„Genau das, was er wollte“: Debatte um Hitler-Geburtshaus als Polizeistation neu entfacht

Eine Dokumentation entflammt die Debatte um die Nutzung des Geburtshauses von NS-Diktator Adolf Hitler in Braunau von neuem. Das Gebäude soll zur Polizeistation werden. Dies wollen Kulturschaffende verhindern.
Titelbild
Das Geburtshaus von Adolf Hitler in Braunau.Foto: Matthias Roeder/Archiv/dpa
Von 22. August 2023

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Eigentlich sollte eine Nutzung des Geburtshauses von Nazi-Diktator Adolf Hitler als Polizeistation ein Signal an Ewiggestrige sein. Das Risiko für Provokateure, auf frischer Tat gestellt zu werden und mit Österreichs strengem NS-Verbotsgesetz Bekanntschaft zu machen, scheint damit zu steigen. In der Vergangenheit war das Geburtshaus mehrfach zu einer Art Wallfahrtsstätte für Alt- und Neonazis geworden.

Hitler-Geburtshaus schon 1939 als behördliche Einrichtung angedacht?

Nun jedoch regt sich erneut Widerstand gegen die geplante Nutzung. Anlass ist die Darstellung eines Dokumentarfilmers, wonach Hitler selbst sich eine „administrative Nutzung“ seines Geburtshauses gewünscht habe. Dies jedenfalls geht dem Dokumentarfilmer Günter Schwaiger zufolge aus einem Zeitungsartikel hervor.

Schwaigers Film „Wer hat Angst vor Braunau?“ wird am 1. September in 30 österreichischen Kinos anlaufen. Im Zuge der Recherchen zu der Produktion hatte der Historiker Florian Kotanko einen Artikel in der Zeitung „Neue Warte am Inn“ entdeckt. Darin sei diese Aussage dokumentiert.

Die aktuellen Pläne entsprächen im Prinzip damit den Wünschen des Diktators, erklärte der Filmemacher dazu am 21. August in Wien. „Genau das ist, was Hitler wollte“, so Schwaiger unter Berufung auf den Zeitungsartikel vom 10. Mai 1939.

Historiker zweifelt an Authentizität der Aussage

Der Historiker Oliver Rathkolb, Mitglied der Kommission zum Umgang mit dem Geburtshaus Hitlers, bezweifelte in der „Kronen Zeitung“ hingegen die Authentizität der Aussage:

Da es sich lediglich um eine Zeitungsmeldung handelt, ist nicht belegt, dass es diese angebliche Aussage Hitlers wirklich gab.“

Ein Vergleich gehe ohnehin völlig daneben, da die Polizei heute auf einer demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlage agiere. Das Innenministerium verwies auf Anfrage auf eine Stellungnahme vom Juli: Österreich stehe nicht allein dar, hieß es. „So beherbergt etwa eine ehemalige Wohnung Adolf Hitlers am Münchner Prinzregentenplatz bereits seit 1949 verschiedene Dienststellen der bayrischen Polizei.“

Erst 1989 gab es einen Gedenkstein

Bereits seit Jahren gibt es eine zum Teil heftig geführte Debatte über den Umgang mit dem Haus in der Salzburger Vorstadt von Braunau am Inn. Vor 1989 war man in der Geburtsstadt des Diktators vorwiegend darauf bedacht, so wenig wie möglich an die Vergangenheit des Hauses zu erinnern.

Nach dem Rückverkauf an die Gastwirte, in deren Eigentum es vor der touristischen Nutzung durch das NS-Regime gestanden hatte, erfolgten alltägliche Nutzungen des Gebäudes. Bis 2011 befand sich darin eine Tagesheimstätte der „Lebenshilfe“ für Menschen mit Behinderung.

Im Jahr des 100. Geburtstages des Massenmörders drohte das Hitler-Geburtshaus zum Aufmarschgebiet für Neonazis aus ganz Europa zu werden. Vor diesem Hintergrund wurde vor dem Gebäude erstmals ein Gedenkstein an die Opfer des Nationalsozialismus errichtet.

Innenministerium will um Hitler-Geburtshaus „keinen Gedenkraum schaffen“

Der Auszug der Lebenshilfe im Jahr 2011 brachte zusätzlichen Zündstoff. Nach schwierigen Verhandlungen mit der Eigentümerin enteignete die Republik Österreich das Gebäude. Mitte der 2010er-Jahre stand sogar dessen Abriss zur Debatte. Demgegenüber forderten Kulturschaffende und zeitgeschichtlich Interessierte, das Haus zur kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nutzbar zu machen.

Eine 2016 einberufene Expertenkommission sollte das Innenministerium bei der Lösungsfindung unterstützen. Im November 2019 fiel die Entscheidung, das Gebäude architektonisch umzugestalten und anschließend als Polizeistation zu nutzen. Aus dem Innenministerium hieß es, das Ziel sei, „keinen Gedenkraum zu schaffen, der an diese Geburt anknüpft“. Der 1989 angebrachte Gedenkstein soll in ein Museum kommen.

(Mit Material der dpa)



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