Höhere Mehrwertsteuer? FDP verwirrt mit Konzept für Steuerreform

Die FDP-Bundestagsfraktion will das Steuersystem grundlegend reformieren. Dafür bringt sie überraschenderweise ein „Tabuthema“ ins Spiel und löst eine hitzige Debatte aus.
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Die FDP-Bundestagsfraktion schlägt höhere Mehrwertsteuersätze vor.Foto: iStock
Von 22. Februar 2023

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Ein FDP-Fraktionspapier sorgt für Stirnrunzeln. Darin schlagen die Liberalen eine groß angelegte Steuerreform vor. Unter anderem soll die Einkommensteuer gesenkt und dafür die Mehrwertsteuer teilweise erhöht werden. In den sozialen Netzwerken sorgt die Idee für einen großen Aufschrei – offenbar mit Wirkung.

Denn so überraschend wie dieses Konzept aufgetaucht war, so plötzlich ist es auch von der Internetseite der FDP-Bundestagsfraktion wieder verschwunden. „Wir haben es zurückgezogen, da es sich lediglich um einen unabgestimmten Entwurf handelte“, zitiert die „Welt“ den stellvertretenden FDP-Fraktionschef Christoph Meyer.

FDP will Standort Deutschland attraktiver machen

Das neunseitige Papier mit dem Titel „Wirtschaftliche Freiheit anstatt Subventionen“ hatte die FDP als Reaktion auf das milliardenschwere Subventionsprogramm der Vereinigten Staaten vorgelegt. Die Europäische Union befürchtet, dass Unternehmen wegen der lukrativen Förderung in den USA vermehrt aus Europa abwandern würden.

Nach FDP-Vorstellung müssten deshalb auch in Deutschland die Standortbedingungen für Unternehmen verbessert werden. Dies wollen die Liberalen durch die Senkung der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer erreichen.

Deutschland müsse „dringend die steuerliche Gesamtbelastung von Unternehmen nennenswert senken“. Denn „Höchststeuersätze in Kombination mit sehr hohen Energiekosten und Fachkräftemangel schrecken ausländische Unternehmen davon ab, in Deutschland zu investieren“, schrieb die Fraktion in ihrem Positionspapier, das dem „Handelsblatt“ vorliegt.

FDP-Konzept noch nicht ausgereift

Steuersenkungen würden jedoch neue Milliarden-Löcher in die Staatskasse reißen. So kam den Liberalen eine Idee für die Gegenfinanzierung: „Dies könnte durch höhere indirekte Steuern, weniger Ausnahmen vom normalen Mehrwertsteuersatz und einen Abbau fragwürdiger Steuerermäßigungen gegenfinanziert werden.“

Das heißt, dass auf bestimmte Waren nicht mehr der ermäßigte Steuersatz erhoben werden soll, sondern der volle Satz von 19 Prozent. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent gilt für den Grundbedarf, wie etwa Lebensmittel und Bücher. Welche konkreten Produkte oder Dienstleistungen die FDP hier im Sinne hat, bleibt unklar. Das Konzept sei noch in seinem Anfangsstadium. Und doch ist darüber eine hitzige Debatte entbrannt.

In einigen Punkten zeigt sich die SPD offen

Aus der SPD meldete sich der finanzpolitische Sprecher Michael Schrodi zu Wort. „Eine generelle Absenkung von Unternehmenssteuern steht für uns nicht auf der Tagesordnung“, sagte er der Mediengruppe Bayern. Über eine Anpassung der Unternehmenssteuer sei die SPD aber prinzipiell zu „konstruktiven Gesprächen bereit“. Indirekte Steuern zu erhöhen, kritisierte Schrodi hingegen als „sozial ungerecht“. Dies gleiche einer „Umverteilung von unten nach oben“.

Ähnlich sehen es auch die Grünen. „Menschen mit mehr Geld können einen größeren Beitrag leisten als Menschen, die schon jetzt Probleme haben, für die Familie die Güter des täglichen Bedarfs zu finanzieren“, zitierte das „Handelsblatt“ den Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch.

Ganz abgeneigt sind die Sozialdemokraten gegenüber einer teilweisen Erhöhung der Mehrwertsteuer aber offenbar nicht. „Unantastbar“ sollen die ermäßigten Mehrwertsteuersätze für Lebensmittel und Kultur bleiben. In einigen Fällen könne sich die SPD aber durchaus eine Ausnahme vorstellen. So könne man beispielsweise gerne über die Kürzung der Steuersubvention für die Gastronomie und Hotels reden, so Schrodi.

Staatseinnahmen im Januar gestiegen

Die Opposition holt unterdessen zum Rundumschlag aus und rügt die gesamte Debatte über Steuererhöhungen innerhalb der Ampel. „Die Steuereinnahmen beim Staat steigen und die Ampel spricht über zusätzliche Steuererhöhungen, anstatt Bürger und Mittelstand zu entlasten“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Mediengruppe Bayern. „Die Ampel verschleiert die Finanzsituation des Bundes“, so der Vorwurf.

Laut dem jüngsten Monatsbericht des Finanzministeriums sind die Steuereinnahmen im Januar 2023 um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Dobrindt fordert daher einen „ehrlichen Kassensturz und konkrete Entlastungsversprechen, anstatt immer neuer Haushaltsvernebelung durch Sonderschulden und Schattenhaushalte“.

Wie das „Handelsblatt“ berichtet, rechnet das Finanzministerium mit rund 14 Milliarden Euro mehr Einnahmen für den Staat, wenn der Regelsteuersatz von 19 auf 20 Prozent erhöht werden würde. Eine Anhebung des ermäßigten Steuersatzes würde der Staatskasse zusätzlich 3 Milliarden Euro bringen.

FDP will Konzept überarbeiten

In den sozialen Medien erhitzen sich derweil die Gemüter. Der FDP wird nun vorgeworfen, die Lebensmittelpreise in die Höhe treiben zu wollen. „Es wird immer krasser: Offensichtlich diskutiert die FDP, ob man den ermäßigten Satz der Mehrwertsteuer komplett abschaffen möchte. Das wäre eine fette Preiserhöhung bei Lebensmitteln, die vor allem die Ärmsten trifft!“, twitterte Lukas Scholle, Ökonom und wissenschaftlicher Mitarbeiter für Finanzpolitik im Bundestag.

Gegenüber der „Welt“ versicherte FDP-Finanzpolitiker Meyer: „Wir wollen keineswegs den Mehrwertsteuersatz auf Grundnahrungsmittel erhöhen.“ Das Papier werde noch überarbeitet und der gesamten Fraktion zur Abstimmung vorgelegt.



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