Hamburgs Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi: SPD braucht schärferes Auge für die Wirklichkeit

Mit der Schlappe des britischen Labour-Linksaußen Jeremy Corbyn bei den Unterhauswahlen sieht der langjährige SPD-Spitzenpolitiker Klaus von Dohnanyi auch die Geschäftsgrundlage für den Linksruck seiner Partei als weggefallen. Vom neuen Führungsduo hält er wenig.
Titelbild
Klaus von Dohnanyi.Foto: Johannes Simon/Getty Images
Von 25. Dezember 2019

Als er in den Jahren 1981 bis 1988 noch als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg amtiert hatte, lag die SPD in Hamburg noch deutlich über der 40-Prozent-Marke, im Jahr 1982 reichte es sogar zur absoluten Mehrheit. Auch in seiner Zeit in der Bundespolitik – von 1969 bis 1981 im Bundestag, von 1972 bis 1974 Bildungsminister – kannte er noch andere sozialdemokratische Wahlergebnisse als sie heute die Regel sind.

Bessere politische Antworten finden – statt zu moralisieren

Aus von Dohnanyis Sicht kommt die Entwicklung nicht von ungefähr. Aus seiner Sicht agiere die Sozialdemokratie zu weit entfernt von den tatsächlichen Bedürfnissen der Bürger und verstehe die großen gesellschaftlichen Entwicklungen in der Welt nicht. Die Menschen verlangten nach mehr Selbstbestimmung und nicht nach mehr Zentralismus. Im Interview mit der „Welt“ erklärt Klaus von Dohnanyi:

„Der Brexit, Trumps Isolationismus, Kataloniens Aufstand gegen Madrid oder auch die Ostukraine haben eine gemeinsame Quelle: Überall haben die Menschen den Wunsch, nicht ständig aus großer Entfernung regiert zu werden. Politiker wie Boris Johnson oder Donald Trump haben das aufgenommen und Wahlen gewonnen. Wir Sozialdemokraten müssen auf diese Entwicklung eine bessere politische, soziale und eben nicht nur moralisierende Antwort finden.“

Der Altbürgermeister bescheinigt dem neuen SPD-Spitzenduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zwar gute Absicht, Hoffnung und Idealismus, Theoriefestigkeit und ein offenes Ohr für die Funktionäre. Allerdings bewegten die Menschen auf der Straße andere Probleme als jene, die im eigenen Kaderpersonal für dringlich gehalten würden.

„Man kann kein Demokrat sein, ohne auf die Menschen zu hören“

Die SPD könne wieder mehrheitsfähig werden, meint von Dohnanyi. Aber das setze voraus, dass man sich mit den Wirklichkeiten von heute auseinandersetze. So müsse sie beispielsweise die Folgen der Digitalisierung für die Arbeitsmärkte diskutieren:

„Es reicht nicht zu beschließen, dass jeder ein Recht auf Weiterbildung hat: Die Menschen nehmen die Weiterbildung heute leider nicht an. Die Bundesanstalt für Arbeit hat viel Geld zur Verfügung, das nicht abgerufen wird. Wir müssten die Menschen also davon überzeugen. Das ist heute die politische Aufgabe.“

Es komme nicht von ungefähr, dass die Sozialdemokraten in Dänemark Erfolg haben, weil sie den Sozialstaat durch eine restriktive Einwanderungspolitik zu stabilisieren versuchten. Ein großzügiges Asylrecht und die Abwehr unerwünschter Wirtschaftsflüchtlinge müsse aber gar kein Widerspruch sein, meint von Dohnanyi. Es komme nur auf den gesunden Menschenverstand an – und darauf, auf die Bürger zu hören:

Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass die Migration ein Problem geworden ist, dann muss man sich dem stellen. Man kann kein Demokrat sein, ohne auf die Menschen zu hören. Politik ist immer beides: Führung nach eigener Überzeugung und Berücksichtigung dessen, was die Menschen bewegt.“

Gefahr eines politischen Islam anzusprechen ist „keine rechte Polemik“

Man brauche kontrollierte Zuwanderung und eine der „richtigen“ Leute. Zudem dürfe man die Augen nicht mehr davor verschließen, dass Migration auch soziale Probleme beinhalten könne. Das Gefühl vieler Menschen, die Welt sei unsicherer geworden, müsse ernster genommen werden.

„Auch die Sorge, ein politischer Islam könne Gefahren für uns bringen, müssten wir offener diskutieren und nicht einfach als rechte Polemik abweisen“, mahnt von Dohnanyi.

Denn so würde die Partei nicht verstanden werden. Die SPD brauche „ein schärferes und mutigeres Auge für die Wirklichkeit“.

Die SPD sei aber nicht nur in Fragen wie Digitalisierung und Migration auf einem problematischen Kurs. Es sei auch fatal, dass Themen wie Industrie oder Welthandel überhaupt keine Rolle mehr spielten. Stattdessen werde nur über Verteilungsfragen gesprochen.

„Wir müssten doch dafür eintreten, dass uns eine so zentrale Industrie wie die Autoindustrie erhalten bleibt“, mahnt der Altbürgermeister. „Das Auto ist doch kein Feind der Menschen, kein Feind Deutschlands. Deutschland braucht auch künftig eine wettbewerbsfähige Autoindustrie.“

Auch in der Landwirtschaft würde ein Erhalt der Versorgung und der ländlichen Räume nicht gelingen, wenn nur noch die Ökologie ein Thema sei. Es sei erforderlich, in diesen industriellen Konfliktbereichen Mut und Pragmatismus einzufordern, auch auf Parteitagen: „Wer sich nur mit Sozialfragen auseinandersetzt, wird zu Recht nicht gewählt, siehe Labour und Corbyn.“

„Ich erkenne diesen Aufbruch noch nicht“

Von Dohnanyi geht davon aus, dass die Koalition in Berlin bis 2021 halten werde. In diesem Fall werde Olaf Scholz weiter eine führende Rolle spielen und die jüngst gewählte Parteiführung möglicherweise nicht. Dass die Wahl von Walter-Borjans und Esken in eine „neue Zeit“ führen werde, bezweifelt der Altpolitiker:

„Ich erkenne diesen Aufbruch noch nicht. Die Menschen haben nicht das Gefühl, dass sie von dieser SPD sicher durch ein schwieriges Heute und in ein noch gefährlicheres Morgen geführt werden.“

Bis zur Bundestagswahl könne auch die Partei insgesamt zu der Erkenntnis gelangen, dass der geeignetere Kanzlerkandidat Olaf Scholz wäre. Mit Esken in dieser Funktion drohe hingegen der Totalabsturz:

„Dann wird die SPD wegen unseres Wahlrechts vermutlich sogar schlechter abschneiden als Corbyn in Großbritannien. Wir würden im einstelligen, allenfalls im unteren zweistelligen Bereich landen – das Ergebnis der letzten Bundestagswahl von 20,5 Prozent jedenfalls auf keinen Fall erreichen.“



Eine Buchempfehlung vom Verlag der Epoch Times

Deutschland ist der Geburtsort von Marx und Engels und die Heimat der einflussreichen Frankfurter Schule, einer Ausprägung des Marxismus. Überall in Europa gibt es sozialistische Parteien, die auf die „Zweite Internationale“ zurückgehen. Viele von ihnen sind Regierungsparteien. Innerhalb der „Sozialistischen Internationalen“ sind sozialistische Demokratie und demokratischer Sozialismus fast identisch. Alle vertreten die Idee, dass der Sozialismus das neue System ist, das den Kapitalismus ersetzen wird.

Ein Alleinstellungsmerkmal der SPD ist ihre absolute Vormachtstellung in der deutschen Medienbranche. Auch gehört die Partei weltweit zu den größten Medienmächten. Sie dominiert die Politik Deutschlands nicht nur über ihre Abgeordneten, sondern auch dann, wenn sie nicht an der Macht ist.

Zeitungen, Radiosender, Medien – darunter die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) und die Hannoveraner Verlagsgesellschaft Madsack – gehören zur SPD. Das Portal ScienceFiles listete 2014 in einem pdf-Dokument alle SPD-Beteiligungen auf und kam auf rund 10.300 Beteiligungen der SPD auf 412 A4-Seiten mit rund 25 Einträgen pro Seite.

Der Schwerpunkt der SPD-Medienbeteiligungen liegt im Bereich regional erscheinender Tageszeitungen – in vielen Gebieten beherrscht die Partei den Markt absolut. Die SPD-Schatzmeisterin und Generaltreuhänderin der ddvg 2002 sagte: „Auch dort, wo wir nur 30 oder 40 Prozent haben, kann in der Regel nichts ohne uns passieren.“ [55] Im Impressum der Zeitungen ist die SPD jedoch nicht zu finden – sie bedient sich der eigenen Medien-Holding ddvg.

Über diese Medienmacht hat das Gespenst des Kommunismus das gesamte Land mitsamt den bürgerlichen und konservativen politischen Kräften unmerklich immer weiter nach links gezogen. Die Verquickung der SPD mit Tageszeitungen ist einmalig in Deutschland. Andere Parteien Deutschlands können nicht auf diese Art und Weise Einfluss auf die Bevölkerung nehmen. Wegen dieser speziellen Strategie können die Sozialdemokraten zu Recht als die heimlichen Regierenden Deutschlands und der wahre Hauptakteur der aktuellen politischen Zustände bezeichnet werden.

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