Patientinnen vergewaltigt: Bamberger Ex-Chefarzt zu knapp acht Jahren verurteilt

Wegen schwerer Vergewaltigung mehrerer Frauen ist ein früherer Chefarzt aus Bamberg schuldig gesprochen worden. Er hatte gehofft, nach der Untersuchungshaft freizukommen. Die Verteidigerin kündigt eine Revision an.
Titelbild
Der angeklagte ehemalige Chefarzt im Gerichtssaal des Oberlandesgerichtes in Bamberg. Dem Mann wird vorgeworfen, sich unter dem Vorwand einer medizinischen Studie an jungen Frauen vergangen zu haben.Foto: Nicolas Armer/dpa
Epoch Times18. Oktober 2016

In einem bundesweit beachteten Vergewaltigungsprozess hat das Landgericht Bamberg am Montag einen früheren Chefarzt des Klinikums der oberfränkischen Stadt zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Nach eineinhalbjähriger Prozessdauer sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Angeklagte Heinz W. sich im Klinikum an insgesamt zwölf jungen Frauen vergangen hat. Die Verteidigung kündigte an, auf jeden Fall in Revision zu gehen.

Das Landgericht Bamberg sah es als erwiesen an, dass der 51-Jährige zwölf Frauen – darunter auch Patientinnen – betäubt und damit willenlos gemacht hatte. Eine sexuelle Motivation liege auf der Hand, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt am Montag.

Der Angeklagte stand seit April 2015 vor Gericht. Ihm war vorgeworfen worden, zwischen 2008 und 2014 zwölf Frauen im Bamberger Klinikum missbraucht und einige mit Gegenständen oder einem Finger vergewaltigt zu haben. Zudem soll er die Patentochter seiner Frau heimlich gefilmt haben. Der frühere Chefarzt hatte zugegeben, die Bilder und Videos gemacht zu haben, ein sexuelles Motiv aber bestritten: Er habe neue Behandlungsmethoden gegen Beckenvenenthrombosen erproben wollen.

Von Höchststrafe abgesehen

Die Verteidigerin des Angeklagten hatte teils eine Bewährungsstrafe, teils Freispruch von fast allen Vorwürfen gefordert. Die Staatsanwaltschaft wollte die Höchststrafe, also 15 Jahre Haft, erreichen, zudem ein lebenslanges Berufsverbot.

Das Gericht sah die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den 51-Jährigen nach der Beweisaufnahme „ganz überwiegend“ als bestätigt an. Dass die Kammer dennoch unter der von der Anklage geforderten Höchststrafe von fünfzehn Jahren Haft blieb, begründete der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt damit, dass die Taten zum Teil rechtlich unterschiedlich bewertet wurden.

So bewertete das Gericht sechs der Fälle als schwere Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Andere Fälle wertete das Gericht als schwere sexuelle Nötigung, dazu kam eine Verletzung der Intimsphäre. Das Gericht entschied auch, dass W. ein fünfjähriges Berufsverbot erhält, das nach Haftentlassung in Kraft tritt.

Angeklagter unterbrach den Richter

Der Angeklagte unterbrach den Richter während der Urteilsbegründung, die öffentlich verlesen wurde, mehrmals. Die medizinische Indikation werde völlig außer Acht gelassen, rief der 51-Jährige. Daraufhin forderte der Staatsanwalt eine Geldstrafe, der Richter ermahnte den Mann jedoch lediglich. „Wir haben Sie lange reden lassen“, sagte Schmidt. „Sie werden sich jetzt beherrschen können.“

Noch vor der Urteilsverkündung hatte es eine Verzögerung gegeben. Die Verteidiger des Angeklagten hatten einen neuen Beweisantrag gestellt, und der Angeklagte hatte eine Erklärung abgegeben. Darin wiederholte er, was er mehrmals während des Prozesses beteuert hatte: dass er sich als Opfer „völlig absurder Vorwürfe“ sehe.

Verteidigerin: „Selbstverständlich geht W. in Revision“

W. hatte die Vorwürfe im Prozess durchgehend bestritten. Seine Verteidigerin Katharina Rausch sagte der Nachrichtenagentur AFP, „selbstverständlich“ gehe W. in Revision. „Sowohl sachlich als von der Begründung her ist das Urteil nicht nachvollziehbar.“

Der leitende Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb sagte, auch die Anklagebehörde werde eine Revision genau prüfen. „Momentan ist für mich das Strafmaß schwer nachzuvollziehen.“ Auch dass das Gericht nur ein fünfjähriges Berufsverbot verhängte statt des von der Anklage geforderten lebenslangen Verbots verstehe er nicht.

Dennoch wolle er vor einer Entscheidung über die Revision die Urteilsbegründung abwarten. Außer beim Strafmaß entspreche der Schuldspruch „im Wesentlichen“ den Forderungen der Anklage. Das Gericht habe aber wohl den tiefen Fall des anerkannten Mediziners berücksichtigt.

Eine Schlüsselfunktion bekam eine junge Medizinstudentin, die mit ihrer Anzeige erst den Fall ins Rollen gebracht hatte. Nach einer der angeblichen Untersuchungen durch den Arzt hatte die Frau sich über Schwindelgefühl und Erinnerungslücken gewundert. Ihr Vater, der selbst ein Arzt ist, entnahm ihr daraufhin eine Blutprobe, bei der das Betäubungsmittel nachgewiesen wurde.

Richter Schmidt bezeichnete die Hauptbelastungszeugin sowohl von ihren Aussagen als auch ihrem Verhalten als „absolut glaubhaft“. Versuche der Verteidigung, sie als „Betäubungsmitteljunkie“ darzustellen, seien völlig ungerechtfertigt. Es handele sich um eine im Leben stehende junge Frau, die auch keinen „Belastungseifer“ gezeigt habe. Der Richter sieht den Angeklagten auch durch die von dem Arzt während der Behandlung gemachten 18 Fotos sowie eines dreizehnminütigen Videos ihres Intimbereichs als überführt an.

Es sei nicht vorstellbar, dass die Frau dem dadurch dokumentierten vaginalen und analen Einführen von Sexspielzeug zugestimmt hätte, sagte der Richter. Als die Frau den Arzt wegen ihrer Erinnerungslücken um ein Protokoll der Untersuchung gebeten habe, habe er außerdem diese Bilder verschwiegen – dabei wäre es ein Leichtes gewesen, mit Hilfe der Bilder die Erinnerungslücken zu schließen, sagte der Richter. (dpa/afp)



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