Stahlkrise und Energiewende: EU-Stahl ist durch die CO2-Grenzwerte nicht mehr konkurrenzfähig

Die EU verhängte bereits 2016 Strafzölle auf Stahl - doch diese seien mit nur 14 bis 16 Prozent zu niedrig, klagte damals Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Was steckt eigentlich hinter der Stahlkrise?
Von 10. März 2018

In Europa werden jährlich rund 150 Millionen Tonnen Stahl hergestellt, davon produzierte Deutschland 42 Millionen Tonnen Rohstahl (2016), das entspricht mehr als einem Viertel allen EU-Stahls. Deutschland ist damit der größte Stahlhersteller in der EU, weltweit liegt Deutschland an siebenter Stelle.

Nun verhängte US-Präsident Trump am 8. März 2018 Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahlimporte. Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, erklärte: „Die USA schotten sich mit dieser Entscheidung bei Stahl weitgehend vom Rest der Welt ab. Mit diesem klar protektionistischen Eingriff in den internationalen Handel verschafft die US-Regierung ihrer Stahlindustrie unfaire Wettbewerbsvorteile.“

Er fordert von der EU: „Die Europäische Union muss jetzt umgehend und wirkungsvoll ihre Stahlindustrie vor den Auswirkungen dieser protektionistischen US-Politik schützen.“

Zur Erinnerung: Die EU verhängte bereits 2016 Zölle gegen Stahl aus China

Die EU verhängte bereits 2016 Zölle gegen Billigeinfuhren aus China, die jedoch der Branche nicht weit genug gehen (Siehe hier). „Die Höhe ist bei Weitem nicht ausreichend“, klagte Hans Jürgen Kerkhoff damals in der „Welt“.

Obwohl Dumpingspannen von fast 60 Prozent nachgewiesen werden konnten, wurden nur Zölle von 14 und 16 Prozent festgelegt. Damit wird das unfaire Verhalten der chinesischen Anbieter auf dem europäischen Markt nicht unterbunden.“

Was steckt dahinter?

In einem Stahlwerk wird der Bessemer Konverter mit neuem Material beschickt. Foto: iStock-Fotografie

EU-Stahl ist durch die CO2-Grenzwerte nicht mehr konkurenzfähig

Die Stahlkrise in Deutschland basiert auf zwei Faktoren: Einerseits macht billig produzierter Stahl aus China den Herstellern seit Jahren zu schaffen. Andererseits drohen den Herstellern Mehrkosten im Milliardenhöhe – durch die Energiewende.

So sieht die sogenannte vierte Handelsperiode der EU-Kommission ab dem Jahr 2021 vor, „die Grenzwerte für den CO2-Ausstoß abzusenken und gleichzeitig die Zahl der verfügbaren industriellen Verschmutzungsrechte zu verknappen“ (Quelle: „Welt“, 2016).

Europäischer Stahl wäre damit nicht mehr konkurenzfähig. Sigmar Gabriel sprach 2016 von einer „Dummheit“, die sich Europa ohne Not selbst einbrockt. So rief Sigmar Gabriel den Stahlarbeitern als Wirtschaftsminister zu („Welt“):

Wenn wir die Belastungen weiter hochschrauben, wandert die Produktion in andere Länder ab – und dann haben wir am Ende beides nicht: die Jobs und den Klimaschutz.“

Rein technisch gesehen …

Auch Prof. Dr. Hans-Günter Appel vom Stromverbraucherschutz NAEB e.V. schreibt, dass die Energiewende zum Niedergang der Stahlindustrie in Deutschland führt.

Denn: Rein technisch benötigt man zur Produktion von Stahl aus Erz Kohle, die den Sauerstoff aus dem Erz als Kohlenstoffdioxid (CO2) bindet und die notwendige Schmelzwärme erzeugt. Insgesamt seien für 1 Tonne Stahl 520 kg Kohle erforderlich, die zu 1,9 Tonnen CO2 umgewandelt werden.

Es ist rein technisch nicht möglich, die Kohlenstoffdioxid-Emissionen pro Tonne Stahl noch weiter zu mindern. Bisher erhält die deutsche Stahlindustrie kostenlose CO2-Zertifikate. Nach den Forderungen der Grünen drohen aber in Zukunft Zertifikatskosten von mindestens 20 Euro pro Tonne CO2.

Das bedeutet eine weitere Erhöhung der Produktionskosten von rund 10 Prozent, bei einem Erlös von 400 bis 500 Euro pro Tonne Rohstahl.

Kostengünstiger: Andere Länder verlangen keine CO2-Abgaben

Die deutsche Stahlindustrie kann dies im internationalen Wettbewerb trotz modernster und hocheffizienter Anlagen nicht schultern, weil viele Länder keine derartige Abgabe verlangen und darüber hinaus weit günstigere Stromkosten haben.

Die Stahlwerke werden insolvent oder müssen ihre Produktion in kostengünstige Länder verlegen.

Stahl aus Schrott wird heute weitgehend elektrisch in Lichtbogenöfen mit Leistungen bis zu 100 Megawatt geschmolzen. Das sind rund 10 Prozent der Leistung eines Kernkraftwerkes oder eines großen Kohlekraftwerkes. Je Tonne Stahl werden 400 Kilowattstunden (kWh) Strom benötigt.

Bisher sind die Stahlwerke von der Abgabe nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) befreit. Auch hier werden politische Forderungen laut, diese „Privilegien“ aufzuheben. Damit würden die Produktionskosten um 28 Euro pro Tonne Stahl steigen.

Der Stahl ist damit nicht mehr wettbewerbsfähig gegenüber Ländern, die keine Energiewende kennen und geringe, marktgerechte Strompreise haben.

Darüber hinaus drohen durch den wetterwendischen Ökostrom in Zukunft Stromausfälle: Wenn der flüssige Stahl vorzeitig im Produktionsprozess erstarrt, drohen hohe Verluste durch die Zerstörung von Schmelz- und Gießanlagen.

Arbeiter im Stahlwerk Foto: iStock

Verlagerung ins Ausland

Man braucht kein großer Wirtschaftsexperte zu sein, um vorauszusagen, wie die Verlagerung der deutschen Stahlindustrie ablaufen wird.

  • Die Produktion in Deutschland läuft zunächst weiter.
  • Die Instandhaltung der Anlagen wird gestoppt.
  • Es werden nur noch die für die Aufrechterhaltung der Produktion unbedingt notwendigen Reparaturen durchgeführt.
  • Mit den weitgehend abgeschriebenen Anlagen ohne Instandhaltungsaufwand wird noch Geld verdient.
  • Mit diesem Geld werden im kostengünstigen Ausland neue Werke aufgebaut.
  • Wenn die Reparaturkosten der auf Verschleiß gefahrenen Werke in Deutschland zu hoch werden, wird die Firma an einen „Investor“ verkauft, der sie in die Insolvenz treibt.
  • In vielen Fällen verlieren dann die Mitarbeiter nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch noch zugesagte Werkspensionen.

Die Flucht aus dem Energiewendeland Deutschland läuft seit mehr als 10 Jahren und bleibt teils unbemerkt, teils wird sie sogar als wichtige Auslandsinvestition von der Politik gefeiert.

Der Maschinenbau braucht die Nähe zur Stahlindustrie

Doch auch dem deutschen Maschinenbau mit der Automobilindustrie an der Spitze droht Unheil, wenn die Stahlindustrie Deutschlands versagt.

Stahl hat sich in den letzten 50 Jahren zu einem High-Tech-Werkstoff entwickelt. Es gibt Stähle mit hervorragender Tiefziehfähigkeit, mit hohen Festigkeiten bei guter Verformbarkeit, hoher Verschleißfestigkeit und vielen anderen nachgefragten Eigenschaften.

Bereits bei der Planung einer neuen Maschine arbeiten die Konstrukteure und Fertigungs-Ingenieure mit den Stahlherstellern zusammen, um optimale Bauteile zu konzipieren, die die Fertigung erleichtern, die Beanspruchbarkeit verbessern und die Kosten minimieren.

Mit der Aufgabe der Stahlindustrie in Deutschland müssen diese Kontakte in fremden Ländern geknüpft werden. Höhere Kosten und auch teure Lieferausfälle sind zu erwarten.

China will 1,8 Millionen Arbeitsplätze streichen

Im Jahr 2020 soll nach Angaben der chinesischen Regierung die Produktionskapazität von Stahl rund 1,1 Milliarden Tonnen betragen. Der Eigenbedarf des Landes liegt bei rund 700 Millionen Tonnen.

Stahl aus China hat Experten zufolge einen durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Tonne Stahl, der um 500 Kilogramm höher als in Europa. (Quelle: „Welt“, 2016).

China hat das Problem der Überkapazitäten bereits in Angriff genommen und reagiert. So sollten im Jahr 2017 wegen der Überkapazitäten bereits eine halbe Million Jobs wegfallen, insgesamt werden in der Stahl- und Kohleindustrie 1,8 Millionen Arbeitsplätze gestrichen.

Umweltverschmutzung durch ein Stahlwerk, China:

Stahlwerk. Foto: iStock

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