Private Gasverbraucher auch bei Ausrufung der Notfallstufe abgesichert

Was bedeutet die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas für Privathaushalte, die mit Gas heizen und ihr Wasser erhitzen? Auch wenn die Lage immer ernster zu werden scheint, können die privaten Verbraucher derzeit unbesorgt sein - sie genießen sogar besonderen Schutz.
Titelbild
Ein Mann dreht am Thermostat einer Heizung.Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/dpa
Epoch Times30. März 2022

Mit der Ausrufung der Frühwarnstufe des Notfallplans Gas setzt die Bundesregierung ein deutliches Zeichen – die Lage ist ernst. Private Verbraucher müssen sich vorerst um ihre Gasversorgung dennoch keine Sorgen machen, anders jedoch die Industrie. Ein Überblick:

Was ist der Notfallplan Gas?

Der Notfallplan Gas beruht auf einer europäischen Verordnung zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung aus dem Jahr 2017. Drei Eskalationsstufen eröffnen der Regierung dabei unterschiedlich große Handlungsspielräume. Die erste Stufe ist die Frühwarnstufe, es folgen die Alarmstufe und die Notfallstufe. Bisher wurde in Deutschland noch nie Gebrauch von dem Notfallplan gemacht. Italien und Lettland riefen Ende Februar und Anfang März die Frühwarnstufe aus.

Was bedeutet die Ausrufung der Frühwarnstufe?

Die Frühwarnstufe bedeutet, dass die Bundesregierung unter Leitung des Wirtschaftsministeriums die Lage am Gasmarkt genau beobachtet. Ein Krisenteam aus Behörden, Energieversorgern, Fernleitungsnetzbetreibern und Vertretern der Bundesländer tritt regelmäßig zusammen und berät die Regierung. Gasversorger und Netzbetreiber liefern der Bundesregierung regelmäßige Lageeinschätzungen.

Noch greift der Staat allerdings nicht aktiv in den Gasmarkt ein. Vielmehr müssen Gaslieferanten und Netzbetreiber im Rahmen sogenannter marktbasierter Maßnahmen mehr Gas beschaffen, die Speicher bestmöglich füllen und Gasflüsse optimieren.

Was sind die nächsten Schritte?

Die Frequenz der Krisengespräche wird erhöht, Spediteure und Gaskunden können von den Behörden gebeten werden, freiwillig mehr Gas zu liefern beziehungsweise weniger Gas zu verbrauchen.

Ruft die Bundesregierung die Notfallstufe aus, kann sie aktiv ins Marktgeschehen eingreifen: Die Bundesnetzagentur entscheidet dann, wer noch wie viel Gas geliefert bekommt. Besonderen Schutz genießen dabei private Verbraucher, soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser sowie Gaskraftwerke, die auch der privaten Wärmeversorgung dienen – sie müssen „möglichst bis zuletzt“ mit Gas versorgt werden, erläutert das Wirtschaftsministerium.

Wie ist die aktuelle Versorgungslage in Deutschland?

„Die Versorgungssicherheit ist weiter gewährleistet“, betonte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch. Die Ausrufung der Frühwarnstufe sei eine Maßnahme, „um für den Fall einer Eskalation seitens Russlands gewappnet zu sein“. Aktuell sind die Gasspeicher in Deutschland zu 26,5 Prozent gefüllt und verzeichnen einen täglichen Nettozufluss von 0,21 Prozent.

Ist die Versorgung von Verbrauchern gesichert?

Privatkunden genießen auch in der Notfallstufe besonderen Schutz. Laut dem Energiewirtschaftsgesetz ist Privatkunde, wer Energie für den eigenen Verbrauch im Haushalt nutzt oder wessen Jahresverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke 10.000 Kilowattstunden nicht übersteigt. Gasversorger müssen die Erdgasversorgung dieser Kunden über einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen gewährleisten und dafür entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen. Nicht auszuschließen sind allerdings weitere Preiserhöhungen.

Inwiefern sind Unternehmen betroffen?

Die Entscheidung über die Priorisierung der Gasversorgung von Unternehmen im Falle der Notfallstufe trifft die Bundesnetzagentur. Das Ziel dieser Priorisierung ist die Sicherung des lebenswichtigen Bedarfs an Gas unter der Berücksichtigung der geschützten Kunden und einer Minimierung der Folgeschäden – eine genaue Reihenfolge, welche Unternehmen oder Branchen als Erstes vom Gasnetz abgeschnitten werden, ist nicht festgelegt.

Die Bundesnetzagentur bereitet sich nach eigenen Angaben auf die Notfallstufe vor. In einem solchen Fall seien Schäden „kaum zu vermeiden“, es gelte dann „Schäden zu begrenzen“. Der Wunsch nach der Vorbereitung einer Reihenfolge sei aus Gründen der Planungssicherheit für die Unternehmen zwar nachvollziehbar, erklärte die Netzagentur. Aufgrund der Komplexität der Situation würden jedoch „immer Einzelfall-Entscheidungen getroffen“. Nach eigenen Angaben erarbeitet die Bundesnetzagentur jedoch Kriterien, die für eine „Gesamtabwägung maßgeblich herangezogen werden können“.

Der Gasverbrauch der deutschen Industrie ist hoch: Rund 31 Prozent der verbrauchten Energie wird laut Statistischem Bundesamt mit Erdgas gedeckt, auch als Vorprodukt spielt Gas insbesondere in der chemischen Industrie eine wichtige Rolle. Knapp 37 Prozent des Gasverbrauchs in der Industrie entfielen 2020 auf die Herstellung chemischer Erzeugnisse, Nahrungs- und Futtermittelherstellung machten weitere knapp elf Prozent des Gasverbrauchs aus. Die Metallindustrie verbrauchte 10,3 Prozent. (afp/mf)



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