Drohende Erschütterungen in der CDU: AfD wäre für „konservative Mehrheit“ offen

Die CDU blickt angespannt auf die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Eine Frage ist, ob sich die CDUler von Sachsen-Anhalt an die Vorgabe halten, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Welche Koalitionen bei einem Sieg der AfD entstehen, ist fraglich.
Epoch Times3. Juni 2021

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff lehnt ebenso wie Armin Laschet eine Öffnung der CDU zur AfD klar ab. Die Umfragewerte für die AfD erreichen in den östlichen Flächenländern meist um die 20 Prozent.

Liegt die AfD in Sachsen-Anhalt jedoch am Sonntag trotz aller Warnungen der CDU-Granden in Magdeburg und Berlin vor den wirtschaftlichen Folgen für das Land vorn, dürften die Erschütterungen auch in der CDU-Zentrale zu spüren sein. Das Signal wäre wohl für Armin Laschet verheerend, wenn selbst ein im Land so beliebter Ministerpräsident wie Reiner Haseloff die AfD nicht auf Distanz halten könnte.

Zudem gilt Laschets Konkurrent im Kampf um den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, in den östlichen Bundesländern als Liebling der Konservativen. Haseloff plädierte als Kanzlerkandidat für Markus Söder.

CDU-Strategen fürchten, man werde den Grünen und der SPD im Bund monatelang Wahlkampfmunition liefern, wenn sich die Landes-CDU nicht an die Vorgaben ihrer Spitze halte, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten.

AfD wäre für „konservative Mehrheit“ offen und bereit

Aus demselben Grund glaubt auch die AfD in Sachsen-Anhalt nicht wirklich an eine Zusammenarbeit mit den Konservativen. Die CDU-Führung werde so kurz vor der Bundestagswahl jede Annäherung an die AfD im Keim ersticken, glaubt AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner. Dabei ist er für eine Zusammenarbeit mit der CDU offen, spricht gern von einer „konservativen Mehrheit“ aus AfD und CDU im Land.

Kirchner könnte sich vorstellen, eine CDU-Minderheitsregierung zu tolerieren. In keinem anderen Landtag werde die AfD so freundlich und kollegial behandelt, wie von der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt. „Da wird sich geduzt und auch mal ein Glas Wein getrunken“, sagt Kirchner. Man pflege einen guten Umgang.

Sowohl Haseloff als auch CDU-Landeschef Sven Schulze beteuern, wann immer sie auf das Verhältnis zur AfD angesprochen werden, dass es keine Zusammenarbeit geben werde.

„Abgrenzen statt ausgrenzen“

Ministerpräsident Haseloff sagt, die Basis stehe hinter seinem Kurs und verweist auf sein starkes Ergebnis bei der Nominierung zum Spitzenkandidaten von 95 Prozent.

Gleichzeitig vergab der Parteitag die Plätze drei und vier der Landesliste an die Landtagsabgeordneten Lars-Jörn Zimmer und Ulrich Thomas. Beide hatten 2019 in einer Denkschrift gefordert, Koalitionen mit der AfD nicht auszuschließen und „das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen“. Zimmer wiederholte nach der Wahl in Thüringen im Frühjahr 2020 seine Forderung, sich der AfD zu öffnen.

In der Fraktion seien die beiden mit ihrem damaligen Vorstoß aber „allein auf weiter Flur“ gewesen, sagt CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt. Die Fraktion stehe nach wie vor zu ihrem Beschluss, mit der AfD nicht zusammenzuarbeiten. Allerdings will Borgwardt die AfD auch nicht isolieren. „Abgrenzen statt ausgrenzen“ sei das Credo seiner Politik. Borgwardt ist, wie Haseloff, genervt von den ständigen Fragen nach der AfD.

Wie weiter in Sachsen-Anhalt: Kenia-Koalition oder Viererbündnis?

Reiner Haseloff erklärte, auch die anderen Parteien müssten der AfD Stimmen abnehmen, das könne nicht nur seine Aufgabe und die der CDU sein. Wie oft sich Haseloff dieser Frage noch stellen muss, hängt vor allem von seinem eigenen Ergebnis bei der Landtagswahl am Sonntag ab.

Umfragen deuten darauf hin, dass die CDU die Kenia-Koalition als stärkste Fraktion im neuen Landtag weiterführen kann. Mit der FDP käme demnach noch ein weiterer potenzieller Koalitionspartner hinzu. Eine Mehrheit für Haseloff ist also, notfalls im Viererbündnis, auch ohne AfD möglich und wahrscheinlich.

Sollte die AfD allerdings die Wahl gewinnen, könnte die unbequeme Frage nach einer Zusammenarbeit mit der AfD den Ministerpräsidenten und auch Armin Laschet durch den ganzen Wahlkampf begleiten.

Laschet: Werteunion sei „kein Teil der Union“

CDU-Chef Armin Laschet pocht auf eine klare Abgrenzung seiner Partei gegenüber der AfD und geht zugleich auf Distanz zur konservativen Werteunion. „Jede Annäherung an die AfD ist mit der CDU nicht zu machen. Wer das tut, kann die CDU verlassen“, sagte Laschet den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Donnerstag. Zur Werteunion sagte er, diese sei „kein Teil der Union“.

„Es ist eine Gruppe außerhalb der Partei, die auch nicht für den konservativen Teil der Union repräsentativ ist“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident. Die CDU-Spitze sieht sich seit Tagen Forderungen ausgesetzt, sich noch stärker von der Werteunion abzugrenzen. Mehrere CDU-Politiker verlangten einen Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen CDU und Werteunion wegen der Nähe des Vereins zur AfD.

Auslöser war die Wahl einer neuen Spitze der Gruppe. Der neue Chef der Werteunion, Max Otte, war von 2018 bis Anfang 2021 Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.

Laschet bezeichnete es in den Funke-Zeitungen als eine „Fehlannahme“, dass viele CDU-Anhänger zur AfD abwanderten. „Die AfD-Wähler kommen nicht überwiegend von der CDU, viele wandern aus Protest von ganz links nach ganz rechts“, sagte Laschet. In Nordrhein-Westfalen sei der Anteil an AfD-Wählern in CDU-Hochburgen am geringsten und im Ruhrgebiet als früherer SPD-Stammregion am höchsten. (dpa/afp/ks)



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