NRW: Neue 3G-Corona-Versammlungsauflagen auf dem Prüfstand

2. Montagsspaziergang in Köln: Die Kölner Polizei hält sich bei der Umsetzung der neuen Coronaschutzverordnung zurück und bewertet das Versammlungsrecht als hohes Gut. Die Versammlung erhält erheblich mehr Zulauf als beim ersten Mal.
Von 21. Januar 2022

Montagsspaziergang am 17. Januar in Köln: Es ist zugig wie immer auf der Domplatte. Ein großes Aufgebot von Polizei und Ordnungsamt ist schon vor Ort, die Spaziergänger trudeln langsam ein. Von einigen wurde mit Spannung erwartet, wie die Ordnungskräfte die neue Coronaschutzverordnung des Landes NRW umsetzen würden. Laut der neuen Regelung vom 13. Januar sind Versammlungen von mehr als 750 Teilnehmern, zu denen die Spaziergänge zählen, nur als 3G-Veranstaltungen durchführbar. Die Prüfung des Status obliegt laut Verordnungstext der Versammlungsleitung, ebenso der mögliche Ausschluss von Teilnehmern beim Nichterfüllen der Anforderungen. Eine Maskenpflicht besteht nur, wenn die Abstände nicht eingehalten werden können.

Für die Teilnehmer erfreulich: Die Polizei ließ die einige Tausend Spaziergänger gewähren, obwohl davon auszugehen war, dass diese Norm nicht erfüllt wurde. Viele der Teilnehmer wenden sich ja gegen die Maßnahmen, inklusive der Tests. Laut eines Polizeisprechers sprachen rechtliche und einsatztaktische Gründe gegen eine Auflösung des Zugs. Nach Abwägung sei man zu dem Schluss gekommen, dass das Recht zu demonstrieren ein hohes Gut sei und höher wiege als die Ahndung von festgestellten Ordnungswidrigkeiten. Die Maskenpflicht sei gültig gewesen und während des Spaziergangs durch die Ordner des Veranstalters angemahnt worden. Das Ordnungsamt habe vor und nach dem Spaziergang Stichproben bezüglich der Maskenpflicht durchgeführt.

Montagsspaziergang in Köln. Foto: Matthias Kehrein

Beschneidung des Versammlungsrechts?

Als eine „Eintrittskarte für das Versammlungsrecht“ empfindet Rechtsanwalt Dirk Sattelmaier die 3G-Regel für Versammlungen. Er befürchtet, dass mit der Verordnung Versammlungen aufgelöst werden können, wenn die Anforderungen nicht erfüllt werden. Die Prüfung der Teilnehmer durch den Veranstalter sei nicht umsetzbar und absurd. Sein Versuch, sich durch Selbstanzeige beim Ordnungsamt vor Ort ein Bußgeld abzuholen, um die Auswirkungen der Verordnung später vor dem Amtsgericht zu thematisieren, schlug fehl. Ein Vertreter des Ordnungsamts bat ihn, eine schriftliche Anzeige einzureichen.

Rechtsanwalt Markus Haintz, der die Verordnung vor dem Verwaltungsgericht Münster in einem Eilantrag erfolglos angefochten hatte, hält die neue Regelung für kompliziert. Der Versammlungsleiter müsse den 3G-Status überprüfen, was er aber datenschutzrechtlich nicht dürfe. Viele Städte versuchten Maßnahmenkritik durch Verbote zu unterdrücken, wobei es aber große Unterschiede gebe: Die Stadt Nürnberg verhalte sich seinen Bürgern gegenüber vorbildlich, während in München eine Allgemeinverfügung für Unmut sorge. Diese Verfügung sei aber gekippt worden. Haintz vertrat eine Frau, die während ihres Einkaufs in eine Versammlung kam und dort unbeteiligt festgehalten wurde.

Bianca Paffenholz, die Versammlungsleiterin des Montagsspaziergangs von der Gruppe „Köln ist aktiv“, erklärte, sie habe von der Polizei die Auflage bekommen, auf Maskenpflicht und 3G-Regelung hinzuweisen. Paffenholz äußerte sich aber zufrieden, dass die Regelung nicht durchgesetzt wurde.

Der Veranstalter schätzt den Umzug auf 8 bis 10.000 Personen. Foto: Matthias Kehrein

Impfung nicht aufzwingen lassen

Der rund 90-minütige Marsch durch die Kölner Innenstadt, der sich gegen Impfzwang, die Coronapolitik und Desinformation durch die Medien richtet, verläuft friedlich. Teilnehmer tragen Plakate wie „Corona is over if you want it“ und skandieren „Friede, Freiheit, Selbstbestimmung“. Einige singen „von guten Mächten treu und still umgeben“, ein Lied des NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer, und „Die Gedanken sind frei“. Man unterhält sich, die Stimmung ist ruhig. Immer wieder stehen am Wegesrand Menschen, die den Zugteilnehmern applaudieren, wie etwa an der Treppe zur Domplatte. Eine Frau filmt mit ihrem Handy, um im privaten Kreis zu zeigen, „dass hier keine Nazis mitlaufen“.

Die Teilnehmer haben unterschiedliche Anliegen. „Es ist Zeit auf die Straße zu gehen, sonst wird über uns entschieden“, findet Anna. Jeder solle sich selbst für oder gegen die Impfung entscheiden können. Die Impfhäufigkeit inklusive Auffrischungsimpfung sieht sie kritisch: „Kommt nach der Boosterung dann die 5. und die 6. Impfung? Das kann nicht richtig und nicht gesund sein“, betont die zierliche Frau mit der schwarzen Maske.

Zwei Freundinnen sprechen sich gegen die Impfpflicht aus: „Wir wollen uns nicht zwingen lassen und glauben an unsere Gesundheit“, sagt die eine. Die 3G-Regelung für Versammlungen über 750 Personen findet die andere unsinnig, weil man unter freiem Himmel ist. Trotzdem habe sie sich testen lassen. „Die Regel wurde gemacht, damit wir nicht mehr so viele sind“, glaubt sie. „Die Demokratie schwankt, dagegen stehen wir auf.“

Der Kölner Michael Schmitz sieht die 2G-Regelungen im Einzelhandel kritisch. Die Ökonomie wandere durch die Maßnahmen in den Onlinehandel, worunter die einheimischen Betriebe litten. Das Geld fließe stattdessen ins Ausland, etwa zum Onlinehändler Amazon.

Ein Hauptanliegen der Spaziergänger: Freie Impfentscheidung. Foto: Matthias Kehrein

Vertrauen in die Wissenschaft

Die Spaziergänger passieren den Neumarkt, wo sich Gegendemonstranten positioniert haben. Ein Ordner sagt: „Buddhahaltung einnehmen, wie Gandhi …“, es wird lauter. Die Zugteilnehmer werden von Teilen feindselig und aggressiv empfangen. Die Polizei spricht später von einem kritischen Punkt beim Zusammentreffen der beiden Veranstaltungen, das aber ohne nennenswerte Zwischenfälle verläuft. Während sich die vermummte Antifa hinter dem Geländer des Platzes positioniert hat, beschimpfen sich beide Seiten gegenseitig als „Nazis“. Etwas abseits des Tumults stehen besorgte Bürger, von denen einer sichtlich betroffen wirkt. „Ich bin schockiert, wie viele Spaziergänger unterwegs sind, die Tatsachen verdrehen und die Gegendemonstranten als Nazis bezeichnen. Wie viel Unvernunft unterwegs ist, schlägt den Boden aus“, sagt er.

Eine Gruppe Frauen ist zur Gegendemo gekommen, „um zu zeigen, dass wir noch da sind“. Die Skeptiker seien in den Medien präsent und mehr und mehr von Rechten gekapert. Die aber, die brav zum Impfen gingen, seien die leise Mehrheit. Die Vernunft sei immer noch das, was siegen würde. Die Nachbarin pflichtet ihr bei: Es gebe unterschiedliche Meinungen, aber auch Fakten. „Wir stehen auch hier, weil wir für die Wissenschaft stehen. Weil wir der Wissenschaft vertrauen. Deshalb haben wir uns impfen lassen.“ Die Menschen hätten mit den Füßen abgestimmt und sich impfen lassen. Sie denkt, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen auf der Seite der Wissenschaft steht.

Teilnehmer der Gegendemonstration. Foto: Matthias Kehrein

Sich in jedem Ort bemerkbar machen

Am Ende zieht Bianca Paffenholz von „Köln ist aktiv“ ein positives Fazit: Während des Zuges seien viele Leute dazugekommen. Im Vergleich zum ersten angemeldeten Montagsspaziergang eine Woche vorher habe sich die Zahl der Teilnehmer verdoppelt. Sie spricht von 8.000 bis 10.000 Teilnehmern, die Polizei gibt eine weitaus geringere Zahl an, bestätigt aber auf Nachfrage, eine genaue Zahl nicht ermittelt zu haben. Das sei wegen der Zu- und Abgänge auf dem Zugweg schwierig.

Seit 20 Monaten schon veranstalte Paffenholz auch die Samstagsdemo mit Spaziergang, sie sei immer friedlich verlaufen. Und so solle es auch zukünftig laufen. Deshalb habe sie die anfänglichen Montagsspaziergänge ohne Anmeldung schließlich angemeldet, mit der Polizei läuft ein Kooperationsgespräch. Sie halte aber nichts davon, die großen Umzüge immer größer zu machen. Sich in jedem kleinen Ort bemerkbar zu machen, nutze dem Anliegen mehr, sich in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen.

Laut dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, fanden an einem Tag in der ersten Januarwoche mehr als 1.000 Veranstaltungen gegen die Coronapolitik statt. Mehr als 200.000 Teilnehmer seien auf die Straße gegangen.

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