Nordhausen: AfD-Kandidat verliert in der Stichwahl – Buchmann trotz Skandalen wiedergewählt

In der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters der thüringischen Kreisstadt Nordhausen hat sich Amtsinhaber Kai Buchmann durchgesetzt. Nach dem ersten Wahlgang hatte noch AfD-Kandidat Jörg Prophet voran gelegen.
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Kai Buchmann (parteilos) gewann die Stichwahl in Nordhausen am 24. September 2023.Foto: Ronny Hartmann/AFP via Getty Images
Von 24. September 2023

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Bei der Stichwahl für das Amt des Oberbürgermeisters von Nordhausen hat sich der parteilose Amtsinhaber Kai Buchmann gegen den AfD-Kandidaten Jörg Prophet durchgesetzt. Buchmann kam auf 54,9 Prozent, auf seinen Kontrahenten entfielen 45,1.

Nach dem ersten Wahlgang hatte Prophet mit 42,1 Prozent das Teilnehmerfeld in der 43.000-Einwohner-Stadt im Kyffhäuserkreis angeführt. Neben ihm hatten sich noch weitere fünf Kandidaten zur Wahl gestellt. Sein Gegenkandidat in der Stichwahl hatte nur 23,7 Prozent erhalten. Die übrigen Stimmen entfielen auf Bewerber der SPD, der CDU, der FDP und der Grünen.

Die Wahl hat bundesweites Interesse hervorgerufen. Immerhin hatte die AfD bereits im Juni im thüringischen Sonneberg ihren ersten Landratsposten erobern können. Im nächsten Jahr finden im Freistaat Landtagswahlen statt. Die von Landesverfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestufte Partei liegt laut Umfragen deutlich an der Spitze in der Wählergunst.

Amtierender OB nach Mobbing-Vorwürfen zeitweilig suspendiert

Anders als bei vielen anderen Stichwahlen mit AfD-Beteiligung hatte es in Nordhausen keine Wahlempfehlung aller übrigen Parteien für Buchmann gegeben. Dies hatte mutmaßlich auch damit zu tun, dass dieser als umstrittene Persönlichkeit galt.

So läuft gegen ihn ein Disziplinarverfahren. Unter anderem hatte seine Stellvertreterin Alexandra Rieger ihm Mobbing im Dienst vorgeworfen. Dazu kommen auch behauptete Unwägbarkeiten rund um Dienstpflichten im Zusammenhang mit Bauvorhaben. Es gilt die Unschuldsvermutung. Rieger hatte selbst für das OB-Amt kandidiert. Die SPD-Kandidatin belegte mit 18,6 Prozent Platz drei.

Buchmann war im Frühjahr aufgrund der Vorwürfe einige Monate lang vom Dienst suspendiert, schreibt die „Thüringer Allgemeine“. Erst ein Verwaltungsgerichtsbeschluss hob die Dienstenthebung auf. Seit August ist Buchmann wieder im Amt – das Verhältnis zur Stellvertreterin und zu SPD-Landrat Matthias Jendricke gilt jedoch als zerrüttet.

Kaum explizite Wahlempfehlungen aus Nordhausen für Buchmann

Rieger rief mit Blick auf die Stichwahl lediglich dazu auf, dem Kandidaten der AfD keine Stimme zu geben. Eine explizite Wahlempfehlung zugunsten Buchmanns gab sie jedoch nicht ab. Gleiches gilt für die FDP. Die CDU äußerte sich in dieser Frage gar nicht, um nicht den Eindruck eines „Altparteienkartells“ zu erwecken und auf diese Weise Gegenmobilisierung zu bewirken.

Am Ende waren es lediglich Linkspartei und Grüne, die explizit zur Wahl Buchmanns aufriefen. Dazu kam eine Empfehlung der früheren Oberbürgermeisterin Barbara Rinke. Gewerkschaften, Sozialverbände und die Gedenkstättenstiftung für Buchenwald und Mittelbau-Dora warben ausschließlich dafür, den AfD-Kandidaten nicht zu wählen. Der Nordthüringer Unternehmerverband (NUV) verweigerte unter Verweis auf seine Neutralität eine Wahlempfehlung.

Prophet im Visier des Verfassungsschutzes

Jörg Prophet gilt im Unterschied zu Sonnebergs AfD-Landrat Robert Sesselmann nicht als unbeschriebenes Blatt. Der Verfassungsschutz in Thüringen wirft dem Unternehmer ein „geschlossenes geschichtsrevisionistisches Weltbild“ vor.

Dieses sei beispielsweise in einem Text von Jörg Prophet aus dem Jahr 2021 angeklungen, der sich heute noch auf der Seite der AfD Nordhausen findet. Darin hatte er über die Bombardierung von Dresden im Jahr 1945 geschrieben und „geschichtsrevisionistische Schuldabwehr“ zum Ausdruck gebracht.

Auf seinem Social-Media-Profil hat Prophet jedoch in erster Linie kommunalpolitische Themen in den Vordergrund gestellt. Aggressive Rhetorik gegen Migranten oder den Islam ist zumindest auf den ersten Blick nicht zu finden. Stattdessen verspricht der bei der Kommunalwahl 2019 mit über 10.000 Stimmen in den Kreistag gewählte Politiker eine „Zeitenwende“ hin zur „neuen Sachlichkeit“. Er wolle den Stillstand in der Stadt beenden und „alte Verkrustungen aufbrechen“.

Mobilisierung und Briefwahl als entscheidende Faktoren in Nordhausen

Vieles spricht für eine höhere Mobilisierung der AfD-Gegner als wahlentscheidenden Faktor. So hatte die Stadtverwaltung um 13:30 Uhr gegenüber Medien erklärt, die Wahlbeteiligung insgesamt sei zu diesem Zeitpunkt in etwa gleich hoch wie vor zwei Wochen. Demgegenüber sei die Zahl der Briefwähler – unter denen AfD-Kandidaten traditionell unterdurchschnittlich abschneiden – von rund 5.400 auf knapp 6.500 angestiegen.

Insgesamt lag die Wahlbeteiligung in Nordhausen am Ende nach Auszählung fast aller Stimmen bei 56,9 Prozent. Im ersten Wahlgang hatten sich 56,4 Prozent der Stimmberechtigten an der Wahl beteiligt.

Neben dem Sieg bei der Landratswahl im thüringischen Sonneberg hatte die AfD im Jahr 2023 auch einen Bürgermeisterposten in Sachsen-Anhalt für sich erobern können. Am 2. Juli wählten die Bürger von Raguhn-Jeßnitz den Landtagsabgeordneten Hannes Loth mit 51,1 Prozent in der Stichwahl zu ihrem hauptamtlichen Bürgermeister.



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