Grenzkontrollen als „uniformiertes Empfangskommitee“ – Beruhigungspille für die Bevölkerung?

Können stationäre Grenzkontrollen Deutschland tatsächlich vor dem Zustrom illegaler Migranten schützen?
Grenze ohne Grenzkontrollen
Ein Grenzschild der Bundesrepublik Deutschland.Foto: iStock
Von 6. September 2023

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Zur Eindämmung der illegalen Migration werden seit Monaten Forderungen an die Bundesregierung laut, stationäre Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen zu genehmigen und bei der Europäischen Union anzuzeigen. Während Polizeigewerkschafter über den Sinn oder Unsinn solcher Kontrollen diskutieren, scheint der Kern des Problems eher ein politischer zu sein.

Stationäre Kontrollen als Beruhigungspille

Das Bundesland Bayern hat seit der großen Migrationswelle vom Herbst 2015 in Richtung Österreich stationäre Kontrollen eingeführt. Nach einer entsprechenden Beantragung bei der Europäischen Union wurde damit die Bundespolizei in Bayern „de jure“ zu einer Grenzbehörde, wie der Vorsitzende der dem Deutschen Beamtenbund angegliederten DPolG Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, vor einigen Tagen in einem Statement erklärte.

Der Polizeibeamte von der Bundespolizei am Hamburger Flughafen machte darauf aufmerksam, dass nur eine zuständige Grenzbehörde „grenzpolizeiliche Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG)“ ausüben dürfe, wie etwa „die Zurückweisung und die Zurückschiebung“ durch die Grenzbehörde, in Bayern die Bundespolizei. Teggatz nannte eine Zahl: „An der bayerisch-österreichischen Grenze hat die Bundespolizei im Jahr 2022 in ca. 14.500 Fällen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.“

Andreas Roßkopf von der dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angegliederten Gewerkschaft der Polizei (GdP), Abteilung Bundespolizei/Zoll, hielt hingegen in einem Interview von stationären Grenzkontrollen „gar nichts“. Es erfordere viel Personal, das nicht vorhanden sei und eine „gewisse Infrastruktur“, die es nicht mehr gebe.

Die Bundespolizei sei dafür gar nicht ausgerüstet, so Roßkopf. Der Polizeigewerkschaftler verwies auf die dafür relevante und mehr als 2.400 Kilometer lange Grenze zu Tschechien, Polen, Österreich und der Schweiz. „Dort gibt es unzählige Wege, mittelgroße Straßen, Bundesstraßen und Autobahnen. Das alles müsste man kontrollieren.“

Dafür benötigte man „Ausfahrtbuchten, Verkehrstrichter, um den Verkehr zu verlangsamen, Geschwindigkeitsregelanlagen, wettergeschützte Kontrollstellen, Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten, Büro- und Gewahrsamsräume“, was alles nicht in ausreichendem Maße vorhanden sei.

Die stationären Grenzkontrollen in Bayern seien nur eine „schöne Bühnenveranstaltung, die dem Bürger Sicherheit suggerieren soll“.

Das Grauen der Schleuser: Schleierfahndung

Roßkopfs Angaben nach kontrolliere man in Bayern seit 2015 auch nur an vier oder fünf stationären Grenzübergängen. Mittlerweile wisse schon jeder, dass dort kontrolliert werde. Daher seien die Kontrollen unsinnig.

„Man muss dazu wissen, dass drei Viertel der Migranten geschleust werden“, erklärte der Bundespolizist gegenüber ntv. Die Schleuserbanden agierten „hochprofessionell“ und stellten sich „stundenweise“ auf Veränderungen bei den Kontrollen ein. Die Anzahl der dort aufgegriffenen Migranten ist nach Roßkopfs Angaben „sehr gering“ im Verhältnis zur „Zahl der Menschen, die zu uns kommen“.

Roßkopf hat einen anderen Favoriten. „Wir glauben, dass es mit modernen, flexiblen Kontrollen besser funktioniert.“ Dennoch lobte Roßkopf die Kollegen an der bayerischen Grenze. Die würden es genau richtig machen, „aber nicht wegen der stationären Grenzkontrollen, sondern wegen der Schleierfahndung hinter der Grenze“. Dort seien sie „unvorhersehbar“ mit Drohnenüberwachung, mobilen Büros und Containerunterkünften auf Rädern.

Um gegen die Schleuser besser vorgehen zu können, um ihre Banden zu zerschlagen, fordere man den Zusammenschluss von Landespolizeien, Landeskriminalämtern, Bundespolizei, Zoll und dem Bundeskriminalamt.

Der Kern des Problems

Der Bundespolizeibeamte macht jedoch noch auf ein ganz anderes Problem aufmerksam, weshalb auch weitere stationäre Grenzkontrollen nichts an der Situation ändern würden.

„Wenn ein Mensch an der Grenze ein Asylbegehren äußert, müssen wir dem nachgehen.“ Man könne nur in Ausnahmefällen zurückweisen, beispielsweise bei Einreisesperren. „Ansonsten müssen wir sie zur nächsten Ausländerbehörde im Inland weiterleiten. Nur die darf feststellen, ob das Asylbegehren berechtigt ist.“

Hier würde nach Roßkopfs Ansicht die Möglichkeit helfen, dass Asylanträge bereits im Herkunftsland gestellt werden müssten.

Auch Roßkopfs Kollege von der DPolG Bundespolizeigewerkschaft sieht in den Einschränkungen der Bundespolizei ein Problem. „Wenn Politik unsere Grenzen ernsthaft schützen möchte, braucht die Bundespolizei auch die Befugnis an der Grenze zurückweisen zu dürfen“, sagte Heiko Teggatz.

Verweigere die Politik diese Möglichkeit, fehle es an Ernsthaftigkeit. Dann werde sich die Situation in den Ländern und Kommunen weiter zuspitzen. Für Teggatz ist die Bundespolizei schlichtweg zu schade dafür, als „uniformiertes Empfangskomitee“ im Einsatz an der Grenze zu verkommen.



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