Söder vs. Protschka: Generalstaatsanwaltschaft prüft Aufhebung der Immunität

Der diesjährige politische Aschermittwoch beschäftigt – durch die zwei Anzeigen von Markus Söder (CSU) – auch nach mehreren Monaten noch die bayerische Justiz. Die beiden betroffenen Politiker von AfD und FPÖ sehen es gelassen.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, will laut eigener Aussage nicht für das Kanzleramt kandidieren.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.Foto: Bodo Schackow/dpa
Von 18. Mai 2023

Nachdem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den bayerischen AfD-Landeschef Stephan Protschka wegen Beleidigung angezeigt hatte, prüft jetzt die Generalstaatsanwaltschaft München, ob sie die Aufhebung der Immunität des AfD-Bundespolitikers beantragt.

Hintergrund ist die Rede Protschkas im Februar beim politischen Aschermittwoch. Dort hat der AfD-Politiker im niederbayerischen Osterhofen, in einer wie zum politischen Aschermittwoch üblicherweise polemisch und überspitzt ausgefallenen Rede, Söder unter anderem als „Landesverräter“ und „Södolf“ bezeichnet.

Söder stellte daraufhin eine Anzeige gegen Protschka nach Paragraf 188 des Strafgesetzbuchs. In dem Paragraf geht es um „gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“.

„Söder ist wahrlich ein Meister im Austeilen, kann dabei jedoch nicht einstecken“, kommentiert die AfD in einer Mitteilung Söders Anzeigen. Ein bayerischer Ministerpräsident müsse Spott ertragen können, umso mehr, wenn er bei einer Aschermittwochsrede vorgetragen werde, so die Oppositionspartei.

„Staatskanzlei lehnt jede Form von Nazi-Parolen ab“

Der Ministerpräsident und die Bayerische Staatskanzlei sehen das anders. „Selbst in der politischen Auseinandersetzung gibt es Grenzen: Die Bayerische Staatskanzlei lehnt jede Form von Nazi-Parolen und rechtsextremistischer Verleumdung entschieden ab“, sagte ein Sprecher bereits Ende April zu den Äußerungen in Richtung von Söder.

Im Falle von Protschka, der Bundestagsabgeordneter ist, kann die Justiz allerdings erst ermitteln, wenn der Bundestag dessen Immunität aufgehoben hat. Laut Geschäftsordnung des Bundestags wird die Immunität nicht aufgehoben, „soweit die Beleidigung politischen Charakters ist und keine Verleumdung darstellt“. Die entscheidende Frage ist also, ob Protschkas Äußerungen als Verleumdung definiert werden können.

„Söder, steh zu deinem Wort und trete zurück!“

Protschka sagte unter anderem damals in Osterhofen: „Wenn Söder nur ein einziges Wort halten würde, hätte er am 01.01.2023 zurücktreten müssen. Denn 2010 war er Umweltminister und hat damals mit grüner Krawatte gesagt – unser heutiger Landesvater oder Landesverräter, das hört sich besser an –: ‚Wenn die Kernkraftwerke nicht am 31.12.2022 abgeschaltet werden, dann trete ich zurück.‘ Söder, steh zu deinem Wort und trete zurück!“

An einer anderen Stelle sagte Protschka: „Und in Syrien und Afghanistan ist der Krieg zu Ende. In Afghanistan waren wir so gut, dass wir unsere Soldaten wieder abziehen konnten, so viel Frieden ist da unten. Dann können die ganzen Afghanen doch nach Hause gehen. Die haben bei uns nix mehr verloren. Aber das trifft ja unseren Södolf. Der blinkt ja zurzeit wieder rechts, weil Wahlen anstehen, biegt aber danach wieder links ab. Aber für Abschiebungen ist das Landesparlament verantwortlich. Also in dem Fall der Herr Söder. Bayern liegt bei den Abschiebungen im hinteren Drittel, bei dem ach so konservativen, ach so patriotischen Söder.“

Söder zeigte auch FPÖ-Politiker an

Zuvor hatte Söder bereits den österreichischen FPÖ-Politiker Gerald Grosz wegen Beleidigung angezeigt. Auch dieser hatte den bayerischen Ministerpräsidenten in seinem Auftritt als Gastredner beim politischen Aschermittwoch der bayerischen AfD in Osterhofen als „Landesverräter“ und „Södolf“ bezeichnet. Gegenüber Grosz, der auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach kritisch ins Visier nahm, hieß dann der Vorwurf: Er wollte die beiden deutschen Politiker [Söder und Lauterbach] „öffentlich verächtlich machen und in der öffentlichen Meinung herabwürdigen“.

In beiden Fällen ist jetzt die Staatsanwaltschaft Deggendorf aktiv. Die Anzeige von Söder gegen Grosz wurde am 12. März eingereicht, die gegen Protschka am 23. März. Die Aschermittwoch-Reden fanden am 22. Februar statt.

Grosz will Söder „honorarfrei“ eine „Lehrstunde“ erteilen

Als Grosz von der Anzeige gegen ihn erfuhr, legte er in einem offenen Brief an Söder noch nach. Darin hieß es unter anderem: „Das Beherrschen einer harten politischen Auseinandersetzung setzt rhetorische Brillanz, geistige Beweglichkeit, analytisches Denken und daraus folgend präzise Spontanität voraus.“

Wahre Autorität zeige sich nicht durch die mehr als zweifelhafte Besitznahme eines Amtes und die Befriedigung eines schwachen Selbstbewusstseins durch die rein äußerlichen Symbole der Macht, sondern ergebe sich aus der freien Zustimmung und ehrlichen Zuneigung der eigenen Landsleute, so der FPÖ-Politiker.

Zugleich bedankte sich Grosz in seinem Schreiben, dass Söder ihm dadurch „eine besondere Wertigkeit und Prominenz“ verliehen habe. Zudem wolle der Österreicher dem gebürtigen Nürnberger vor Gericht „honorarfrei“ eine „Lehrstunde“ erteilen und ihm „die Grundsätze von Demokratie, Meinungsfreiheit, politischer Auseinandersetzung, Humor, Satire, Empathie, Amtsauffassung und nicht zuletzt Idealismus“ beibringen.

Das Wissen darüber habe Söder laut Grosz „irgendwo zwischen pseudomachiavellistischen Winkelzügen innerhalb der CSU-Amigos und der Krönung einer reizenden Bierkönigin“ verloren.

Wie entstand der Begriff „Södolf“?

Der Begriff „Södolf“ in Bezug auf den bayerischen Ministerpräsidenten Söder scheint offenbar während der Corona-Krise entstanden zu sein. Dort fiel der CSU-Politiker mit einer repressiven Corona-Politik auf, die teilweise von den Gerichten dann auch wieder verworfen wurde.

Kritiker der Corona-Maßnahmen, für die sich Söder massiv einsetzte, nutzten den Ausdruck „Södolf“, eine Wortneuschöpfung aus den Namen „Söder“ und „Adolf“. Mit dem Begriff wollten sie ihre Kritik ausdrücken an den als offenbar „totalitär“ empfundenen Corona-Maßnahmen.

Dazu gehörte unter anderem das landesweite Alkoholverbot, das im Januar 2021 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde, oder später die 2G-Regel in bestimmten Geschäften, die ebenfalls gekippt wurde. Im November 2022 entschied das Bundesverwaltungsgericht zudem, dass die bayerischen Ausgangsbeschränkungen im April 2020 zu streng waren. Es hätten mildere Maßnahmen zur Auswahl gestanden, so das Gericht.



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