Radwege für Peru „nichts Negatives“ – Schulze fordert mehr Geld für Entwicklungshilfe

Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD) will bei den Haushaltsberatungen keine weiteren Kürzungen für ihr Ressort akzeptieren. Im Gegenteil bedürfe es noch mehr Geld. Das sei auch im Interesse Deutschlands.
Svenja Schulze ist eine der treibenden Kräfte für die Reform der Weltbank.
Das Archivbild zeigt Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bei einem früheren Pressetermin. Aktuell fordert sie mehr statt weniger Geld für ihre Projekte.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 18. April 2024

Während der Bundesrechnungshof die Ampelregierung zu größeren Sparanstrengungen und einem „durchgreifenden Konsolidierungsplan“ ermahnt, will Svenja Schulze (SPD), die Chefin des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), offenbar noch mehr Geld für Auslandsprojekte ausgeben.

„Ich will das klar sagen: Schon das bestehende Budget ist nicht angemessen“, erklärte Schulze in einem aktuellen Gespräch mit dem Magazin „Stern“. Ihr Ministerium habe bereits im vergangenen Jahr Etat-Einsparungen verkraften müssen. Was man letztlich auch „hinbekommen“ habe. „Aber so kann es nicht weitergehen, denn die Weltlage erfordert mehr Geld, nicht weniger“, beharrte Schulze nach Informationen des „Focus“ auf mehr Mitteln.

Insgesamt gehe es auch um „Deutschlands Interessen“. Diese seien „nicht nur kurz-, sondern auch langfristig“ zu beachten. Denn schließlich werde jeder zweite Euro im Handel mit anderen Ländern verdient, gab Schulze nach Informationen des „Deutschlandfunks“ (DLF) zu bedenken. Auch beim Import von Rohstoffen sei die Bundesrepublik auf das Ausland angewiesen. Um in diesem Punkt nicht allein von China abhängig zu sein, benötige man „gute internationale Partnerschaften“.

Nahverkehrsförderung für Peru „nichts Negatives“

Es liege zudem auch „in unserem Interesse“, dass „überall auf der Welt […] Treibhausgase“ eingespart würden. Das sei im Übrigen der Grund, dass ihr „Vorgänger von der CSU“ die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs in Peru vorangetrieben habe, erklärte Schulze, angesprochen auf die mittlerweile legendären „Radwege“. „Mich ärgert, dass das jetzt als etwas Negatives dargestellt wird“, so die Nachfolgerin von Gerd Müller.

Bereits im vergangenen Januar hatte Schulze ebenfalls die Unverzichtbarkeit von Klimaschutzprojekten im Ausland betont. In einem Gespräch mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) argumentierte Schulze am 11. Januar 2024:

Wenn wir aufhören würden, gemeinsam mit Partnerländern weltweit am Klimaschutz zu arbeiten, hätten wir bald jedes Jahr Hochwasser in Deutschland.“

Umschichtungsforderungen: Populistisch, kurzsichtig, rechtsradikal?

Forderungen aus den Reihen der Union, die Entwicklungshilfegelder lieber für heimische Hochwasserhilfen oder die hiesige Landwirtschaft einzusetzen, nannte Schulze damals laut RND „populistisch und erschreckend kurzsichtig“. Noch vor wenigen Tagen bezeichnete sie Angriffe auf die Entwicklungspolitik im ARD-Magazin „Bericht aus Berlin“ als eine „gezielte Kampagne von Rechtsradikalen“ (Video auf X). Vor rund elf Monaten hatte Schulze sich zudem für mehr Zuwanderung aus Entwicklungsländern ausgesprochen.

Im aktuellen „Stern“-Interview vom 17. April 2024 räumte Schulze nun ein, dass „Zusammenhänge in der Entwicklungsarbeit oft komplex und schwer in der Öffentlichkeit zu vermitteln“ seien, wie der DLF schreibt. Deshalb sehe sie noch Erklärungsbedarf seitens der Politik zum Thema internationale Zusammenarbeit – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen.

„Eigentlich müssten wir an die Schuldenbremse ran“

Wie auch andere ihrer Parteigenossen und auch Vertreter aus den Reihen der Grünen würde Schulze zur Finanzierung der Auslandsprojekte am liebsten mehr Kredite aufnehmen lassen: „Eigentlich müssten wir an die Schuldenbremse ran.“ Dass sich die FDP dem noch immer in den Weg stelle, sei nach Schulzes Ansicht „langfristig nicht vernünftig“, wie der „Focus“ aus dem „Stern“-Interview (Bezahlschranke) zitiert.

Natürlich wollen wir nachfolgenden Generationen solide Finanzen hinterlassen. Aber wir sollten ihnen eben auch eine funktionierende Infrastruktur hinterlassen, ein intaktes Klima – und verlässliche Partnerschaften in der Welt.“

All diese Ziele seien nicht zu erreichen, „wenn wir jetzt alles kurz und klein kürzen“, mahnte die Entwicklungsministerin laut „Focus“. „Es wird am Ende nämlich deutlich teurer, wenn wir jetzt in der Entwicklungszusammenarbeit sparen.“

Kritik an Lindners Arbeitsstil

Wie der DLF berichtet, richtete Schulze ihre Kritik auch direkt an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Anstatt den Haushalt wie in früheren Zeiten gemeinsam zu erarbeiten, gebe Lindner „einfach Einsparungen vor“. Nach Informationen des DLF hatte die Ampelregierung bereits etwa zwei Milliarden Euro aus dem ursprünglichen „Entwicklungsbudget“ für das Jahr 2024 gestrichen. Allein 940 Millionen davon habe Schulzes Ministerium einsparen müssen. Auch für 2025 plane Finanzminister Lindner weitere Kürzungen.

Der Bundesfinanzminister hatte die Frist für seine Kabinettskollegen, ihre Sparvorschläge für die Haushaltsberatungen 2025 einzubringen, in Einverständnis mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) erst vor wenigen Tagen bis zum 2. Mai 2024 verlängert. Die Aufstellung des Etats für 2025 gilt allgemein als große Herausforderung, weil in den aktuellen Planungen bereits eine Lücke in zweistelliger Milliardenhöhe klafft – die Rede ist allgemein von 15 bis 25 Milliarden Euro. Auch eine Entlastung durch höhere Einnahmen ist wegen der anhaltend schwachen Wirtschaftslage kaum zu erwarten.

11,52 Milliarden Euro für BMZ-Ausgaben

Nach Informationen des Bundestags sieht der BMZ-Etat für das Jahr 2024 ein Ausgabenvolumen von 11,22 Milliarden Euro vor. Im Jahr davor waren noch 12,16 Milliarden Euro bereitgestellt worden. Das „Transparenzportal“ liefert Details über vergangene, gegenwärtige und zukünftige Projekte zumindest des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Auch andere Ampelministerien wie etwa Robert Habecks Wirtschaftsministerium oder Annalena Baerbocks Auswärtiges Amt geben Steuergeld im Ausland aus. Nach einem aktuellen Artikel des Onlinemagazins „Tichys Einblick“ seien nach Daten der OECD aus Deutschland 2022 „weltweit 33,3 Milliarden Euro“ für Entwicklungshilfe geflossen, darunter 5,71 Milliarden für Indien. Insgesamt 454 Projekte fänden sich in einer Liste, die die Bundesregierung nach einer Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zusammengestellt habe.

Nach Recherchen des Onlinemagazins „NiUS“ beträgt das „Finanzierungsvolumen aller zugesagten Projekte“ sogar mehr als 61 Milliarden Euro. Demnach kämen „8.095 Projekte“ in 109 Ländern in den Genuss deutscher Hilfen.



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