Deutscher IS-Aussteiger: „Dieser Weg führt nicht ins Paradies“

"Menschlichkeit - das interessiert null im Islamischen Staat". Das sagt der IS-Aussteiger Harry S., der ein brutales syrisches Trainingscamp erlebte und daraufhin beschloss, nach Deutschland zurückzukehren. Radio Bremen interviewte ihn, der jetzt in Deutschland vor Gericht steht.
Titelbild
Harry S. in einem Propaganda-Film des IS.Foto: Radio Bremen
Epoch Times24. Juni 2016

Diese Woche begann in Hamburg der erste Prozess gegen den in Bremen geborenen Harry S. – einem ehemaligen Anhänger der Terror-Miliz Islamischer Staat. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in der Terror-Organisation in Syrien, sowie Verstöße gegen Waffengesetze und das Kriegswaffenkontrollgesetz vor.

Der 27-jährige Angeklagte zeigt sich geständig und berichtete den Behörden schon vor Verhandlungsbeginn ausführlich über seine Geschichte, wie er letztendlich beim IS in Syrien landete und warum er wieder nach Deutschland zurückkehrte. 

Von behüteter Kindheit zum IS 

Harrys Eltern stammten aus Ghana und waren beide strenggläubige Christen. Die Mutter wanderte 1985 nach Deutschland ein, ließ sich aber von Harrys Vater scheiden. Das Kind wuchs im Bremer Problemviertel Osterholz-Tenever auf. Harry wurde katholisch getauft, besuchte eine katholische Grundschule und später eine katholische Privatschule.

Doch Harrys Stiefvater war nicht der beste Umgang für den Heranwachsenden. Er wurde verhaftet, wodurch Harry auf die schiefe Bahn geriet. Nach seinen ersten Gaunereien wusste sich die Mutter nicht mehr zu helfen und wanderte mit der Familie nach London aus. "Es war sehr schwer, dort Fuß zu fassen", sagt Harry S.

In London besuchte er die Universität, wo er viele Muslime kennenlernte. Harry war fasziniert von deren Glauben und ihrer Gemeinschaft. Mit 20 Jahren konvertierte er zum Islam, was die strenggläubige Mutter nicht akzeptieren konnte. Sie warf ihn aus dem Haus. Daraufhin fand er Unterschlupf in einer Moscheegemeinde und geriet in Kontakt mit der Londoner Salafistenszene. Als sein bester Freund im August 2010 bei einem Autounfall ums Leben kam, geriet Harrys Leben weiter aus den Fugen. 

Da für Harry die Perspektiven in London schlecht waren, kehrte er wieder nach Bremen zurück. Dort überredeten ihn Freunde bei einem Raubüberfall Schmiere zu stehen, wobei er erwischt wurde. Harry bekam zwei Jahre Bewährung und sollte den gestohlenen Betrag zurückzahlen. Doch er weigerte sich und ließ sich inhaftieren. "Zu dem Zeitpunkt war ich ein ganz normaler Muslim," so Harry S. In der JVA lernte er einen Islamisten kennen, der in langsam radikalisierte.

Nach seiner Haftentlassung dauerte es nicht lange und Harry fand sich in einem IS-Trainingscamp in Syrien wieder. Den Drill mitten in der Wüste nahe des syrischen Rakka bezeichnete er als "mörderisch". Die IS-Anhänger, darunter viele Europäer, durften kaum essen und trinken und auch nicht duschen. Sie mussten unter Beschuss marschieren, auf dem Boden robben und Kampftechniken erlernen, dazu kamen Ideologietests. 

"Dieser Weg führt nicht ins Paradies", so Harry. Selber wurde er bei seinen Einsätzen zwei Mal am Fuß verwundet, geschossen habe er in der ganzen Zeit aber nie, erklärte er dem Richter. 

Auch mit Radio-Bremen sprach Harry S. über seine Geschichte:
https://youtube.com/watch?v=FW1ruHMMWRw

Rückkehr nach Deutschland

Verletzt in einem syrischen Krankenhaus verlor Harry seine Illusionen über den Islamischen Staat. "Menschlichkeit – das interessiert null im Islamischen Staat", sagt der einstige Anhänger. 

Das Propagandavideo, für das er mit einer IS-Fahne posieren musste, habe ihn endgültig zum Umdenken gebracht. Das Video kursierte danach im Internet. Wenige Wochen nach den Aufnahmen sei er aus dem Gebiet des IS in die Türkei geflohen. 

Im Juli 2015 kehrte Harry. S nach Deutschland zurück. Am Bremer Flughafen wurde er festgenommen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Bis Ende Juli sind weitere Verhandlungstermine angesetzt. Harry S. droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.

Quelle: 

Deutscher IS-Kämpfer gibt schockierende Einblicke



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