Der paradoxe Herr Söder

Markus Söder könnte in eine paradoxe Situation kommen. Er könnte die CSU bei der Landtagswahl am 14. Oktober zu einem historisch schlechten Ergebnis führen - und davon profitieren.
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Markus Söder in einem Bierzelt in München.Foto: Andreas Gebert/Symbolbild/Getty Images
Epoch Times3. Oktober 2018

In jüngster Zeit spricht Markus Söder in seinen Reden von einer paradoxen Situation. Einerseits gehe es Deutschland gut wie nie, andererseits sei das Land gespalten wie nie. Söder könnte nun bald selbst in eine paradoxe Situation kommen. Er könnte die CSU bei der Landtagswahl am 14. Oktober zu einem historisch schlechten Ergebnis führen – und davon profitieren.

Der 51-Jährige amtiert erst seit einem guten halben Jahr als Ministerpräsident, Mitte März war seine Wahl. Damals lagen die Umfragewerte der CSU noch bei 40 bis 42 Prozent. Inzwischen sind es Werte von nur noch um die 35 Prozent. Doch in der hypernervösen CSU gibt es bisher niemanden, der den Ministerpräsidenten für den Absturz verantwortlich macht. CSU-Chef Horst Seehofer wird wegen seines Agierens als Bundesinnenminister die Schuld gegeben.

Nicht auszuschließen also, dass Seehofer am Wahlabend zum Rücktritt gedrängt wird und ihm womöglich Söder auch in diesem Amt nachfolgen könnte. Denn dessen parteiinterne Stellung erscheint im Moment äußerst stark.

Seine Hausmacht hat sich der als Finanzminister für einen Sparkurs stehende Ministerpräsident dabei auch erkauft. Nach außen, in dem er den Bayern von einem Familiengeld bis zu einem Pflegegeld zusätzliche Sozialleistungen spendierte. Nach innen, indem er gut dotierte neue Posten für Regierungsbeauftragte schuf. Die Freien Wähler addierten die Zahl der Minister, Staatssekretäre und Regierungsbeauftragten und rechneten vor, dass unter Söder fast ein Viertel der CSU-Landtagsabgeordneten ein bezahltes Regierungsamt hat.

Söder selbst hatte seit seinem Einzug in den Landtag 1994 auch fast durchgehend zusätzliche Ämter, vom CSU-Generalsekretär über verschiedene Ministerposten. Eine Karriere, die ihm nicht in die Wiege gelegt wurde, wie er selbst sagt.

Söder kam am 5. Januar 1967 in Nürnberg zur Welt. Der Vater war selbstständiger Maurermeister, ein Patriarch. Für Wärme schien in der Familie die Mutter zuständig, sie erzog ihn auch im evangelischen Glauben.

Der Franke nennt sich heute „begeisterter Christ“. Als er allerdings kurz nach seiner Wahl per Erlass das Aufhängen von Kreuzen in allen bayerischen Amtsstuben anordnete, kritisierten ihn auch viele aus den Kirchen. Zu offensichtlich war, dass Söder das Kreuz für Wahlkampfzwecke instrumentalisierte.

Manchen dürfte das als Beleg für den Mangel an Empathie sehen, den sie Söder vorwerfen. Söder bestreitet diese Zuschreibung. Aber alle Umfragen seit seiner Wahl zeigen, dass der Einserabiturient und promovierte Jurist im Vergleich mit seinen Vorgängern nur wenig Sympathie genießt.

Das erklärt vielleicht auch den Wandel, den der schon seit längerer Zeit von PR-Profis als Beratern umgebene Söder seinem Image zu geben versucht. Der Scharfmacher mit dem Hang zur Attacke gibt mittlerweile demonstrativ den Landesvater.

Schon in seiner ersten Rede nach seiner Wahl machte er das väterliche „Machen und Kümmern“ zu seinem Motto. Dass dieser Imagewechsel noch nicht so ganz beim Volk angekommen ist, liegt allerdings auch an Söder selbst. Denn gerade in den ersten Monaten drang noch zu oft der bissige Söder nach draußen.

Im Flüchtlingsstreit mit der Schwesterpartei CDU lieferte Söder dabei mit dem Begriff „Asyltourismus“ einen Negativhöhepunkt. Söder verteidigte den eher von Rechtspopulisten zu erwartenden Begriff zunächst gegen Kritik – um dann am Ende vor dem bayerischen Landtag eine Kehrtwende zu vollziehen. Das Wort werde er nie wieder benutzen, versprach Söder.

In Vergessenheit ist das Wort allerdings noch nicht. So werden in die Wahlanalyse nach dem 14. Oktober viele Dinge einfließen. Aber selbst wenn die CSU die derzeit prognostizierte historische Pleite kassieren sollte, scheint ein Rücktritt Söders unwahrscheinlich – in der Tat paradoxe Zeiten. (afp)



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