SPD-Fraktion treibt Reform der Schuldenbremse voran – Bundesbank gibt Rückenwind

Die SPD-Bundestagsfraktion hat eine Steuerungsgruppe eingesetzt, die eine Reform der Schuldenbremse ausarbeiten soll. Fraktionschef Mützenich will zumindest keine Sozialausgaben für die Aufrüstung einsparen. Die Bundesbank hält eine „stabilitätswahrende“ Reform für denkbar.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zieht eine deutliche rote Linie bei möglichen Kürzungen im Sozialsystem.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zieht eine deutliche rote Linie bei möglichen Kürzungen im Sozialsystem.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 20. Februar 2024

Die Frage nach der Zukunft der Schuldenbremse könnte schon bald für neuen Zündstoff innerhalb der Ampelkoalition sorgen. Obwohl Bundesfinanzminister Christian Lindner und die FDP eine Aufweichung kategorisch ausschließen, hat die SPD-Bundestagsfraktion am Montag, 19. Februar, eine sogenannte Steuerungsgruppe eingesetzt. Diese soll ein Konzept für eine Reform der Schuldenbremse ausarbeiten. Die Partei erhält dabei nun Rückenwind durch die Bundesbank: Diese hält eine „stabilitätswahrende“ Reform für machbar.

SPD-Fraktion will Schuldenbremse dauerhaft modifizieren

Die SPD hält Modifikationen der Schuldenregel angesichts der politischen Großwetterlage für unabdingbar. Wie die Grünen sieht man auch in den Reihen der Sozialdemokraten staatliche Investitionen als Weg aus der Wachstumsflaute. Dazu kommen die Ambitionen bezüglich der Aufrüstung und Ukraine – und der eigenen Truppe.

Für Minister Lindner wird die Luft unterdessen immer dünner. Die FDP hatte einer möglichen Aussetzung der Schuldenbremse für 2024 zugestimmt für den Fall, dass sich die militärische Lage der Ukraine verschlechtern sollte. Jüngst musste diese die Stadt Awdijiwka räumen.

SPD-Fraktionschef Ralf Mützenich hat nun die Flucht nach vorn angetreten. Im „Tagesspiegel“ verkündete er die Einrichtung einer Steuerungsgruppe. Diese solle über eine Aussetzung für 2024 hinaus ein Reformkonzept entwerfen, das eine permanente Veränderung der Schuldenbremse vorsieht.

Schuldenquote von 60 Prozent als Richtwert

Mützenich relativierte dabei auch eine Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz. Dieser hatte in der Vorwoche erklärt, die „allermeisten“ Bürger hätten Verständnis dafür, wenn Geld, das in Verteidigung investiert werde, „für andere Dinge fehlt“. Der Fraktionschef machte deutlich, dass sich diese Aussage nicht auf soziale Hilfsleistungen beziehe.

Die SPD werde, so Mützenich, nicht zulassen, dass die Ukraine-Hilfe gegen soziale Belange oder den Kampf gegen den Klimawandel „ausgespielt wird“. Einen Abbau sozialer Rechte von Beschäftigten werde es nicht geben. Ähnlich klingt es vonseiten der Grünen, die im Fall sozialer Kürzungen gesellschaftliche Verwerfungen und wirtschaftlichen Schaden befürchten.

Unterdessen hat die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht eine „stabilitätswahrende“ Reform der Schuldenbremse zu einer denkbaren Option erklärt. Entscheidend sei, dass eine Schuldenquote gewahrt bleibe, die nicht über einem Referenzwert von 60 Prozent liege.

Wissenschaftlicher Beirat für Trennung zwischen Konsum und Investitionen bei Schuldenbremse

Die Schuldenquote bezeichnet die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Derzeit liegt diese in Deutschland bei etwa 67 Prozent, bis Ende der 2020er wird ein Rückgang auf 60 Prozent erwartet. Zum Vergleich: In den USA liegt sie bei 122 Prozent, in Venezuela bei 158, in Griechenland bei 177 und in Japan bei 261.

Sollte dieser Referenzrahmen eingehalten werden, „lassen sich auch Teile des Kreditspielraums für bestimmte staatliche Ausgaben reservieren“. Im Bericht nehmen die Notenbanker auf eine „gekappte Goldene Regel“ Bezug.

Bereits vor einigen Wochen hatte der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium eine ähnliche Vorgehensweise vorgeschlagen. Er plädierte dafür, nur Konsumausgaben wie Sozialstandards unter die Schuldenbremse fallen zu lassen. „Substanzerweiternde Nettoinvestitionen“ sollen hingegen ausgeklammert werden.

Der Beirat schlug zudem vor, den zeitlichen Rahmen für die längerfristige Finanzplanung zu erweitern. Kritiker weisen darauf hin, dass eine Unterscheidung zwischen staatlichen Konsum- und Transferausgaben und staatlichen Investitionen nicht immer trennscharf möglich ist. Bezüglich beider Kategorisierungen gebe es erheblichen Interpretationsspielraum. Der Beirat plädierte deshalb für eine Kontrolle des Gebarens durch ein unabhängiges Expertengremium oder den Bundesrechnungshof. Diese könnte man auch mit einem Vetorecht ausstatten.

Wie „table.media“ schreibt, zeichnet sich für den Haushalt 2025 eine Finanzierungslücke im zweistelligen Milliardenbereich ab.



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