlug vor, dass die Unionsschwestern CDU und CSU sich auf ein Verfahren verständigen, wie künftig der gemeinsame Kanzlerkandidat gekürt werden soll. Für diese Kür könne etwa ein gemeinsames Gremium, ein „Unionsrat“, eingerichtet werden. Damit könne ein Machtkampf, wie er seiner eigenen Benennung als Kanzlerkandidat vorausgegangen war, verhindert werden.

Laschet erteilt Handy-Verbot

Verärgert zeigte sich Laschet über ständige Indiskretionen aus internen Sitzung der CDU-Spitzengremien, die eine vertrauliche Debatte unmöglich gemacht hätten. „Das war schon der Beginn einer Schwächung im Wahlkampf“, sagte er. „Das darf nicht mehr stattfinden.“

In den Sitzungen von Präsidium und Vorstand unter seiner Leitung gelte seit Kurzem ein Handy-Verbot, um Durchstechereien von Mitgliedern an Medien zu verhindern. „Solange ich CDU-Vorsitzender bin, gilt dieses Handyverbot – und ich würde jedem danach das Gleiche empfehlen“, sagte Laschet.

Das schlechte Ergebnis der Union bei der Bundestagswahl bezeichnete Laschet als „bitter“ – und er übernahm ausdrücklich die Verantwortung dafür. „Den Wahlkampf, die Kampagne, habe ich zu verantworten und sonst niemand“, sagte er. „Die Verantwortung für dieses Ergebnis, die trage ich als Vorsitzender und als Kanzlerkandidat.“

Spitze des Parteiapparats soll ausgewechselt werden

Laschet sprach sich dafür aus, in den neu zu wählenden CDU-Spitzengremien mehr junge Leute und mehr Frauen zu berücksichtigen. „Wir haben doch das Potenzial“, sagte er.

Die Forderung der Jungen Union nach einer Kür des neuen CDU-Chefs durch die Mitglieder bewertete Laschet zurückhaltend. Er sei zwar „nicht prinzipiell dagegen“, sagte er. Er glaube dennoch, dass die künftige Personalaufstellung der CDU „in Konsensgesprächen“ besser zu erreichen sei als durch eine Mitgliederbefragung.

Nicht nur die Gremien müssten neu aufgestellt werden, sagte Laschet, sondern auch die Spitze des Parteiapparats. Die CDU-Parteizentrale sei unter früheren Generalsekretären wie Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf eine „Denkfabrik“ gewesen, sagte Laschet. Dies müsse sie wieder werden – „das ist ein Wechsel, der jetzt erforderlich ist“.

Delegierte zollten Laschet Respekt

Die von manchen erwartete Abrechnung mit dem glücklosen Kandidaten blieb weitgehend aus: Viele Delegierte zollten Laschet Respekt dafür, dass er sich der Diskussion über die Wahlniederlage gestellt habe – anders als CSU-Chef Söder, der seinen Auftritt in Münster kurz zuvor abgesagt hatte.

Die Redebeiträge bei dem Treffen waren geprägt vom Wunsch nach einem Ende der internen Streitereien, nach einer schärferen inhaltlichen Profilierung und nach einem geordneten Verfahren für die künftige Kür der Kanzlerkandidaten von CDU und CSU.

Parteivize Jens Spahn beklagte „eine Zerrissenheit in der Partei, ein Klima des Misstrauens und eine Krise des Zusammenhalts“. Die CDU müsse innerparteilich eine „Kultur des Vertrauens“ aufbauen, sie müsse mehr inhaltliche Debatten führen und die Mitglieder besser an der Parteiarbeit beteiligen.

Er selbst wolle beim Wiederaufbau der Partei eine Rolle spielen: „Ich hab Lust darauf, diese neue CDU zu gestalten“, sagte der 41-jährige Spahn.

Laschet widerspricht Merz

Auch Söder forderte ein Ende der innerparteilichen Streitigkeiten. „Wir könnten mit einer Ampel-Regierung einen politischen Epochenwechsel erleben, deshalb ist es wichtig, dass CDU und CSU eine neue Geschlossenheit zeigen“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Söder hatte sich im April einen offenen Machtkampf mit Laschet um die Kanzlerkandidatur geliefert. Laschet kritisierte dies in Münster als „nicht hilfreich“ – und forderte die Einsetzung eines Gremiums aus CDU und CSU, dem künftig die Kür des Kandidaten obliegen soll. Spahn unterstützte dies: Es müsse „das letzte Mal gewesen sein“, dass auf diese Weise ein Kanzlerkandidat der Union bestimmt wurde.

Zum Auftakt des JU-Treffens am Freitagabend hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Friedrich Merz eine schonungslose Bestandsaufnahme der Lage geliefert. „Die Union ist mit diesem Wahlergebnis ein insolvenzgefährdeter schwerer politischer Sanierungsfall geworden“, sagte Merz.

Laschet widersprach dieser Einschätzung am Samstag ausdrücklich. „Ich teile nicht die Formulierungen, die eher der Wirtschaft entliehen sind, dass wir nun ein totaler Sanierungsfall sind“, sagte Laschet. Die CDU habe ein „gutes Programm“. (afp/oz)



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