Hafen-Deal und „Führer“-Besuch: Scholz‘ neue China-Politik

Olaf Scholz bringt China in den Hamburger Hafen und fährt zu „Führer“ Xi nach Peking zum Antrittsbesuch. Dieser hat gerade erst das komplette KP-Politbüro mit seinen Leuten übernommen.
Nach seinem Antrittsbesuch in Griechenland steht für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seine erste Reise nach China an.
Nach seinem Antrittsbesuch in Griechenland steht für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seine erste Reise nach China an.Foto: Soeren Stache/dpa
Von 1. November 2022

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Alle seien sich einig, dass China die große Herausforderung für Deutschlands Freiheit, Wohlstand und Sicherheit darstelle – größer noch als Russland. Dies schreibt das ZDF und verweist auf den geplanten Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz beim „Führer“ in China.

Man verweist auf die Versprechungen der Ampelparteien im Koalitionsvertrag für eine „umfassende China-Strategie in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen EU-China-Politik“. Doch die Wirklichkeit nach fast einem Jahr in der Regierung sei anders. Es gebe weder eine gemeinsame EU-China-Politik noch Einigkeit über Deutschlands China-Strategie.

Dass es in der Ampelregierung derzeit nicht zum Besten bestellt ist, zeigt auch der Streit um den geplanten Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco (vormals China Ocean Shipping Company) in die Infrastruktur des Hamburger Hafens. Cosco will einen bedeutenden Anteil der HHLA Container Terminal Tollerort GmbH erwerben. Diese betreibt für ihren Mutterkonzern Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) eines der vier Containerterminals.

Olaf Scholz plötzlich resolut

Der sonst eher zurückhaltend wirkende Olaf Scholz zeigte sich diesmal jedoch überraschend resolut und bestand auf die Umsetzung seines Kanzlerwunsches. Allerdings war die Kritik aus Politik und Gesellschaft recht laut und deutlich. Daher wurden die ursprünglich von China anvisierten 35 Prozent Beteiligung plus Mitspracherecht bei der Geschäftsführung und einem Geschäftsführerposten für die Chinesen abgewandelt.

Eine Minderheitsbeteiligung von 24,9 Prozent ohne Mitspracherecht – und schon nickte das Kabinett ab. Die involvierten Ministerien gaben ihre Bedenken zur chinesischen Beteiligung an dem Infrastrukturknotenpunkt zwar noch zu Protokoll, ließen ihre Gegenwehr dann aber doch noch fallen. Bei einer solchen Beteiligungsquote war ja auch keine Genehmigung durch das Wirtschaftsministerium nötig.

Peking begrüßte die Entscheidung der deutschen Regierung und auch im Bundeskanzleramt war man zufrieden, meldete die „Tagesschau“. Eine Scholz-Sprecherin erklärte, es gehe ja nicht um den Verkauf des Hafens, sondern „lediglich“ um die Beteiligung an einem einzelnen Terminal. Die Sprecherin versicherte auch, dass die Entscheidung keinerlei Zusammenhang mit der bevorstehenden China-Reise des Kanzlers habe.

Experte stellt Kanzler-Qualität von Scholz infrage

Professor Dr. Joachim Krause, Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, zeigte gegenüber dem „Merkur“ wenig Verständnis für die Kanzlerentscheidung: „Wir leben in einer ‚Zeitenwende‘, die Kanzler Scholz ja ganz richtig so benannt hat.“ Dazu gehöre auch, „dass wir uns aus strategischen Abhängigkeiten von Staaten wie Russland oder China befreien, die offensichtlich kriegerische Absichten verfolgen und die uns mit diesen Abhängigkeiten erpressen“.

Professor Krause verwies auch darauf, dass die Abhängigkeiten von China viel umfassender und tiefgreifender seien, als die von Russland und erinnerte: „Und wir merken derzeit, wie schmerzhaft es ist, sich von der Abhängigkeit von russischem Erdgas zu befreien.“ Der Experte für Sicherheitspolitik hob hervor, dass Chinas „Neue Seidenstraße“ Teil von Pekings Politik sei, die Welt neu zu ordnen, „nämlich im Sinne eines globalen chinesischen Vormachtanspruchs und des totalitären Anspruchs der Kommunistischen Partei Chinas“.

Der Experte äußert die Vermutung, dass „kurzfristige ökonomische Erwägungen, in diesem Fall für seine Heimatstadt Hamburg, den Ausschlag gegeben haben“. Krause vermisst hier jedoch eine „langfristige Perspektive“. Krauses Einschätzung: Das sei „kein guter Ausweis für seine Führungsqualität als Kanzler aller Deutschen“. Nach Ansicht des Sicherheits-Professors habe der Kanzler immer noch nicht verstanden, was „Zeitenwende“ bedeute.

Seidenstraßen-Deal in Hamburg

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher ist indes guter Dinge, wie der NDR berichtet: „Ich begrüße, dass die Bundesregierung die Beteiligung von Cosco an einer Hamburger Terminalbetriebsgesellschaft nach sorgfältiger Prüfung unter weitergehenden Auflagen ermöglicht“, freute sich Tschentscher.

Er betonte die Wichtigkeit des Hafen-Deals. Seinen Worten nach sei es für die Sicherheit und Unabhängigkeit Deutschlands von größter Bedeutung, dass der Hafen im internationalen Wettbewerb bestehen und leistungsfähig arbeiten könne, sagte der SPD-Politiker, der schon unter Olaf Scholz’ Bürgermeisterschaft 2011 bis 2018 Finanzsenator in Hamburg war.

Auch Angela Titzrath, die Vorstandsvorsitzende der HHLA, ist einem NDR-Bericht nach zufrieden. Die HHLA betreibt drei der vier Hamburger Hafenterminals, darunter auch das vom Hafen-Deal betroffene. Titzrath versichert, dass die Zusammenarbeit mit Cosco keine einseitigen Abhängigkeiten schaffe, sondern die Lieferketten stärke. „Weil wir sie steuern“, glaubt Titzrath und weil sie Arbeitsplätze sichere und die Wertschöpfung in Deutschland fördere.

Bereits 2019 sagte Titzrath einem „Welt“-Bericht zufolge: Die Hamburger müssten die gerade entstehenden neuen Transportwege verstehen und sollten schlicht „das Ende der Neuen Seidenstraße werden“ – und der Anfang, wie die HHLA-Chefin meinte. Titzrath glaubt, „diese Seidenstraße ist keine Einbahnstraße, sondern führt in beide Richtungen“.

Das letzte Glied im Plan

Ob die KP-Führer im fernen Peking ein ähnliches Fair-Play-Verständnis für ihr Weltprojekt haben, kann auch angezweifelt werden. Mit dieser Beteiligung kauft sich das KP-Regime bereits in den vierzehnten Hafen Europas ein.

Die Epoch Times USA sprach darüber mit dem US-China-Investitionsstrategen Mike Sun. Dieser warnte: Es gehe um die Kontrolle über die Infrastruktur für die globale „Belt and Road“-Initiative, mit der Peking die Weltherrschaft erreichen wolle. Der Hamburger Hafen sei das letzte Glied im europäischen Plan der KPC.

Wie die Epoch Times USA schreibt, hätten sich deutsche Unternehmen bisher nicht an wichtigen Infrastrukturen in China beteiligen können. Man erinnert auch daran, dass Cosco ein staatliches Unternehmen ist und von der Regierung erhebliche Subventionen erhalte.

Chinas Traum von der Weltherrschaft

Marcel Fratscher vom Deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut warnt dennoch: „Mit 24 Prozent hat Cosco zwar keine direkte Möglichkeit, Entscheidungen zu blockieren. Aber sie bekommen viele Informationen“, sagte der Experte zur „Tagesschau“.

Wu Wenxin, ein in Deutschland ansässiger Experte für europäisch-chinesische Fragen, sagte gegenüber dem Washingtoner Sender „Radio Free Asia“, dass die Sache mit dem Hamburger Hafen keine triviale Angelegenheit sei, sondern Teil des Projekts „Neue Seidenstraße“ (One Belt, One Road). Diese sei die Vorbereitung der Kommunistischen Partei Chinas auf die Weltherrschaft, warnte der Experte. Das habe Xi Jinping mit seinen Ausführungen zum „chinesischen Traum“ sehr deutlich gemacht.

Wu hoffe, dass Bundeskanzler Scholz sehe, dass China nicht nur ein riesiger Markt sei, „sondern auch eine riesige Bedrohung“. Jede Abhängigkeit von China werde definitiv zu einer Waffe für die Partei.



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