„Sprachliche Bereinigung“: Bundestag tilgt Begriffe wie „Reichsregierung“ aus Gesetzestext

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Vor dem Reichstagsgebäude in Berlin.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times11. Februar 2021

Der Bundestag hat am Donnerstag eine Neufassung des mehr als 80 Jahre alten Gesetzes zur Namensänderung beschlossen, um Begriffe aus der Zeit des Deutschen Reichs zu tilgen. Der bislang gültige Gesetzestext enthielt immer noch Begriffe wie „Reichsregierung“, „Reichsminister des Innern“ und „Deutsches Reich“. Dies seien „überholte sprachliche Bezüge“, die nun in der Neufassung „bereinigt“ und durch moderne Begriffe ersetzt würden, heißt es in der nun angenommenen Gesetzesvorlage.

Das Namensänderungsgesetz war unter der nationalsozialistischen Diktatur im Januar 1938 beschlossen worden. Nach Gründung der Bundesrepublik wurde es Bundesrecht und galt als solches fort. Die überholten Begriffe blieben enthalten.

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) erklärt dazu:

„Wir können dankbar sein, dass es trotz des Holocausts wieder jüdisches Leben und jüdische Kultur in Deutschland gibt. Ihre Existenz ist eine Bereicherung unserer Gesellschaft. Diese Entwicklung ist keine Selbstverständlichkeit und angesichts unserer Geschichte eine besondere Vertrauenserklärung gegenüber unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat, der wir geprägt werden wollen. Im Sinne dieser Verpflichtung ändern wir das Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen, das in seiner praktischen Bedeutung gering, doch von hohem symbolischen Wert ist.“

„Es wurde in der Zeit des Nationalsozialismus erlassen und dabei mit einem dezidiert antisemitischen Hintergrund ausgestattet. Das Namensänderungsgesetz ermächtigte im Januar 1938 den Reichsinnenminister Wilhelm Frick, ein radikaler Antisemit und Nationalsozialist der ersten Stunde, zum Erlass von Verordnungen, die darauf gerichtet waren, jüdische Staatsbürger anhand ihrer Vornamen kenntlich zu machen und auszugrenzen. Sofern sie nicht ohnehin bereits einen Vornamen trugen, der von den Nationalsozialisten als typisch jüdisch angesehen wurde, mussten sie von Januar 1939 an zusätzlich den Zwangsvornamen Israel oder Sara annehmen und im amtlichen Verkehr nennen.“

„Das Namensänderungsgesetz hatte bei der Ausgrenzung und Entrechtung der Juden eine herausragende Bedeutung. In der Sache war es bereits lange vor der Einführung des Judensterns die erste systematische Kennzeichnung der jüdischen Staatsbürger und damit ein Schritt auf dem Weg in die Shoah, der Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden. Auch wenn heute der Inhalt des Namensänderungsgesetzes ein ganz anderer ist, finden sich in ihm immer noch sprachliche Relikte, die den Eindruck erwecken könnten, das Deutsche Reich wäre ein nach wie vor existierender Staat. Beispielsweise verwendet das Gesetz Begriffe wie ‚Deutsches Reich‘, ‚Reichsregierung‘ und ‚Reichsminister des Innern‘.“

Und weiter: „Obwohl das Namensänderungsgesetz in der Vergangenheit mehrfach überarbeitet und sogar gendergerecht reformuliert wurde, wurden solche Begriffe bisher nicht getilgt. Gerade in Zeiten des wieder erstarkenden Judenhasses und der wachsen-den Bedrohung durch Rechtsextremisten wollen wir ein klares Zeichen setzen. Das bedeutet auch, dass spätestens bei nächster Gelegenheit auch die weiteren noch rund 40 Gesetze oder Verordnungen geändert werden, in denen Begriffe wie ‚Reichsminister, Deutsches Reich, Reichsregierung‘ auftauchen.“  (afp/ks)



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