Regierung will nach grünem Wahlsieg noch mehr „Klimaschutz“ – Ökonom warnt vor Fundamentalismus

Ökonom Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) sieht einen „bestimmten Fundamentalismus“ in der deutschen Debatte über Klima und Energie. Es ist davon auszugehen, dass der politische Druck auf die Versorgungsunternehmen nun weiter erhöht wird.
Von 28. Mai 2019

Nach dem Rekordergebnis für die Grünen und der Wahlschlappe für die Regierungsparteien CDU und SPD bei den EU-Wahlen haben diese angekündigt, künftig einen noch stärkeren Fokus auf den „Klimaschutz“ zu legen. Welche konkreten Maßnahmen man in Berlin dabei im Auge hat, dazu gibt es noch wenig Konkretes. Ein möglicher Schritt wäre es beispielsweise, die vor den EU-Wahlen vorerst ad acta gelegten Pläne für eine „CO2-Abgabe“ wieder hervorzuholen.

Womit aber jedenfalls zu rechnen sein wird, ist, dass die Politik die Vorgaben an die Energieversorger zur Erreichung der Ziele der „Energiewende“ noch weiter verschärfen und den Druck erhöhen wird. In den Vorstandetagen scheint man bereits nach Wegen zu suchen, sich darauf einzustellen. Die „Welt“ schreibt, dass RWE, E.ON & Co. jenes Szenario durchspielen, das sich ARD-Chefredakteur Rainald Becker bereits am sonntäglichen Wahlabend herbeigewünscht hatte: Deutschland wird von einem grünen Kanzler regiert.

„Das Erstarken der Grünen wird die Energieversorger zu einem konsequenten Umsteuern hin zu mehr erneuerbaren Energien und Wärme-/Verkehrswende zwingen“, droht Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die strategischen Optionen für die Unternehmen werden, je engmaschiger die politischen Vorgaben werden, immer geringer.

Energieunternehmen haben Appelle an Augenmaß aufgegeben

Die deutschen Energieunternehmen, die immer noch als Feindbilder der Befürworter eines radikalen ökologischen Umbaus der deutschen Energieversorgung und des deutschen Verkehrssystems gelten, sind von ihren anfänglichen Appellen, Augenmaß zu bewahren, längst abgerückt. Sie scheinen sich in ihr Schicksal gefügt zu haben.

Stefan Kapferer, Chef des BDEW, des Branchenverbandes der Energiewirtschaft, übt sich in Zweckoptimismus und äußert der „Welt“ gegenüber die Hoffnung, dass „in der Energie- und Klimapolitik jetzt mindestens einen Gang höher geschaltet wird“. Dabei meint er, dass der Druck auf die Politik größer würde, den Netzausbau voranzubringen, damit mehr Strom aus regenerativen Energiequellen nutzbar werde und der angestrebte Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien bis 2030 erreicht werden könne.

Inwieweit die Erreichung dieses politischen Ziels mit einer massiven Erhöhung ausländischer Energieimporte einhergehen wird, thematisierte er nicht. Kein Blatt vor den Mund nahm sich Markus Steilemann, Chef des Chemiekonzerns Covestro, der gegenüber dem „Tagesspiegel“ deutlich macht, dass utopistische Politik vom Schreibtisch aus konkrete Folgen im Alltagsleben haben kann:

„Wenn wir aus der Kernkraft und nun auch noch der Kohle aussteigen, dann müssen die erneuerbaren Energien als integraler Bestandteil eines Konzeptes zur Versorgungssicherheit die Lücke füllen“, erklärt er in dem Interview mit der Zeitung aus der Hauptstadt.

„Dann dürften die Preise schon in wenigen Jahren durch die Decke gehen“

Sollte entsprechende Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt sein, würden irgendwann möglicherweise auch Importe nicht ausreichen, um der Stromknappheit Herr zu werden. Die unausweichliche Konsequenz: „Dann dürften die Preise schon in wenigen Jahren durch die Decke gehen.“

Man bekomme zudem „auch bei der Speicherung und Regelung von erneuerbarer Energie und dem Leitungsausbau die Beine nicht auf den Boden“, zieht Steilemann Bilanz. Da Wind- und Solarstrom davon abhängig ist, dass der Wind weht und die Sonne scheint, wird er – oft sogar im Übermaß – erzeugt, wenn dies der Fall ist. An windstillen oder regnerischen Tagen hingegen wird weniger produziert als nachgefragt wird.

Solange die hochkomplexe Wirtschaft im Industrieland Deutschland jedoch nicht in der Lage ist, immer nur dann zu produzieren, wenn die Sonne scheint und der Wind weht, und bei Regen und Flaute die Maschinen abzuschalten, müssten technische Lösungen gefunden werden, um ausreichend Speicherkapazitäten zu schaffen. Diese sind nicht in Sicht, zumindest nicht in dem Maße, wie es erforderlich wäre, um die Verluste durch Atom- und Kohleausstieg auszugleichen. Und ob sich bis 2038, dem Jahr der geplanten Abschaltung der letzten deutschen Kohlekraftwerke, daran etwas ändern wird, steht in den Sternen.

Innogy wird neu aufgestellt

Ideologie fragt jedoch nicht nach den Tücken ihrer praktischen Umsetzung. Ökonom Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) spricht demnach auch von einem „bestimmten Fundamentalismus“ der in Deutschland geführten Debatte. Die Tendenz zur „Grün-Schwarz-Malerei – grüne Technologien sind toll, Kohle ist böse – wird durch das gestrige Wahlergebnis nur unwesentlich verstärkt“, zitiert ihn die „Welt“.

Die bereits vor einem Jahr vereinbarte Aufspaltung des einst zu RWE gehörenden und dann teilweise verselbstständigten Ökostromerzeugers Innogy, auf den sich die Konzernspitzen von RWE und E.ON geeinigt hatten, soll dem Versorger nun zumindest helfen, sich auf dem politisch hoch reglementierten und zusätzlich durch Subventionen verzerrten deutschen Energiemarkt Bewegungsfreiheit zurückzuholen.

E.ON soll die derzeit von RWE gehaltene Anteilsmehrheit übernehmen, aber nur noch Netz und Vertrieb operativ betreuen. Die Sparte der alternativen Energieerzeugung soll hingegen ebenso wie die E.ON-Beteiligung an Kernkraftwerken, Gasspeichern und dem ehemals vollständig landeseigenen Kärntner Versorgungsunternehmen Kelag an RWE gehen.

 

 



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