Ehemalige AfD-Stadträtin zieht drastischen Vergleich

Freia Lippold-Eggen, bisher AfD-Stadträtin in Bad Kissingen, hat die Partei verlassen. Ihr Kreisverband sei von „Rechtsextremen gekapert“ worden. Das sorgte bundesweit für Aufsehen. Die AfD selbst spricht von einer „Schmutzkampagne“.
Titelbild
Ein Informationsstand der „Jungen Alternative“ in Magdeburg am 29. Juli 2023.Foto: Jens Schlueter/Getty Images
Von 20. August 2023

Bad Kissingen ist ein beschauliches Städtchen in Bayern. 30 Stadträte vertreten die über 20.000 Einwohner in der Stadtvertretung. Eine Stadträtin hat in dieser Woche nun bundesweit für Wirbel gesorgt. Freia Lippold-Eggen saß bis vor Kurzem für die AfD im Stadtrat. In einem Interview mit der „Saale Zeitung“ erklärte die 68-Jährige ihren Austritt aus ihrer bisherigen Partei.

Die Begründung sorgte für bundesweites Aufsehen: Lippold-Eggen verglich das Auftreten der AfD mit dem der NSDAP im Jahr 1933. „Um an die Macht zu kommen, nutzen sie die Schwächen der Demokratie – jener Demokratie, die sie abschaffen wollen“, sagte die Kommunalpolitikerin. Und weiter: „Das funktioniert wie 1933, genau so wurde auch die NSDAP groß. Die AfD tut das ohne Anstand. Ich muss es so deutlich sagen, denn: Wer schweigt, stimmt zu.“

„Die träumen von der Machtübernahme“

Zu den Zielen der Partei befragt, sagt die Ex-AfD-Kommunalpolitikerin: „Die träumen von der Machtübernahme, zumindest aber vom Mitregieren.“ Der rechte Flügel nutze die Erschöpfung der Bevölkerung aus, die aus Frust heraus die AfD wähle. „Diese Menschen hoffen auf ein Heilsversprechen. Jedoch: Wenn die Rechten kommen, wird es noch schlimmer – die halten sich nicht an Rechtsstaatlichkeit.“

Lippold-Eggen spricht im Interview von einem AfD-Funktionär in ihrem Bezirksverband Unterfranken, in dem sie bisher stellvertretende Vorsitzende gewesen ist, der keine Ausländer mehr im Land haben wolle. „Er sieht eine ethnologisch saubere Gesellschaft durch Vermischung geschwächt. Das sind die Fantasien, die diese Menschen haben – sie machen Ausländer für ihr eigenes Unvermögen haftbar. Das ist die Marschrichtung der Rattenfänger, genauso wie 1933.“ Aus Sicht der früheren AfD-Funktionärin sei der „Rechtsruck“ in der AfD von langer Hand geplant. Zur Strategie gehöre die „Installation der Rechtsextremen in den Wahlkreisen“.

Von der „Saale Zeitung“ darauf angesprochen, ob die AfD verboten werden müsse, sagt die Politikerin: „Wenn das so weitergeht, bin ich dafür.“ Sie hofft, dass es noch „mehr Anständige“ gebe, die aus der Partei austreten. „Niemand braucht hinterher zu sagen: Ich habe von nichts gewusst.“

Nicht die Gesamtheit der Partei verurteilen

Die Ex-AfD’lerin möchte aber trotzdem nicht die Partei in ihrer Gesamtheit verurteilen. „Es gibt ja auch noch andere Mitglieder. Es heißt ja, die AfD sei in Teilen rechtsradikal — wobei die Junge Alternative gesichert rechtsradikal ist“, sagte sie.

Die Junge Alternative (JA) ist der Grund, warum Freia Lippold-Eggen die AfD nun verlassen hat. In einem Interview mit dem „Stern“ erzählt sie, dass ihr Kreisverband in Bad Kissingen von der JA unterwandert worden sei und „dadurch als Kreisverband entmachtet“ wurde. Ziel sei es wohl gewesen, möglichst in „allen Wahlkreisen einen ihrer radikalen Kandidaten zur bayrischen Landtagswahl aufstellen“ zu lassen, vermutet Lippold-Eggen.

Wahlaufstellung glich einem „Überfall“

Die Politikerin hatte nach der Aufstellung der Wahlliste bei der Wahlkreisleitung für Unterfranken einen Einspruch eingelegt und die Überprüfung der Liste gefordert. Damals wurde ein 21-jähriger Student, Daniel Halemba, als Direktkandidat des Wahlkreises Wahlkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld gewählt.

JA-Mitglied Halemba habe nur die Mehrheit erhalten, weil auf der Aufstellungsversammlung plötzlich vier JA-Mitglieder aufgetaucht seien, die wie Halemba auch Mitglied der Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg sind. Das plötzliche Auftauchen der Burschenschafter habe Freia Lippold-Eggen „quasi als Überfall“ erlebt.

Nach Ansicht der Ex-AfD-Politikerin seien die vier JA-Mitglieder auf der Versammlung nicht stimmberechtigt gewesen, haben aber die Stimmenmehrheit für Daniel Halemba erbracht.

AfD wirft Lippold-Eggen „Schmutzkampagne“ vor

Der Einspruch wurde im August vom zuständigen Wahlausschuss abgelehnt und der AfD-Wahlvorschlag zugelassen. Freia Lippold-Eggen hat nun mit ihrem Mann, Peter Eggen, der auch Stadtrat in Bad Kissingen ist, die Partei verlassen. Da beide ihre Mandate behalten, gibt es nun in Bad Kissingen keine AfD-Vertreter mehr im Stadtrat.

Der AfD-Bezirksvorsitzende in Unterfranken, Richard Graupner, wirft jetzt seiner ehemaligen Stellvertreterin eine „Schmutzkampagne“ vor. Lippold-Eggen habe die Partei aus Frust verlassen, da sie in einem anderen Wahlkreis für die Landtagswahl nominiert werden wollte. Das aber nicht gelang.

Die ehemalige AfD-Politikerin widerspricht der Darstellung Graupners im Interview mit dem „Stern“. Sie habe sich vom rechtsradikalen Flügel ihrer Ex-Partei bedroht gefühlt und sei deshalb, entgegen ihrer Ankündigung, doch nicht zur Wahl angetreten.

Fraia Lippold-Eggen war 2017 der AfD beigetreten und trat 2021 für die Partei im Wahlkreis Bad Kissingen für den Bundestag an. 2018 hatte sie auch schon für den Bayerischen Landtag kandidiert.

Bild mit Höcke auf Profil

Ein auf der Website des Portals „Abgeordnetenwatch“ veröffentlichtes Foto zeigt die AfD-Kandidatin neben dem thüringischen AfD-Fraktionschef, Björn Höcke, der vielen in und außerhalb der AfD als führender Kopf des radikalen Flügels in der Partei gilt.

Im „Stern“-Interview nun auf Höcke angesprochen, nennt sie auch den thüringischen AfD-Chef als einen Punkt, der sie zum Umdenken über ihre Partei bewegt habe. Damals sei Lippold-Eggen aus Kritik an der Euro-Politik unter Angela Merkel zur AfD gestoßen. „Und ich bin in der Partei geblieben, weil ich dachte, dieser Rechtsextremismus ist weit weg von uns, hier in Bad Kissingen. Aber wir haben diese Unterwanderung jetzt hautnah erlebt. Es ist eben nicht mehr weit weg.“

Auf einer Veranstaltung im Frühjahr in Erfurt habe Höcke dann auf der Bühne gesagt, dass er sich nach wie vor zur Jungen Alternative bekennt. „Da war für mich klar, dass er nicht missverstanden wird, sondern tatsächlich rechtsradikal ist“, so Lippold-Eggen.

Im April wurde die Junge Alternative vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Damit würde die AfD-Jugend weiter rechts eingestuft als ihre Mutterpartei. Die reichte im Juni Klage gegen die Einstufung der JA ein. Das Bundesamt stufte daraufhin die Jugend wieder als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ zurück.

Allerdings nicht, weil das Amt zu anderen Erkenntnissen als im April gelangt ist, sondern um mit einer sogenannten Stillhaltezusage dem Gericht eine sachgerechte Prüfung der Sach- und Rechtslage zu ermöglichen.

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