„Grundschulverbot“: dpa rudert nach überspitzter Headline zu Linnemann zurück

Indem die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in einer Überschrift suggeriert hatte, der stellvertretende Unions-Fraktionschef Carsten Linnemann hätte ein „Grundschulverbot“ für Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse gefordert, löste sie einen Shitstorm gegen den Politiker aus. „Welt“-Chefredakteur Poschardt beklagt ein „absurdes Klima der Spaltung und Vergiftung“.
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Linnemanns Vorschlag, Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen notfalls später einzuschulen, steht weiter in der Kritik. Arno BurgiFoto: Arno Burgi/dpa
Von 7. August 2019

In der Debatte um Äußerungen des stellvertretenden Unionsfraktionschefs Carsten Linnemann am Dienstag (6.8.) in der „Rheinischen Post“ hat sich die Deutsche Presse-Agentur (dpa) um Deeskalation bemüht.

Auf Twitter räumte dpa-Nachrichtenchef Froben Homburger ein, mit einer Überschrift, in der Linnemann die Forderung nach einem „Grundschulverbot“ für Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse in den Mund gelegt wurde, einen unzutreffenden Eindruck erweckt zu haben. In einem mehrteiligen Tweet Homburgers heißt es nun unter anderem:

„Die @dpa hat gestern eine Meldung und einen Tweet zu dem @rponline-Interview mit Unionsfraktionsvize Linnemann so betitelt: „CDU-Politiker: Grundschulverbot für Kinder, die kein Deutsch können“. Wir haben die Überschrift heute berichtigt und werden den Tweet in Kürze löschen. […]

Linnemann hat nicht von einem Grundschulverbot gesprochen. Wir haben mit dieser selbst gewählten Formulierung die Äußerungen über ein journalistisch zulässiges Maß hinaus zugespitzt und zudem den falschen Eindruck erweckt, es handle sich um ein Zitat. Das bedauern wir.“

dpa von fast allen deutschen Tageszeitungen genutzt

Der CDU-Politiker hatte erklärt, eine reguläre Einschulung schulpflichtiger Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse in die Grundschule für nicht angebracht zu halten. Stattdessen solle nach seiner Vorstellung eine Vorschulpflicht greifen – oder die Einschulung zurückgestellt werden. Wörtlich sagte Linnemann:

„Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen.“

Die dpa gilt als der bedeutendste deutschsprachige Nachrichtendienst mit einem jährlichen Umsatz von deutlich über 90 Millionen Euro und fast allen größeren deutschen Zeitungsverlagen als Basisdienstkunden. Der Agentur kommt dadurch eine bedeutende Funktion im Agenda Setting für deutschsprachige Medien zu – viele Publikationen übernehmen Texte sogar 1:1.

Die Schlagzeile vom angeblichen „Grundschulverbot“, das Linnemann gefordert haben soll, gab umgehend Anlass für einen regelrechten Shitstorm gegen den Politiker auf Twitter, der bis hinein in die eigene Partei reichte.

Von „Stimmenfang im rechten Sumpf“, „Rhetorik der Ausgrenzung“ oder „populistischem Unfug“ war die Rede. Linken-MdB Niema Movassar diagnostizierte „üblen Rechtspopulismus auf Kosten der Kleinsten“. Die Bundesintegrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz meinte gar, Linnemann stelle mit seinem Vorstoß die Schulpflicht infrage.

„Problem, das jeder kennt, der seine Kinder nicht im Villenviertel zur Schule bringt“

Nachdem das Originalzitat in seinem Gesamtzusammenhang die Runde machte und sich die dpa zu einer Richtigstellung veranlasst gesehen hatte, brach der Empörungssturm jäh in sich zusammen und fiel nun auf seine Urheber zurück.

In der „Welt“ übt Chefredakteur Ulf Poschardt scharfe Kritik an einem „absurden Klima der Spaltung und Vergiftung“, das zur Folge hatte, dass Linnemann „von den Moral-Eliten des Landes als Rechter vorgeführt“ worden sei.

Was er gesagt hat, sei harmlos gewesen. Allerdings: „Durch eine Zuspitzung der Interview-Passage durch die dpa wurde aus dem kühlen Befund über ein Problem, das jeder kennt, der seine Kinder nicht im Villenviertel zur Schule bringt, eine Art Skandal.“

Vom Deutschlandfunk bis hin zum „Arbeitskreis der Grünen in der Union“, wie Poschardt die Union der Mitte nennt, wären plötzlich „die üblichen Verdächtigen, deren naives Weltbild die Integration vor allem als Idylle skizziert“, bemüht gewesen, Linnemann, einem gemäßigten Mann der Mitte, „das schlimmste aller schlimmen Adjektive auf die Stirn zu kleben: rechts“.

„Warum? Weil er es gewagt hatte, eine Realität anzusprechen, die der Linksbourgeoisie ihr gutes Gefühl bei der Integration, der Feier von schlepperfreundlichen Schiffskapitäninnen und dem Ignorieren migrantischer Gewalt nimmt. Linnemann wurde als Störenfried stellvertretend für eine der eigenen Weltanschauung nicht passenden Realität der Prozess gemacht.“

Diskrepanz zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung

Das Gute sei, dass der bislang zurückhaltende Linnemann „zum ersten Mal zurückgeschlagen“ habe – und deutlich gemacht, dass „diese veröffentlichte Meinung nicht mehr übereinstimmt mit dem, was er an der Basis und in Dutzenden Gesprächen hört, in Schulen, Betrieben und auf den Marktplätzen“.

Der Twitter-Gerichtshof habe getagt und etwas anderes deutlich gemacht: „Nicht nur, was du sagst, ist gefährlich, wenn es den Moral-Eliten nicht passt, sondern auch das, was du gesagt haben könntest.“ Es sei, so Poschardt, „ein absurdes Klima der Spaltung und Vergiftung, mit der Folge, dass am Ende vor allem echte Rechtsradikale und Rassisten in die Parlamente einziehen“.

Mittlerweile wagen sich jedoch auch die ersten offenen Unterstützer Linnemanns aus der eigenen Partei aus der Reserve. Der Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch erklärte auf Facebook:

„Unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender, mein Freund Carsten Linnemann, ist fleißig im Wahlkreis unterwegs und nimmt das Gleiche wahr, wie ich: Grundschullehrer werden überfordert und die Bildungschancen unserer eigenen Kinder beeinträchtigt, wenn in der Klasse Schüler sitzen, die den Lehrer sprachlich nicht verstehen. Integrations- und Inklusionsideologen fallen im Gutmenschen-Eifer über ihn her. Die einen, weil sie – vom medialen Mainstream berieselt – nicht mehr die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen können oder wollen, die anderen, weil ihnen die fehlende Sprachkompetenz der ‚neu Hinzugekommenen‘ ihre gutbezahlten Jobs als Lotsen an den Trog des Wohlfahrtsstaates sichert. Als wir in Hessen nach Übernahme der Regierungsverantwortung vor bald 20 Jahren ausreichende Deutschkenntnisse als Voraussetzung für die Einschulung einforderten, erschallten Kritik- und Schmährufe von der gesamten politischen Linken von SED-Nachfolgern über Grüne bis zur SPD. Und natürlich GEW. Lass Dich vom Geschrei nicht irritieren, Carsten, Du hast völlig recht!“



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