„Der Fachkräftemangel in der Intensivpflege hat spürbar zugenommen“

7.900 fehlende Intensivpflegekräfte, 14.400 weitere leere Stellen in Allgemeinkrankenhäusern. Das Krankenhaus-Barometer lässt keinen Zweifel, dass die marode Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre ein Grund für die aktuelle Schieflage in den Kliniken ist. 
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Ein Hospital.Foto: iStock
Epoch Times2. Januar 2022

In der Zeit von Ende Mai bis Ende Juli 2021 wurde eine schriftliche Befragung von zugelassenen Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten in Deutschland durchgeführt. Dabei kam auch das Thema Fachkräftemangel in der Pflege nicht zu kurz. Nun liegen die Ergebnisse des sogenannten Krankenhaus-Barometers, veröffentlicht vom Deutschen Krankenhausinstitut (DIK), vor. Das Institut wird von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und weiteren Klinik-Verbänden getragen.

Laut Bericht können mangels geeigneter Bewerber offene Stellen kurzfristig nicht besetzt werden und bleiben vakant. Im Frühjahr 2021 hatten 84 Prozent der Krankenhäuser Probleme, offene Pflegestellen auf Allgemeinstationen zu besetzen. Mit steigender Krankenhausgröße nimmt der Anteil der betroffenen Häuser merklich zu. Seit 2011 haben die Probleme, offene Stellen im Pflegedienst der Allgemeinstationen zu besetzen, „dramatisch zugenommen“, heißt es in dem Bericht. Während im Jahr 2019 vier von fünf Kliniken Stellenbesetzungsprobleme hatten, war es 2016 etwa die Hälfte der Krankenhäuser. Im Jahr 2011 lag der Anteil bei etwa 37 Prozent.

Laut Umfragen konnten die betroffenen Krankenhäuser im Mittel rund 16 Vollkraftstellen nicht besetzen, was einen Anstieg um das Zweieinhalbfache im Vergleich zum Jahr 2016 (6,6 Vollkräfte) bedeutet. Hochgerechnet auf die Grundgesamtheit der Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten blieben bundesweit rund 14.400 Vollkraftstellen im Pflegedienst der Allgemeinstationen unbesetzt; 2016 waren es rund 3.900 unbesetzte Pflegestellen.

 7.900 Vollkraftstellen in Intensivpflege unbesetzt

„Der Fachkräftemangel in der Intensivpflege hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen“, heißt es von den Autoren des Krankenhaus-Barometers weiter. Mittlerweile können rund vier von fünf Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten offene Stellen in der Intensivpflege nicht besetzen. Mit steigender Krankenhausgröße nimmt der Anteil der betroffenen Kliniken weiter zu. Gegenüber 2019 zeigt sich im Jahr 2021 eine Stagnation des Anstiegs des Fachkräftemangels auf Intensivstationen „auf hohem Niveau“.

Im Mittel konnten in den betroffenen Krankenhäusern rund neun Vollkraftstellen in der Intensivpflege nicht besetzt werden. Hochgerechnet auf die Grundgesamtheit der Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten mit Intensivstationen blieben bundesweit rund 7.900 Vollkraftstellen in der Intensivpflege unbesetzt, was einem Anstieg seit 2016 um 150 Prozent entspricht.

Über Personalagenturen greifen die Krankenhäuser auf Honorar- oder Zeitarbeitskräfte zurück. 45 Prozent der Kliniken haben solche in der Pflege auf Allgemeinstationen eingesetzt, im Bereich der Intensivpflege waren es 48 Prozent.

Befragt nach der zukünftigen Entwicklung der zahlenmäßigen Stellensituation im Pflegebereich sehen die Krankenhäuser eher schwarz: 54 Prozent der Kliniken prognostizieren eine Verschlechterung der Stellensituation in den nächsten drei Jahren auf den Allgemeinstationen. Jede vierte Einrichtung spricht von einer deutlichen Verschlechterung.

„Der Pflegepersonalmangel ist das drängendste Problem der Gesundheitspolitik. Er muss nach ganz oben auf die politische Tagesordnung“, sagte DKG-Chef Gerald Gaß. Er forderte von der Ampel-Regierung die kurzfristige Umsetzung von Gegenmaßnahmen, die im Koalitionsvertrag angekündigt wurden.

Laut Koalitionsvertrag wollen SPD, Grüne und FDP unter anderem eine Milliarde Euro an Pflegekräfte auf Intensivstationen und in Seniorenheimen als Anerkennung für „herausragende Leistung“ zahlen. Es heißt: „Dazu werden wir die Steuerfreiheit des Pflegebonus auf 3.000 Euro anheben.“

Dabei sei umstritten, ob eine Prämie überhaupt der richtige Weg ist, um die Pflegekräfte zu belohnen. „Der Pflegebonus ist nett gemeint, aber völlig unzureichend“, sagte Christine Vogler, die Präsidentin des Deutschen Pflegerats. „Das ist nicht mehr als das verschämte Zugeständnis, dass die Pflege zwar mehr Geld verdient, man aber nicht bereit ist, die Beschäftigten dauerhaft anständig zu bezahlen. Unsere Haltung ist ganz klar: Wir wollen keine Prämie, sondern vernünftige Löhne.“

Die personellen Engpässe könnten sich nach Einschätzung der Stiftung Patientenschutz zusätzlich durch die vom Bundestag beschlossene Impfpflicht für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen weiter zuspitzen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte ebenfalls vor einer Kündigungswelle gewarnt. (dpa/afp/sua)



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