DIW-Studie: LNG-Infrastrukturausbau nicht erforderlich – es droht keine Gasmangellage

Was Bürgerinitiativen, Verbände und Umweltorganisationen von Anfang an bezweifelt haben, bestätigt jetzt erneut eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Gleichzeitig hat es konkrete Empfehlungen an die Bundesregierung.
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Ein großer Frachter zum Transport von LNG. Dieses Jahr bezieht die EU besonders viel Flüssiggas aus Russland.Foto: iStock
Von 24. Februar 2024

In einer neuen Studie zu den LNG-Bauvorhaben der Bundesregierung kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erneut zu einem vernichtenden Ergebnis. „Der überdimensionierte LNG-Infrastrukturausbau ist nicht erforderlich, um eine potenzielle Gasmangellage zu vermeiden und sollte daher nicht weiterverfolgt werden.“

Eine Gasmangellage, mit der der beschleunigte Ausbau von Flüssigerdgas (LNG)-Infrastruktur seit dem Sommer 2022 gerechtfertigt werde, sei zu keinem Zeitpunkt eingetreten, heißt es weiter.

Eine Kombination „aus weiterhin rückläufiger Gasnachfrage, diversifiziertem Angebot und umfangreichen Speicherkapazitäten“ sorge laut DIW dafür, dass sich die Gasversorgung in Deutschland auch im Winter 2023/24 entspannt habe. Die Gaspreise seien auf dem Niveau vor Beginn des Ukraine-Krieges.

DIW: Nutzung schwimmender LNG-Terminals sollte neu bewertet werden

Das Wirtschaftsinstitut empfiehlt daher, die im LNG-Beschleunigungsgesetz angedachten Vorhabenstandorte auf den Prüfstand zu stellen und rät von der Entwicklung landseitiger LNG-Terminals ab.

Zudem sollte die Nutzung von schwimmenden Regasifizierungsanlagen (FSRU-Schiffe) neu bewertet werden. Mit Blick auf den Bau des LNG-Terminals im Hafen Mukran wollte man seine Analyse aktualisieren, begründet der in Berlin ansässige Verein seine Veröffentlichung.

Als LNG-Terminal sollen dort nach Plänen der Bundesregierung und der Betreiberfirma Deutsche ReGas zwei Regasifizierungsschiffe langfristig stationiert werden. Sie sollen das mit Schiffen angelieferte LNG nahe Naturschutzgebieten und in Nachbarschaft einer auf den Tourismus ausgerichteten Infrastruktur aus dem flüssigen Zustand wieder gasförmig machen.

Von dort aus soll dann jährlich im Vollbetrieb 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas eingespeist werden. Über eine bereits fertiggestellte 51 Kilometer lange Erdgasleitung auf dem Ostseegrund wird es dann bis nach Lubmin transportiert. Lubmin stellt einen wichtigen Knotenpunkt im deutschen Erdgasnetz dar. Hier sind die EUGAL (Europäische Gas-Anbindungsleitung), die NEL (Nordeuropäische Erdgas-Leitung), und die OPAL (Ostsee-Pipeline-Anbindungs-Leitung) miteinander verknüpft und verteilen das Gas im deutschen Netz weiter.

Mukraner LNG-Teminal für Wirtschaftsinstitut überflüssig

Doch dies alles wäre laut DIW-Studie überflüssig. „Etwaige Gasnetzengpässe in Deutschlands könnten kostengünstig und zeitnah durch Flussumkehr auf ehemals in Ost-West-Richtung betriebenen Verbindungsleitungen beseitigt werden, heißt es dort.

Der kostenintensive Aufbau fossiler Erdgasimportstrukturen auf Rügen erscheint daher weder „unbedingt notwendig“ noch kosteneffizient, so das Wirtschaftsinstitut.

„Der Standort Mukran wäre, selbst wenn er bereits zur Verfügung gestanden hätte, energiewirtschaftlich nicht zur Vermeidung einer Gasmangellage im Winter 2023/24 erforderlich gewesen.“

In Deutschland sind bereits drei LNG-Terminals in Betrieb. Es handelt sich dabei um schwimmende Terminals, wie sie auch für Mukran angedacht sind. Sie befinden sich in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein), Wilhelmshaven (Niedersachsen) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern).

Das schwimmende Terminal in Lubmin soll durch das Terminal in Mukran ersetzt werden. Zudem ist die Errichtung sieben weiterer Terminals teils schwimmend, teils stationär in Deutschland laut DIW geplant.

Blick auf den Hafen Mukran auf der Ostseeinsel Rügen.
Blick auf den Hafen Mukran auf der Ostseeinsel Rügen. Foto: Stefan Sauer/dpa

Keine reguläre Umweltprüfung notwendig

Trotz der stabilen Gasversorgungslage in Deutschland und den europäischen Nachbarn gelte noch immer die am 23. Juni 2022 ausgerufene Alarmstufe des Notfallplans Gas in Deutschland, so DIW. Aktuell liegt der Füllstand der deutschen Gasspeicher bei 71 Prozent. Damit liegt er etwa 22 Prozentpunkte über dem Mittel der Jahre 2017 bis 2021.

Gleichzeitig macht das Wirtschaftsforschungsinstitut auf ein grundlegendes Problem aufmerksam. Eine drohende Gasmangellage war die zentrale Begründung für das LNG-Beschleunigungsgesetz. „Reguläre Umweltprüfungen werden durch das Beschleunigungsgesetz außer Kraft gesetzt und Netzbaumaßnahmen priorisiert, die möglicherweise nicht den üblichen energie-, klima- und umweltpolitischen Ansprüchen genügen“, heißt es.

Thomas Kunstmann (65) von der Initiative Lebenswertes Rügen zeigt sich gegenüber Epoch Times wenig überrascht von dem Ergebnis der Studie. „Mich überrascht nicht, dass keine Gasmangellage besteht.“ Bürgerinitiativen, Verbände und Wirtschaftsforschungsinstitute würden das seit Monaten sagen. Was ihn enttäusche ist, dass weder die Bundesregierung noch die Landesregierung diese Ergebnisse berücksichtige.

Bürgerinitiative will Protest fortsetzen

Unabhängig von der Fertigstellung des LNG-Terminals oder der Erteilung der Betriebserlaubnis will man weiter gegen das Projekt protestieren.

„Denn die Probleme hören ja nicht mit dem Abschluss der Bauarbeiten auf, sondern dann gehe einiges ja erst los.“ Damit spielt Kunstmann auf den Betrieb des LNG-Terminals und der zwei Regasifizierungsschiffe samt Transport des Erdgases durch die Leitung ein.

„Der Betrieb dieses LNG-Terminals wird Beeinträchtigungen haben für die Anwohner, ob durch Lärm oder Emissionen.“ Fragen des Katastrophenschutzes seien nicht vollständig geklärt. Zudem werde es Belastungen für die Ostsee, für ein sensibles Ökosystem geben, so Kunstmann. „Daher wird der Protest auch, wenn der Betrieb beginnt, nicht einfach enden.“

 



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