Grüne vor „Zerreißprobe“: Partei streitet über Sicherheit und Flüchtlingspolitik

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach sich nun dafür aus, Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Widerspruch erntete er dafür von den Parteichefs Simone Peter und Cem Özdemir.
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Cem ÖzdemirFoto: BERND THISSEN/AFP/Getty Images
Epoch Times4. Januar 2017

Bei den Grünen sind Kontroversen über die Sicherheit und den künftigen Kurs in der Flüchtlingspolitik entbrannt.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach sich in der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch dafür aus, Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Widerspruch erntete er dafür von den Parteichefs Simone Peter und Cem Özdemir.

Sollte die Bundesregierung einen Plan zu den sicheren Herkunftsstaaten vorlegen, werde sein Land zustimmen, sagte Kretschmann. Über das vom Bundestag beschlossene Gesetz zu den Maghreb-Staaten ist wegen des Widerstands der Grünen bislang noch nicht im Bundesrat abgestimmt worden.

Die „kriminelle Energie“, die von „Gruppierungen junger Männer aus diesen Staaten“ ausgehe, sei bedenklich und müsse mit aller Konsequenz bekämpft werden, sagte Kretschmann zur Begründung.

„Es gibt andere und bessere Instrumente“, sagte Peter der „Saarbrücker Zeitung (Donnerstagsausgabe) zu den sicheren Herkunftsstaaten. Özdemir sagte dem ZDF-„Morgenmagazin“, es nütze nichts, „wenn wir die sichere Herkunftsstaaten ausweiten, aber die Leute nicht aus dem Land bekommen“.

Das Instrument der sicheren Herkunftsstaaten ermögliche weder schnelle Abschiebungen, noch verhindere es die Begehung von Straftaten, erklärte der Abgeordnete Volker Beck. Daran ändere sich auch nichts, wenn ein CSU-Generalsekretär oder ein Ministerpräsident der Grünen das Gegenteil behaupte.

Kretschmann plädierte auch für eine Neuausrichtung der Sicherheitspolitik. „Wir werden uns der Debatte nicht verschließen, ob unser Land im Hinblick auf den neuen Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit richtig aufgestellt ist“, sagte er der „Bild“-Zeitung vom Mittwoch.

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer sagte der Zeitung: „Wenn die Leute glauben, dass wir da das Nötige verhindern würden, wenn wir mitregieren, dann ist die Wahl für uns verloren.“

Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt plädierte für eine „fachliche“ Debatte. „Weniger Symbol- und Aufgeregtheitsdebatten, die den nächsten Anschlag auch nicht verhindern“, sagte sie dem Blatt.

Die Debatte bei den Grünen war entbrannt, nachdem Peter den Kölner Polizeieinsatz von der Neujahrsnacht, bei dem die Polizei hunderte Nordafrikaner gestoppt und kontrolliert hatte, zunächst kritisiert hatte. Sie erntete dafür breiten Widerspruch.

Özdemir sagte am Mittwoch, er wisse genau, was „Ethnic Profiling“, also das Vorgehen der Polizei gegen Menschen aufgrund äußerer Merkmale, sei. Er sei früher oft im Zug „als einziger kontrolliert worden“, sagte der Politiker mit türkischen Wurzeln. Das, was in Köln passiert ist, sei aber nichts anderes als „bei jedem Fußballspiel, wenn Hooligans kontrolliert werden“.

Peter äußerte sich skeptisch zu dem Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), die Befugnisse des Verfassungsschutzes beim Bund zu konzentrieren. „Eine Neuordnung ja, aber die Konzentrierung des Verfassungsschutzes ist keine alleinige Lösung“, sagte sie der „Saarbrücker Zeitung.“ Özdemir hatte erklärt, die Grünen versperrten sich der Diskussion nicht.

Der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter sieht die Grünen wegen der Debatte um die Sicherheitspolitik und den Kölner Polizeieinsatz vor einer Zerreißprobe. „Die Grünen sind zwei Parteien in einer“, sagte Falter der „Bild“-Zeitung. (afp)



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