Steuerschätzung 126 Milliarden Euro mehr als erwartet – Grund ist Inflation

Trotz der Krisensituation kann der Bund in den kommenden Jahren mit deutlich höheren Einnahmen rechnen als erwartet. Dies besagt die Steuerschätzung.
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Ein Mitglied des Arbeitskreises Steuerschätzung bei der Arbeit.Foto: Marcus Brandt/Illustration/dpa
Von 28. Oktober 2022

Am Donnerstag (27. Oktober) präsentierte Bundesfinanzminister Christian Lindner die aktuelle Steuerschätzung. Diese geht von deutlich höheren Einnahmen für den Bund aus als noch im Mai erwartet – und das bis 2026.

Wachstumsprognose zuletzt nach unten korrigiert

Der Arbeitskreis Steuerschätzung geht von 126 Milliarden Euro mehr als vorausgesagt aus, die trotz der Krise an Bund, Länder und Gemeinden fließen. Für dieses Jahr rechnet das Gremium zwar noch mit einem kleinen Minus von 1,7 Milliarden Euro. In den kommenden Jahren sollen die Steuereinnahmen jedoch kontinuierlich steigen – bis auf ein Plus von 46,8 Milliarden im Jahr 2026.

Dem Gremium gehören unter anderem Experten der Bundesregierung, der großen Wirtschaftsforschungsinstitute und des Statistischen Bundesamts an. Dazu kommen Vertreter der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Wirtschaftsentwicklung sowie von Ländern und Kommunen. Der Arbeitskreis kommt jedes Jahr im Frühjahr und im Herbst zusammen, um seine Steuerschätzung abzugeben.

Im Zuge ihrer Herbstprojektion hat die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose gesenkt. Die Wirtschaft – durch die Folgen von Corona, Krieg und Sanktionen geschwächt – soll dieses Jahr noch um 1,4 Prozent wachsen. Bereits im nächsten Jahr soll es dann jedoch auch nominell bergab gehen: um 0,4 Prozent. Die erwarteten Steuereinnahmen für 2024 von rund 993 Milliarden Euro beruhen auf einer Wachstumsprognose von 2,3 Prozent. Es wird sich erweisen, ob diese auf Zweckoptimismus oder soliden Grundlagen beruht.

„Doppelwumms“ noch nicht in der Steuerschätzung abgebildet

Bundesfinanzminister Lindner will die Mehreinnahmen nutzen, um im kommenden Jahr die wegen der Corona-Pandemie ausgesetzte Schuldenbremse wieder vollständig einzuhalten. Dies schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ). Die für 2023 erwarteten Mehreinnahmen in Höhe von 8,9 Milliarden Euro würden bedeuten, dass der Bund 937,3 Milliarden Euro einplanen könnte. Das wäre ein Einnahmerekord.

Der Minister warnte jedoch vor „Begehrlichkeiten“ infolge der Entwicklung. Spielräume würden die Mehreinnahmen nicht eröffnen, betonte Lindner. Zum einen seien in der Steuerschätzung bevorstehende staatliche Maßnahmen wie die Energiepreisbremsen noch nicht enthalten. Zum anderen bleibe die wirtschaftliche Entwicklung unsicher. Es könnten zusätzliche Entlastungsmaßnahmen für die von explodierenden Preisen geplagten Bürger und Unternehmen erforderlich werden.

Lindner hält unliebsame Überraschungen für denkbar

Neben dem sogenannten Abwehrschirm befänden sich auch noch Steuerpläne in der Beratung, die noch nicht in der Steuerschätzung eingepreist seien. Diese geht von der derzeit noch geltenden Rechtslage aus.

Zudem bleibe Deutschland „geopolitisch in äußerst schwierigen Zeiten“. Selbst die Prognose eines Minus von 0,4 Prozent im BIP des nächsten Jahres könne zu hoch gegriffen sein, so Lindner. Es könne „wirtschaftlich auch deutlich schlimmer kommen, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Steuereinnahmen“. Das bereits in den Gesetzgebungsprozess eingebrachte Inflationsausgleichsgesetz wolle man noch einmal nachbessern.

Mit diesem Vorhaben, das auf die Einkommenssteuer abzielt, will Lindner dem Umstand Rechnung tragen, dass die öffentlichen Haushalte ohnehin schon von der hohen Inflation profitieren.

Steuerschätzung für Kommunen nur ein schwacher Trost

Diese ist einer der Hauptgründe für das erhebliche Plus bei den Steuereinnahmen. Der Bürger muss für die Güter des täglichen Bedarfs immer höhere Preise bezahlen. Auf diese fallen Steuern an, die in die Staatskassen wandern. Vor allem die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer steigen mit der Inflation – zumindest bis zu der Grenze, da die Verbraucher den Konsum einschränken.

Die Einnahmen für Bund, Länder und Gemeinden bleiben außerdem hoch, solange die Krise nicht den Arbeitsmarkt erreicht. Dieser zeigte sich nach einer Phase der Erholung nach Wegfall von Corona-Lockdowns zuletzt noch als solide. Allerdings könnte sich der Konjunktureinbruch bereits im nächsten Jahr auch in Form einer höheren Arbeitslosenquote bemerkbar machen.

Ein schwacher Trost ist die Steuerschätzung auch für kommunale Haushalte. Sie sahen sich zuletzt mit steigenden Herausforderungen konfrontiert. Vor allem die wieder größer gewordenen Belastungen infolge von Fluchtbewegungen stellen viele Kommunen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Dies sprachen mehrere Ministerpräsidenten der Länder zuletzt in der Ministerpräsidentenkonferenz unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz an.

(Mit Material von AFP)



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