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Deutschland erlebt Flutkatastrophe

Flutopfer fühlen sich von der Politik im Stich gelassen - Große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung

Viele Betroffene der Flutkatastrophe sind enttäuscht von den Behörden und dankbar für die große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

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Helfer und Anwohner entfernen den Schlamm aus den Häusern am 18. Juli 2021 in Bad Neuenahr, Deutschland. Während sich die Wassermassen aus vielen überfluteten Gebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz langsam zurückziehen, geht die Suche nach Todesopfern in den Trümmern der Katastrophengebiete weiter.

Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

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Der braune Schlamm ist überall, Autos stecken eingekeilt zwischen halb eingerissenen Mauern fest, Häuser sind ganz oder teilweise eingestürzt. Am Wochenende waren tausende Feuerwehrleute, Soldaten und andere Helfer im Einsatz, ob mit Besen und Schaufel oder schwerem Gerät.
„Hier, das ist meine Wohnung gewesen“, sagt Michael Kossytorz aus dem rheinland-pfälzischen Ahrweiler. Nach tagelangem Starkregen hatte sich die sonst eher beschauliche Ahr in einen gewaltigen Strom verwandelt. „Hier ist ein reißender Fluss entstanden in der Straße.“ Seine Eltern hätten noch näher am Wasser gewohnt. „Die sind jetzt obdachlos.“

Dankbar für Hilfe von Privatleuten und Ehrenamtlichen

Der Kreis Ahrweiler in der Vulkaneifel im Norden von Rheinland-Pfalz ist eines der am schlimmsten betroffenen Gebiete, 110 Tote wurden dort bislang geborgen. Verlässliche Informationen darüber, wie viele Menschen noch vermisst werden, gibt es am Sonntag zunächst weiterhin nicht. Strom- und Telefonnetze sind unterbrochen, viele Menschen unerreichbar.
Die Bürgersteige sind voller kaputter Möbel, Anwohner stapfen in Gummistiefeln durch die Straßen, entschlossen, mit den enormen Aufräumarbeiten zu beginnen. „Es gibt noch so viel zu machen, und hier gibt es noch keinen Strom“, klagt Gregor Degen, Bäcker im Kurort Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Während der Aufräumarbeiten wird weiterhin nach Todesopfern und Verletzten gesucht. Es werden noch bis zu 3.500 Menschen vermisst.

Flutopfer enttäuscht von der Politik

Von den Behörden fühlen sich viele Bürger im Stich gelassen. Ein Helfer betont im Gespräch mit „RT“, dass die spontane Hilfe der Menschen, die teils aus anderen Teilen Deutschlands angereist sind, größer sei, als die Unterstützung seitens der Politik.
Ein Geschäftsbesitzer sagt: „Wer sich auf den Staat verlässt, der ist zumindest teilweise verlassen.“ Zum Glück gebe es eine große Nachbarschaftshilfe, viele Vereine, die freiwillige Feuerwehr und Privatleute, die große Hilfe leisten würden. „Ohne diese Leute würde es hier überhaupt nicht weitergehen“, betont der Mann.
Die Betroffenen kämpften seit zwei Tagen mit der elementaren Versorgung mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Geräten – ohne Hilfe seitens der Politik. Inzwischen sind Toiletten vor Ort. Lebensmittel würden von Privatpersonen gespendet, erklärt der Geschäftsbesitzer. „Die Einzelhändler und Einwohner fühlen sich von der Politik im Stich gelassen“, betont er.
„Ahrweiler: Anwohner enttäuscht von Behörden und dankbar für private Helfer“
Umso erfreulicher das Hilfsangebot von Ehrenamtlichen, Privatleuten und die zupackenden Hilfeleistungen von Vereinen, der freiwilligen Feuerwehr und der Nachbarschaftshilfe.

Merkel im Flutgebiet

Unterdessen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Ausmaß der Hochwasserkatastrophe in Deutschland „surreal, gespenstisch“ genannt. Nach einem Besuch im Eifeldorf Schuld sagte Merkel am Sonntag im rheinland-pfälzischen Adenau, die deutsche Sprache kenne kaum Worte für diese Verwüstung. „Wir werden uns dieser Naturgewalt entgegenstemmen“, so die Kanzlerin und kündigte Hilfen des Bundes für die betroffenen Kommunen an.
„Wir stehen an Ihrer Seite“, versicherte Merkel an die Opfer der Hochwasserkatastrophe gerichtet. Am Mittwoch werde das Kabinett in Berlin ein Programm für schnelle Hilfe verabschieden, kündigte sie an. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat hierfür bereits die Summe von 300 Millionen Euro genannt. Bund und Land würden gemeinsam handeln, „um die Welt Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen in dieser wunderschönen Gegend“, sagte Merkel.
Die Kanzlerin versicherte, neben schneller Hilfe werde der Bund auch langfristig Unterstützung leisten. Sie werde Ende August wiederkommen – „damit wir das Langer-Atem-Haben deutlich machen“.
Die Kanzlerin hatte in Begleitung der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) das stark zerstörte Schuld besichtigt. Das Dorf liegt in einer Schleife der Ahr. In der Region kamen nach jüngsten Angaben 112 Menschen ums Leben.
Insgesamt wurden in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und im seit Samstagabend ebenfalls vom Hochwasser betroffenen Oberbayern 159 Menschen getötet. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst. (afp/nw)

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