Die Gefahr eines Atomkriegs ernst nehmen

Wir wurden in Pearl Harbor überrascht. Wir wurden am 11. September 2001 überrascht. Wir können es uns nicht leisten, von einem Atomangriff überrascht zu werden, warnt der ehemalige Sprecher des US-Repräsentantenhauses Newt Gingrich. Ein Kommentar.
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Raketen aus dem iranisch-irakischen Krieg der 1980er-Jahre sind im Heiligen Verteidigungsmuseum in der iranischen Hauptstadt Teheran ausgestellt.Foto: Atta Kenare/AFP/Getty Images
Von 6. März 2024

Es ist wichtig, dass wir Amerikaner die Gefahr eines Atomkrieges ernst nehmen.

In den letzten dreieinhalb Jahrzehnten, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991, haben sich die Amerikaner entspannt und so verhalten, als seien sie vor nuklearen Vorfällen im Wesentlichen sicher.

Als Präsident Bill Clinton und ich im Jahr 1998 die Hart-Rudman-Kommission ins Leben riefen, hofften wir, ein tiefgreifendes Überdenken der amerikanischen Sicherheitsstrategien zu erreichen. Die Kommission wurde von General Charles Boyd brillant geleitet und legte einen bemerkenswerten Bericht vor.

Das Heimatschutzministerium

Wir warnten, dass die größte Bedrohung für die Vereinigten Staaten ein nuklearer Anschlag in einer amerikanischen Stadt sei – wahrscheinlich durch eine terroristische Gruppe. Wir schlugen ein Heimatschutzministerium (Department of Homeland Security, DHS) vor, das in der Lage wäre, mit drei gleichzeitigen nuklearen Vorfällen umzugehen. Diese Behörde sollte gekennzeichnet sein mit einer Disziplin und Ausbildung, wie wir sie von militärischen Organisationen oder erstklassigen Feuerwehren kennen.

Als Anzeichen dafür, wie wenig die Menschen die nukleare Gefahr verstanden haben, versinkt das Ministerium heute im Bürokratiechaos und ist nahezu handlungsunfähig. Heute ist DHS nicht einmal in der Lage, mit unbewaffneten Zivilisten an der Grenze umzugehen. Folglich wäre es wahrscheinlich vollkommen unfähig, mit einem (geschweige denn drei gleichzeitigen) nuklearen Vorfällen fertig zu werden.

Atomkrieg wird immer wahrscheinlicher

Gleichwohl wird ein Atomkrieg immer wahrscheinlicher. Im Umgang mit der damaligen Sowjetunion diente die atomare Aufrüstung der gegenseitigen Abschreckung. Mit dieser Strategie war es möglich, einen Atomkrieg auf Distanz zu halten.

Keines der beiden Länder hätte eine Atomwaffe abgeschossen, da die eigene Vernichtung praktisch gesichert war. In vielerlei Hinsicht ähnelt diese zerstörerische Aussicht Präsident Abraham Lincolns Antwort auf eine Duellforderung. Lincoln entschied sich für Schrotflinten aus drei Metern Entfernung, und der andere hat dann einen Rückzieher gemacht.

Nun aber gibt es Länder, die sich Atomwaffen beschaffen und denen es egal sein könnte, ob wir Vergeltung üben.

Es ist möglich, dass die iranische theokratische Diktatur den Tausch von Teheran gegen Tel Aviv aus ideologischen Gründen als Nettogewinn akzeptieren würde.

Nordkorea, Pakistan und Indien

Wir haben kein Verständnis für die Werte und Gedankengänge von Kim Jong-un und seiner Führung (einschließlich seiner Schwester, die angeblich eine härtere Linie vertritt als er selbst).

Angesichts des wachsenden wirtschaftlichen und technologischen Fortschritts Südkoreas und der verbesserten Lebensumstände ist es möglich, dass das nordkoreanische Regime einen Atomangriff riskiert, da dies die einzige Sache ist, bei der es einen Vorteil hat.

Pakistan ist instabil, und sein langjähriger Gegner Indien wächst stetig. Dies könnte zu einem Atomkonflikt führen, wenn sich Pakistan durch die Größe Indiens bedroht fühlt – oder wenn Indien aggressiv auf eine wahrgenommene pakistanische Bedrohung reagiert. Letztlich könnte ein Atomkonflikt in der Region aus reinem Missverständnis entstehen.

Russland

Die russische Diktatur ist eine gefährliche Kombination aus sowjetischer Ausbildung (in Wladimir Putin – einem Ex-KGB-Offizier – ist der Geist der Sowjetunion noch immer tief verankert) und großrussischem Nationalismus.

Ferner schafft die Korruption Putins und seiner Verbündeten – und die Intensität und Brutalität seines Vorgehens gegen innenpolitische Gegner – ein psychologisches Umfeld, in dem der Einsatz von Atomwaffen als Alternative zur Niederlage immer wahrscheinlicher wird.

Putin selbst hat den Einsatz von taktischen Atomwaffen ins Spiel gebracht. Kürzlich hat ein enger Verbündeter von ihm angedeutet, dass Atomwaffen gegen London und Washington eingesetzt werden könnten, wenn Russland gezwungen würde, Land in der Ukraine zurückzugeben.

China

Schlussendlich ist der rationalste und stabilste unserer Gegner, der über Atomwaffen verfügt, das kommunistische China (dies allein sollte uns zeigen, wie instabil die Welt wird). Es ist möglich, dass Generalsekretär Xi Jinping angesichts der schrumpfenden Bevölkerung, einer rapide verfallenden Wirtschaft und eines wachsenden Gefühls der Frustration und globalen Isolation beschließen könnte, eine Invasion Taiwans zu riskieren oder eine Krise im Südchinesischen Meer zu provozieren. Der Konflikt könnte mit bemerkenswerter Geschwindigkeit außer Kontrolle geraten.

Angesichts dieser Realität sollten wir uns erneut mit Herman Kahns klassischer Studie „Thinking about the Unthinkable in the 1980s“ (etwa: In den 1980er-Jahren über das Undenkbare nachdenken) befassen. Um die Gefahren eines nuklearen Angriffs zu verstehen, ist es auch nach 70 Jahren noch hilfreich, Philip Wylies erstaunlichem Roman „Tomorrow! (Beyond Armageddon)“ (etwa: Morgen! (Jenseits von Armageddon)) zu lesen.

Es ist die Geschichte eines Atomangriffs auf zwei fiktive Städte im Mittleren Westen und der Macht von Kernwaffen, Leben und Zivilisation auszulöschen. Dieses Buch hat mich als Schüler davon überzeugt, dass wir praktisch alles tun müssen, um einen Atomkrieg zu vermeiden – und ihn zu überleben, falls er kommt.

Kürzlich habe ich noch einmal Stephen Hunters Roman „The Day Before Midnight“ (etwa: Der Tag vor Mitternacht) aus dem Jahr 1989 gelesen, in dem ein russischer Nationalist, der Putin verblüffend ähnlich sieht, ein amerikanisches Interkontinentalraketen-Waffenlager in Besitz nimmt, um einen Atomkrieg auszulösen.

Maßnahmen

Wenn wir den Atomkrieg ernst nehmen würden, würden wir sofort drei Dinge tun:

Erstens würden wir ein Raketenabwehrsystem israelischer Qualität auf allen Ebenen aufbauen, das Raketen beim Verlassen ihrer Silos, während ihres Flugs im Weltraum, beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und schließlich an einem Punkt der Verteidigung ausschalten kann.

Präsident Ronald Reagan schlug im Jahr 1983 eine strategische Verteidigungsinitiative vor. Sie wurde als Star Wars verspottet. Die Nachfolger dieser technologischen Errungenschaften haben Zehntausenden Israelis das Leben gerettet. Eine globale Version könnte Hunderte Millionen Menschenleben retten.

Zweitens würden wir ein heimisches Notfallsystem entwickeln, das in der Lage wäre, auf drei oder mehr nukleare Vorfälle zu reagieren – mit Krankenhäusern, Sicherheitskräften, Bauarbeitern und allem, was sonst noch nötig ist, um den Verlust von Menschenleben zu minimieren. Dazu gehört auch die Anlegung von Vorräten an Medikamenten, Lebensmitteln, Wasser und so weiter für den Fall einer radioaktiven Verseuchung.

Drittens würden wir ein Crash-Programm durchführen, um unser gesamtes System gegen einen möglichen Angriff durch elektromagnetische Impulse (EMP) zu wappnen. Wie Bill Forstchen in seinem bemerkenswerten Buch „One Second After – Die Welt ohne Strom“ schreibt, wäre ein EMP-Angriff verheerend und wäre zerstörerisch für die Zivilisation.

Wir wurden in Pearl Harbor überrascht. Wir wurden am 11. September 2001 überrascht. Wir können es uns nicht leisten, von einem Atomangriff überrascht zu werden.

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten sind die Meinungen des Autors und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der Epoch Times wider.

Über den Autor:

Newt Gingrich ist ein Autor, Kommentator und ehemaliger Kongressabgeordneter aus Georgia, der von 1995 bis 1999 der 50. Sprecher des US-Repräsentantenhauses war. Er kandidierte 2012 als Präsidentschaftskandidat der Republikaner.

Dieser Artikel erschien im Original auf Gingrich360.com und erschien auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Taking Nuclear War Seriously“. (deutsche Bearbeitung nh)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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