„Grobes Foulspiel“: SPD übt deutliche Kritik am Unionsbeschluss zur Asylpolitik

Die SPD nennt den Asylbeschluß ein "grobes Foulspiel". "Dieser Kompromiss ist doch eine leere Hülse, die dazu dienen soll, das tiefe Zerwürfnis der Unionsparteien jetzt bei der SPD abzuladen", sagte Vize-Parteichef Ralf Stegner
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Epoch Times3. Juli 2018

In der SPD wird erhebliche Kritik an der Unionseinigung zur Flüchtlingspolitik laut. „Dieser Kompromiss ist doch eine leere Hülse, die dazu dienen soll, das tiefe Zerwürfnis der Unionsparteien jetzt bei der SPD abzuladen“, sagte Vize-Parteichef Ralf Stegner der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. „Völlig kryptisch wurden da ein paar Sätze auf ein Schmierpapier gebracht, die mehr Fragen als Antworten liefern.“

Dem Unionskompromiss zufolge sollen Asylbewerber in bestimmten Fällen bereits an der Grenze zu Österreich zurückgewiesen werden. Vorgesehen sind zwei Szenarien: Die Einrichtung von „Transitzentren“ in Deutschland, aus denen heraus registrierte Asylbewerber nach kurzem Aufenthalt in die zuständigen EU-Länder abgeschoben werden sollen, und – als zweite Option – die direkte Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze.

Stegner kritisierte den Begriff „Transitzentrum“. Dieser sei ein „grobes Foulspiel“, davon sei im Koalitionsvertrag keine Rede. 2015 hatte die CSU als Reaktion auf den Zuzug hunderttausender Migranten die Einrichtung solcher Zonen gefordert, in denen die Asylanträge rasch geprüft werden sollen. Umgesetzt wurde die Idee allerdings nie. Einer der Gründe war der Widerstand des damaligen – und heutigen – Koalitionspartners SPD.

Es sei nicht fair, dass die SPD nicht einbezogen wurde

Mit dem Kompromiss legten die Unionsparteien einen erbitterten Streit zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) zunächst bei. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig kritisierte, dass die SPD nicht eingebunden gewesen sei. „Ich finde es nicht besonders fair von Frau Merkel, dass sie wochenlang mit Herrn Seehofer streitet, dann in einer Nacht- und Nebelaktion zu einer möglichen Einigung in der Union kommt und uns das dann präsentiert, ohne vorher zu beraten“, sagte Schwesig im NDR-Fernsehen.

Für sie bringe der Vorschlag der Unionsparteien „mehr Fragen als Antworten“, bemängelte Schwesig. „Die wollen wir geklärt haben. Dann wollen wir in Ruhe darüber beraten.“ Am Dienstagabend war eine Sitzung der Koalitionsspitzen im Kanzleramt angesetzt, um über das Thema zu beraten.

Der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ zufolge äußerte sich SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles in einer Sondersitzung der sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten am Dienstag ebenfalls kritisch über die Vereinbarung von CDU und CSU. Diese könne „nicht das Endprodukt“ sein, sagte Nahles, wie die beiden Zeitungen unter Berufung auf Teilnehmer berichteten.

Was die Union vorgelegt habe, sei kein durchdachtes Konzept und werfe viele Fragen auf, sagte sie demnach. „Ich bin nicht bereit, vor dem Hintergrund dieser europäischen Dimension mich auf so eine Pipi-Lösung einzulassen.“ Am Mittwochmorgen befassen sich die SPD-Abgeordneten abermals in einer Fraktionssondersitzung mit dem Thema.

SPD-Vize: „Geschlossene Lager lehnen wir ab“

SPD-Vize Natascha Kohnen hat dem Kompromissvorschlag der Union im Asylstreit eine klare Absage erteilt. „Geschlossene Lager lehnen wir ab“, sagte Kohnen, die auch bayerische Landeschefin ihrer Partei ist, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Natürlich sind wir bereit, sachliche Vorschläge auch in der Sache zu prüfen. Aber die SPD ist nicht verpflichtet, etwas einfach mitzutragen, damit die CSU ihre Propaganda-Hülsen bekommt“, sagte die Sozialdemokratin.

„Ich finde es wahnsinnig, dass die CSU wochenlang die Bundesregierung und Europa gefährdet und dann kommen die paar unverständlichen Sätze heraus“, so Kohnen weiter. Sie frage sich, was eigentlich die Begründung dafür sei, dass die CSU ihre bisherige Politik glaube verschärfen zu müssen, so Kohnen. „Die Asylzahlen sinken. Insofern betrachte ich das als einen Vorschlag der Union, bei dem quasi alle Fragen offen bleiben und die Beteiligten erstmal für Klarheit sorgen müssen.“

Die Spitzenkandidatin im bayerischen Landtagswahlkampf forderte mehr Humanität in der Migrationspolitik. „Ich will eine menschliche Flüchtlingspolitik! Wir dürfen nicht naiv sein, aber wir müssen auch morgens noch in den Spiegel schauen können“, sagt sie. „Ich will nicht, dass meine Tochter mich eines Tages fragt: Wo warst Du, als das Mittelmeer zum Massengrab wurde“, so Kohnen.

(afp/dts)



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