Penny verlangt „Wahre Preise“: Kunden wütend – Marketing-Experte rechnet ab

Der Discounter wollte mit der Aktion „Wahre Kosten“ mehr PR – und zugleich ein Zeichen für die Umwelt und das Klima setzen. Doch die Kampagne könnte zum Eigentor werden. Penny erntet deutlich mehr Kritik als Zuspruch. Ein Marketing-Experte vergleicht die Aktion gar mit „Klimakleben“.
„Wahre Kosten“: Penny-Kunden wütend – Marketing-Experte rechnet ab
Ein Einkaufswagen mit neun ausgewählten Waren, die bei der Penny-Aktion „Wahre Kosten“ verteuert wurden.Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images
Von 4. August 2023

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Die Supermarktkette Penny rechnet zu Beginn der Klima-Aktion nach eigenen Angaben wegen der höheren Preise auf neun Produkte mit einem Umsatzrückgang. Nach den ersten Tagen der Aktion registrierte der Markt allerdings gute Verkaufszahlen.

Das liegt jedoch nicht daran, dass die Mehrheit der Kunden die PR-Maßnahme gutheißen. Im Gegenteil: Eine Umfrage von YouGov zeigte im Vorfeld der Aktion, dass lediglich 16 Prozent die Produkte zum teureren Preis kaufen würden, wie die FAZ berichtet. 44 Prozent wollen die Aktion nicht durch einen Kauf der Produkte unterstützen. Rund 30 Prozent gaben an, dass sie in ihrer Nähe keinen Penny-Markt hätten, in welchem sie einkaufen könnten. Zehn Prozent machten keine Angaben.

Optisch wie gewöhnliche Rabattaktion

Der Grund, warum doch kaum weniger Kunden die verteuerten Aktionsprodukte kauften, ist ein anderer: die Sichtbarkeit. Sie bemerken den hohen Preis erst, wenn der Kassierer das Produkt über den Scanner gezogen hat – wenn überhaupt.

Fällt es ihnen auf, bekommen das laut „Welt“ die Mitarbeiter deutlich zu spüren. So sagte etwa ein Kassierer in einer Hamburger Penny-Filiale:

Wir bekommen von den Kunden nur Beschwerden ab.“

Während die Aktion in den Medien Wellen schlägt, sind die Hinweise darauf in den Filialen laut „Welt“ kaum sichtbar. Nur an den Produkten selbst weist ein etwa DIN A4 großes, flexibles Pappschild auf die Aktion hin.

Die Aufmachung mit dem großen roten Preis auf gelbem Grund lässt allerdings beim flüchtigen Blick auf ein Schnäppchen-Sonderangebot schließen, nicht auf eine Verteuerungsaktion. Dasselbe gilt für den groß gedruckten Slogan „Bei diesem Preis geht’s um die Wurst.“

Penny

Bei der Klima-Aktion sind manche Produkte teils deutlich teurer. Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images

Lebensmittel noch zu billig?

Penny-Chef Stefan Görgens hat seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr als Ziel ausgerufen, dem Discounter aus der REWE-Gruppe ein frischeres und nachhaltigeres Image zu verleihen. Die Aktion solle dazu dienen, den Kunden die „wahren Kosten“ inklusive Folgekosten für die Umwelt zu veranschaulichen.

In der Aktionswoche kostet etwa die 400-Gramm-Packung Wiener Würstchen von Mühlenhof 6,01 Euro. Vorher waren es 3,19 Euro. Für Bio-Wiener von Naturgut werden 5,36 Euro statt 3,29 Euro fällig. Die Handelskette findet laut „Focus“, dass Lebensmittel insgesamt noch viel zu billig sind.

„#PennyNeinDanke“ kursiert im Netz

Die Reaktionen auf die Aktion sind gemischt. Gemäß der oben erwähnten Umfrage äußerten eher wenige Menschen ihre Zustimmung für die Aktion aus. Die Mehrheit der Reaktionen fällt kritisch aus.

Auf dem Kurzbotschaftendienst X sind Kommentare von „Wucher“ bis „Penny gehört boykottiert – als Warnung der Zivilgesellschaft gegen den Faschismus der Klimaterroristen“ zu finden. Viele posten ihren Beitrag mit dem Hashtag #PennyNeinDanke.

Eine von der Supermarktkette enttäuschte Kundin teilte in dem Netzwerk einen Brief, den sie wohl auch der REWE Group zukommen ließ. Darin schrieb sie etwa, dass sich der Discounter „mehr und mehr zu einem woken Umerziehungslager“ gewandelt hat.

Experte: „Das hat schon etwas von Klimakleben“

Marketing-Experte Hans-Willi Schroiff ist nicht ganz gegen die Kampagne, allerdings kommt sie seiner Ansicht nach in einer denkbar ungünstigen Phase.

Der Zeitpunkt ist problematisch, wo der Großteil der Konsumenten unter der immer noch hohen Inflation leidet.“

Diese gaben die Behörden für Juli mit 6,2 Prozent an. „Die Preise gehen nicht zurück, sie haben sich auf diesem hohen Niveau stabilisiert“, sagt er. „Jetzt den Kunden noch die ‚Kosten‘ für die zukünftigen und intangiblen Faktoren aus der Geldbörse zu ziehen, halte ich für schwierig.“

Dem Marketing-Experten, der früher für Henkel gearbeitet hat, fallen kaum Argumente ein, die für die Kampagne sprechen. Die Grundaussage, dass „eine Art Ressourcen-Raubbau betrieben wird, der kompensiert werden muss“, sei zwar nicht von der Hand zu weisen, sagt Schroiff.

Ob aber jeder Kunde mit schmalem Geldbeutel versteht, dass er den Gürtel jetzt noch enger schnallen muss, um die Zukunft zu retten? Das hat schon etwas von Klimakleben.“

Bauernverband: Ein Greenwashing-Projekt

Deutlich positiver sieht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) das Projekt. „Wir halten es für notwendig, dass Produkte zu Preisen verkauft werden, die deutlich näher an ihrem ‚wahren Preis‘ liegen“, heißt es in einer Mitteilung. Wichtig sei aber ein sozialpolitischer Ausgleich für finanziell schwächer gestellte Bürger.

Die Mehreinnahmen will Penny für ein Projekt zum Klimaschutz und zum Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden.

Dennoch äußerte sich der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, kritisch gegenüber der Kampagne. Er findet: „Die Penny-Aktion zu ‚wahren Kosten‘ ist vor allem ein auf Kosten der Bauern ausgetragenes Greenwashing-Projekt eines Discounters, der sich ansonsten wenig für faire Bepreisung interessiert.“

Der Discounter mache damit „auf Kosten der Bauern“ Eigenwerbung, berichtete der „Spiegel“. „Positive Effekte der landwirtschaftlichen Produktion bleiben schlichtweg unberücksichtigt“, beklagt Krüsken weiter. „Es ist mehr als zweifelhaft, wenn solche Methoden auch noch zur Margensteigerung im Handel beitragen.“



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