In Paris geht das Licht aus – „Brownout“ auch für Deutschland nicht ausgeschlossen

Ein technisches Problem hat in Paris einen stundenlangen Stromausfall bewirkt. Deutschland verlässt sich im Winter auch auf Stromimporte aus Frankreich.
Gesamtansicht des Kernkraftwerks Tricastin.
Gesamtansicht des Kernkraftwerks Tricastin.Foto: Guillaume Horcajuelo/epa/dpa
Von 9. Dezember 2022

In Paris ist es am Donnerstagabend (8.12.) zu einem großflächigen Stromausfall gekommen. Über mehrere Stunden hatten insgesamt 125.000 Haushalte keinen Strom. In Deutschland steigt nun die Nervosität, weil man für den Fall eines Nachfrageüberhangs auch auf Stromimporte aus Frankreich zählt. Infolge von Wartungsarbeiten an mehreren KKWs gleichzeitig produziert das Land jedoch weniger Strom als im Stresstest der Bundesregierung angenommen.

Debatte über „Brownout“ in Frankreich

Der Grund für den Blackout waren technische Probleme an einem wichtigen Energie-Transformator. Dies bestätigten die Netzbetreiber Enedis und RTE. Betroffen waren Haushalte im dritten, vierten und fünften Arrondissement. Die Unwägbarkeiten hätten es erforderlich gemacht, ein Hochspannungskabel abzuschalten. Es gelang immerhin, die Stromversorgung noch vor Mitternacht wieder herzustellen.

Eine Pikanterie an dem Vorfall: Für den heutigen Freitag haben französische Behörden eine Übung angesetzt, die das zeitliche und regional begrenzte Abschalten der Stromversorgung simuliert. Einen möglichen „Brownout“ in Frankreich hatte Premierministerin Élisabeth Borne bereits Ende des Vormonats ins Spiel gebracht.

Damals hatte sie die Départments angewiesen, Vorbereitungen für kontrollierte Unterbrechung der Stromversorgung zu treffen, sobald es im Winter zu Versorgungsengpässen komme. Eine solche Option solle an extrem kalten Tagen für bis zu zwei Stunden in Erwägung stehen. Mögliche Zeiträume dafür seien dabei insbesondere zwischen 8 und 13 Uhr sowie zwischen 18 und 20 Uhr. Kliniken seien von der Abschaltung ausgenommen, nicht zwingend jedoch andere wichtige Infrastruktur wie Bahn, Metro oder Bildungswesen.

Corona brachte KKW-Wartungspläne durcheinander

Nach wie vor sind derzeit 18 von 56 Kernkraftwerke wegen Reparaturen oder Wartungsarbeiten abgeschaltet. Aufgrund der Corona-Pandemie war der ursprüngliche Zeitplan für diese Arbeiten durcheinandergeraten.

Zwar war die Regierung in Paris in der wärmeren Jahreszeit noch davon ausgegangen, dass es gelingen würde, die KKWs rechtzeitig bis zum Winter wieder ans Netz zu bringen. Tatsächlich kommt es immer noch vielerorts zu Verzögerungen. Insbesondere an besonders kalten Tagen im Januar könnte die Stromerzeugung deshalb möglicherweise nicht mehr die Nachfrage decken.

Die Regierung hat deshalb mit Vorbereitungen für örtlich begrenzte Stromabschaltungen bei Spitzenbelastungen begonnen. Damit soll ein unkontrollierter Blackout abgewendet werden.

Frankreich kann weniger Strom liefern als Deutschland eingeplant hat

Für Deutschland bedeutet dies eine zusätzliche Herausforderung. Die zögerliche Wiederherstellung der Kernkraftwerke in Frankreich hat zur Folge, dass weniger Strom daraus für den Export ins Nachbarland zur Verfügung steht als angenommen. Im zweiten Stresstest hatte die Bundesregierung angenommen, dass die KKWs, die Deutschland mitversorgen, mindestens 40 von 61 möglichen Gigawatt an Leistung erbringen.

Tatsächlich sind es nur 33, wie aus einem internen Vermerk aus dem baden-württembergischen Umweltministerium vom 2. Dezember hervorgeht. Über diesen berichtet die „Bild“-Zeitung in ihrer Freitagausgabe. Dies bedeutet, dass die Aussichten Deutschlands bezüglich einer sicheren Stromversorgung schlechter sind als angenommen.

Für den weiteren Verlauf des Dezembers kündigen Meteorologen eine arktische Kaltluftwelle an. Diese soll dafür sorgen, dass der Monat so kalt werden könnte wie zuletzt 2010. Die Aussichten sorgen bereits für ein Plus von bis zu 50 Prozent bei den LNG-Preisen auf dem Spotmarkt.

Ausstieg aus Kernenergie ist „technisches und ökonomisches Risiko“

Nun könnten die zuletzt laut gewordenen Spekulationen über mögliche Brownouts, also kalkulierte Abschaltungen der Stromversorgung, auch in Baden-Württemberg aktuell werden. In dem Bericht heißt es nun explizit, Abschaltung für 90 Minuten seien „nicht auszuschließen“.

Die Revision und der Streckbetrieb des Kernkraftwerks in Neckarwestheim könnten die Lage noch weiter verschärfen. Dieses ist für 22,5 Prozent der Stromversorgung im Südwesten verantwortlich. Gegenüber „Bild“ kritisiert Andre Thess vom Institut für Energiespeicherung der Universität Stuttgart den ideologischen Atomausstieg und den schleppenden Ausbau der Transportinfrastruktur:

Das Land ist besonders von der geplanten Abschaltung und den nicht realisierten Nord-Süd-Leitungen betroffen.“

Es sei „ein technisches und ökonomisches Risiko, aus der Kernenergie auszusteigen“.

Zahl der Stromausfälle steigt auch in Deutschland

Das Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat erst jüngst darauf hingewiesen, dass Haushalte im Jahr 2020 im Schnitt 10,73 Minuten ohne Strom auskommen mussten. Eines der extremsten Beispiel für unterbrochene Stromversorgungen sei das Schneechaos im Münsterland 2005 gewesen. Damals waren in der Vorweihnachtszeit mehr als 80 Strommasten eingeknickt – die Stromversorgung war bis zu sechs Tagen unterbrochen.

BBK-Präsident Ralph Tiesler äußerte gegenüber der „Welt am Sonntag“, dass selbst Blackouts – also nicht geplante Stromausfälle – in Deutschland möglich sind. Allerdings halte er einen großflächigen Stromausfall für „äußerst unwahrscheinlich“. Dennoch könne es sein, dass es „regional und zeitlich begrenzt zu erzwungenen Abschaltungen kommt, um die Gesamtversorgung weiter sicherzustellen“.

Die Bundesnetzagentur bestätigt unterdessen, dass ein Stromausfall in Deutschland eine Erscheinung ist, deren Auftreten sich häuft. Allein im Jahr 2021 habe es mehr als 166.000 Versorgungsunterbrechungen im Stromnetz gegeben, die länger als drei Minuten gedauert hätten. Das seien etwa 4400 Meldungen mehr gewesen als im Jahr zuvor.
Betroffen haben diese Privathaushalte ebenso wie gewerbliche Abnehmer oder öffentliche Einrichtungen bis hin zu Schulen und Krankenhäusern. Die Dauer der Vorfälle habe sich im Schnitt auf etwa 13 Minuten belaufen.

(Mit Material von dts und dpa)



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