Mit rund 80 Maßnahmen einer Wasserknappheit vorbeugen

Die „Nationale Wasserstrategie“ des Bundesumweltministeriums ist perspektivisch bis 2050 ausgelegt. Bauernverband sieht keine Neuerungen und kritisiert eine fehlende Folgenabschätzung.
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Mit ihrer Wasserstrategie will die Bundesregierung die Versorgung mit Trinkwasser langfristig gewährleisten.Foto: Lino Mirgeler/dpa
Von 20. April 2023

Der Klimawandel dient der Bundesregierung als Steigbügelhalter für ein neues Reglementierungswerk. Rund 80 Maßnahmen umfasst die „Nationale Wasserstrategie“, die die Bundesregierung im März 2023 verabschiedet hatte. Dem vorangegangen waren zwei Jahre Diskussionen und Planungen, zuletzt unter der seit dem 8. Dezember 2021 amtierenden Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).

Extreme wie das Hochwasser im Ahrtal (2021) oder die Winterdürre in Frankreich drohten „als Folge der Klimakrise zu einer neuen Normalität zu werden“, heißt es in der Kurzbeschreibung der „Wasserstrategie“. Gleichzeitig stehe die Wasserwirtschaft in Deutschland vor großen Herausforderungen. Daher sei es an der Zeit, „systematisch für einen bewussten Umgang mit der Ressource Wasser zu sorgen“.

Bürger wollen mehr staatliche Regulierung

In die bereits 2018 begonnene Diskussion um die Zukunft der Wasserversorgung waren auch Bürgerinnen und Bürger eingebunden. In ihrem „Ratschlag zur nationalen Wasserstrategie“ forderten sie beispielsweise Anreize für einen sorgsamen Umgang mit der lebenswichtigen Ressource.

So könne es Steuererleichterungen für Privatpersonen und Unternehmen geben, die den Verbrauch reduzieren. Zusätzliche Gesetze sollen die Industrie zu einem sparsamen Umgang verpflichten. Der Ruf nach dem Staat wurde erneut laut, als es um die Forderung nach weiterer Regulierung ging, um ein „nachhaltiges Wassermanagement“ für die Gesellschaft zu erreichen. Auch sei es allein mit Sensibilisierung für das Thema sei es nicht getan: „Wir fordern deswegen die Bundesregierung auf, Einsparziele für den Wasserverbrauch, ähnlich wie zur CO2-Abgabe, festzulegen“, hieß es aus den Reihen der Bürger. Daher drängen sie auch „vehement“ auf ein Abgabesystem für Pflanzenschutz- und Arzneimittel sowie eine Erhöhung der technischen Standards von Kläranlagen.

Die Strukturen der Klimakrise anpassen

Die knapp 80 Maßnahmen sind zehn so genannten strategischen Themen zugeordnet. Dazu gehören unter anderem Schutz, Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung von „naturnahem Wasserhaushalt“. Die „Wasserinfrastrukturen“ sollen ebenso „klimaangepasst“ weiterentwickelt werden wie die Nutzung von Flächen. Vorgesehen ist auch eine Stärkung der Verwaltungen, die Verbesserung von Datenflüssen und eine Stärkung des Bewusstseins für die Ressource Wasser.

Die Wasserinfrastruktur müsse an die Klimakrise angepasst und modernisiert werden. Dies diene dem Schutz der Bevölkerung vor „Extremereignissen wie Dürren oder Hochwasser“. Dies erfordere „erhebliche Investitionen“ in die Leitungsinfrastruktur. Mit dem Konzept „Wassersensible Stadtentwicklung“ soll ein „Paradigmenwechsel in der Stadtplanung vollzogen werden. „Mehr grün, weniger versiegelte Flächen“, lautet die Devise, um mehr Wasser speichern zu können.

Vier Milliarden Euro für ein Aktionsprogramm

Die Wasserstrategie ist auf den Zeitraum bis 2050 ausgelegt. Erste Maßnahmen sollen bis 2030 umgesetzt werden. Doch über Kosten teilt das Ministerium in der Zusammenfassung wenig Konkretes mitgeteilt. Aufgeführt ist lediglich das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ (ANK), für das bis 2026 vier Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Derzeit sei die Trinkwasserversorgung in Deutschland gesichert. „Doch die Auswirkungen der Klimakrise verändern langfristig auch die Verfügbarkeit von Trinkwasser“, behauptet das Ministerium. Dazu fehlen allerdings Belege. Damit Trinkwasser „auch für kommende Generationen verfügbar bleibt“, werde eine bundesweit anwendbare Leitlinie entwickelt, die im Fall von regionaler Wasserknappheit zum Zuge komme. Sie soll den zuständigen Behörden helfen zu entscheiden, „wer vorrangig Wasser nutzen darf“. Diese Vorgehensweise nennt das Umweltministerium „Wassernutzungshierarchie“.

Was der Lobbyverband lobt, ist für „Campact“ ein Armutszeugnis

Lobende Worte für das Konzept gibt es vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Die Wasserstrategie der Bundesregierung enthält wichtige Impulse, um die Wasserqualität zu schützen und die Trinkwasserversorgung langfristig in der gewohnt hohen Qualität sicherzustellen“, sagt Hauptgeschäftsführer Martin Weyand.

Ein flächendeckendes Wasserentnahmeentgeltsystem sieht der Verband jedoch kritisch. „Dies würde Trinkwasser nicht nur künstlich verteuern, sondern hätte den Charakter einer ,verdeckten Steuer‘“, heißt es in der BDEW-Mitteilung.

Der BDEW ist ein Lobby- und Interessenverband der deutschen Strom- und Energiebranche. Geschäftsführerin ist seit 2019 die ehemalige Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae (Grüne) und somit eine Parteifreundin von Bundesumweltministerin Steffi Lemke.

Kritischer geht hingegen der Deutsche Bauernverband (DBV) mit der „Nationalen Wasserstrategie“ ins Gericht. Im Wasserrecht und beim Gewässerschutz muss „das Rad nicht neu erfunden werden“, heißt es auf der Internetseite des DBV. Es existierten bereits zahlreiche Regelungen und verbindliche Vorgaben. Diese sollte die „Nationale Wasserstrategie“ berücksichtigen.

Im Aktionsplan mit den fast 80 Einzelmaßnahmen fänden sich „keinerlei Initiativen zur Stärkung von Wasserkooperationen oder anderer Formen der Zusammenarbeit zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft“. Außerdem sei auch kritisch zu beurteilen, „dass Abwägungen zwischen Zielkonflikten nicht erfolgen“. Dasselbe gelte für eine „umfängliche Folgenabschätzung“. Insofern sei die Zielsetzung der Wasserstrategie deutlich zu kurz gegriffen, erklärt der DBV.

Von einem „Armutszeugnis für die grüne Ministerin“ spricht gar die Kampagnenorganisation „Campact“ auf ihrer Internetseite. Das wichtigste Ziel, „nämlich den Schutz des Trinkwassers“ verfehle die Strategie. Dieser Vorrang sei gestrichen worden. Stattdessen habe die Industrie der „Nationalen Wasserstrategie“ ihre Handschrift „aufgedrückt und sie ausgehöhlt“. Es dürfe nicht sein, „dass sich Unternehmen strategisch Trinkwasser-Zugänge unter den Nagel reißen – die wertvolle Ressource Wasser darf nicht privatisiert werden”, lautet die Forderung von „Campact“.



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